Oxid eines Hauptgruppenelements wird zum Metall

Dieses Phänomen ist gleichermaßen interessant für die Grundlagenforschung wie für technologische Anwendungen, z.B. zur Datenspeicherung. Das Team der RWTH Aachen am Lehrstuhl für Physikalische Chemie I steht unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Manfred Martin.

Isolator-Metall-Übergänge, bei denen ein elektrischer Isolator metallisch leitend wird, gehören zu den faszinierendsten Phänomenen in der Festkörperforschung und werden weltweit intensiv untersucht. Mögliche Ursachen für den Übergang sind die Wechselwirkung der Elektronen, die sich gegenseitig behindern können, sowie die strukturelle Fehlordnung, z.B. in amorphen Festkörpern ohne regelmäßige Gitterstruktur. Die bisher untersuchten Isolator-Metall-Übergänge betreffen dabei Übergangsmetalloxide, in denen das Übergangsmetall leicht seinen Oxidationszustand wechseln kann.

Den Wissenschaftlern um Prof. Martin gelang es nun, in einem Oxid des Hauptgruppenelementes Gallium einen Isolator-Metall-Übergang zu erzeugen, bei dem sich die elektrische Leitfähigkeit des Materials um ca. 7 Größenordnungen ändert. Dies wurde möglich durch eine Kombination aus struktureller Fehlordnung und chemischer Fehlordnung. Dazu wurde ein amorphes Galliumoxid ohne regelmäßige Gitterstruktur präpariert, welches einen starken Galliumüberschuss aufweist. Beim Aufheizen dieses Materials erfolgt eine Kristallisation von stabilem Ga2O3, wobei die überschüssigen Galliumatome in die amorphe Matrix abgegeben werden und dort die elektronische Bandlücke verringern, bis bei einem kritischen Galliumüberschuss der Isolator-Metall-Übergang erfolgt. Dieser neuartige Mechanismus zur Erzeugung eines Isolator-Metall-Übergangs ist nicht auf Galliumoxid beschränkt und eröffnet einen viel versprechenden Weg, um Oxide, die eigentlich als klassische Isolatoren bekannt sind, in einen metallisch leitenden Zustand zu bringen.

Die experimentellen Ergebnisse und die daraus entwickelte Modellvorstellung für den Isolator-Metallübergang wurden durch aufwändige, computergestützte Berechnungen der elektronischen Eigenschaften des nichtstöchiometrischen Galliumoxides bestätigt. Darüber hinaus konnten die Forscher zeigen, dass es eine enge Korrelation zwischen den strukturellen und elektronischen Eigenschaften sowie der elektrischen Leitfähigkeit und den optischen Eigenschaften des neuen Materials gibt.

Die Arbeiten wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Schwerpunktprogramms SPP 1136 „Substitutionseffekte in ionischen Festkörpern“ gefördert.

Die detaillierten Forschungsergebnisse sind seit heute auf der Webseite des führenden Wissenschaftsmagazins „Nature Materials“ nachzulesen (http://www.nature.com/nmat/journal/vaop/ncurrent/abs/nmat2164.html). Sie werden ebenfalls in der kommenden gedruckten Ausgabe des Magazins veröffentlicht.

Fragen beantwortet gerne Univ.-Prof. Dr. Manfred Martin unter der Telefonnummer 0241/8094712 oder per E-Mail: martin@rwth-aachen.de.

Originalbeitrag:
A chemically driven insulator-metal transition in non-stoichiometric and amorphous gallium oxide, L. Nagarajan, R. A. De Souza, D. Samuelis, I. Valov, A. Börger, J. Janek, K. D. Becker, P. C. Schmidt, and M. Martin, Nature Materials advance online publication, 6 April 2008 (doi:10.1038/nmat2164)

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Thomas von Salzen idw

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