Hefen mit Eierschale

Die Eierschalen der Natur inspirierten chinesische Forscher: Einem Team um Ruikang Tang von der Zhejiang University ist es gelungen, lebende Hefezellen mit einem künstlichen Mineralüberzug zu versehen. Wie in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichtet, schützen die harten anorganischen Schalen die Zellen und lassen sie längere Lagerzeiten überleben. Durch den Einbau von Eisenoxidpartikeln in die Schale gelang es zudem, die Hefen magnetisch zu machen.

Unser Frühstücksei ist eine Besonderheit der Natur: eine einzelne Zelle, die von einer dünnen mineralischen Schicht geschützt wird. Abgesehen von einer Reihe winziger Amöben und Kieselalgen, haben einzelne Zellen normalerweise keine harte Schale. Die chinesischen Forscher haben jetzt eine Strategie entwickelt, Zellen von Bäckerhefe, Saccharomyces cerevisiae, mit einer künstlichen Schale aus Calciumphosphat zu versehen. An die Zellwand der Hefezellen wird zunächst ein künstliches Polymer angelagert, etwa ein Polyacrylat. Die negativ geladenen Carboxylat-Gruppen (COO-) des Polymers ragen in Richtung der umgebenden calciumphosphathaltigen Lösung. Positiv geladene Calciumionen aus dem Medium binden daran, ziehen nun ihrerseits negativ geladene Phosphationen an und bilden so die Keime für das Wachstum von Calciumphosphaten. Im Zuge der fortschreitenden Mineralisation werden die Hefezellen vollständig von einer anorganischen Schicht eingekapselt.

Dabei bleiben die Zellen lebensfähig; sie treten in eine Ruhephase ein, in der sie auch bei Nährstoffmangel verharren, was üblicherweise zur Lagerung von Hefe genutzt wird – mit Schale halten sie diesen Zustand aber wesentlich länger aus: Während nach einem Monat normalerweise maximal noch 20% der Hefezellen lebensfähig sind, überleben dies 85% der Hefen mit Schale. Die Schale schützt die Zellen zudem gegen ungünstige äußere Bedingungen, sogar gegen den Angriff von Enzymen, die Zellwände auflösen. Wird die Schale durch leicht saure Bedingungen oder Ultraschall zerstört, nehmen die Hefezellen ihren normalen Zellzyklus wieder auf.

Genetisch veränderte Hefen produzieren wichtige pharmazeutische Wirkstoffe, wie Interferon und Insulin, sowie Impfstoffe. In der molekularbiologischen Forschung setzt man die sehr einfach kultivierbaren Hefen oft für grundlegende Untersuchungen zellulärer Vorgänge ein und nutzt sie für die Diagnostik menschlicher Erkrankungen. Schutz und verbesserte Lagerfähigkeiten durch eine Schale könnten hier neue Möglichkeiten eröffnen. Zudem kann die Schale als Gerüst für die Modifizierung chemischer und biologischer Eigenschaften dienen: So gelang es dem Team, durch den Einbau von Eisenoxid-Nanopartikeln in die Schale magnetische Hefezellen zu erzeugen.

Angewandte Chemie: Presseinfo 13/2008

Autor: Ruikang Tang, Zhejiang University, Hangzhou (China), http://www.chem.zju.edu.cn/en/teacher.asp?Num=192

Angewandte Chemie, doi: 10.1002/ange.200704718

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69495 Weinheim, Germany

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Dr. Renate Hoer idw

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