Wie wehrt sich der Klee gegen die Kuh?

Isoflavonoide – was geschieht mit pflanzlichen Estrogenen im menschlichen Körper?

Isoflavonoide werden auch als Phytoestrogene bezeichnet, da sie schwache estrogene Wirkungen auf Tiere und Menschen ausüben können. So macht sich der Klee die estrogene Wirkung der Isoflavonoide für seine Überlebensstrategie zu Nutze. Unter schlechten Wachstumsbedingungen bildet der Klee vermehrt Phytoestrogene, was zu einer Scheinschwangerschaft bei den grasenden Kühen führt. Diese Kühe haben im nächsten Jahr keinen Nachwuchs und das Überleben des Klees ist auch in schlechten Zeiten gesichert.

Was geschieht jedoch, wenn diese Stoffe vom Menschen mit der Nahrung aufgenommen werden? Isoflavonoide treten außer im Klee in größeren Mengen in Soja und seinen Produkten, aber auch in Bier auf. Sojaprodukte werden hauptsächlich in asiatischen Ländern konsumiert. Dort fiel auf, dass in diesen Ländern Brust-, Darm- und Prostatakrebs weniger häufig auftreten als in westlichen Kulturen. Daraufhin durchgeführte Studien zeigten, dass Isoflavonoide hormonabhängige Krebsarten, Arteriosklerose, Osteoporose, menopausale Symptome und den Cholesterinspiegel im Blut positiv beeinflussen können. Aufgrund dieser positiven Eigenschaften sollen Isoflavonoide jetzt in der Chemoprävention und in der Therapie hormonabhängiger Krankheiten eingesetzt werden. Nur, erreichen diese Stoffe auch unverändert ihr Ziel, oder werden sie womöglich schon während des Transports im Körper modifiziert?

Der menschliche Körper selbst verändert durch seinen Stoffwechsel die Isoflavonoide indem wasserlösliche Komponenten angehängt werden. Dieses erleichtert den Transport im wässrigen Milieu. Dabei bleibt die Grundstruktur des Moleküls erhalten. Allerdings ist der menschliche Körper nicht das einzige Lebewesen, welches Einfluss auf die Form der Flavonoide nimmt. So konnte die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Michael Blaut vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE, ein Institut der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz) zum ersten Mal ein Bakterium aus dem menschlichen Darm isolieren und identifizieren, welches das Grundgerüst der Isoflavonoide verändert und sogar spaltet. Diese Veränderung kann die estrogene Wirkung der Isoflavonoide stark beeinflussen. Im Falle des gefundenen Bakteriums Eubacterium ramulus wird die estrogene Wirkung abgeschwächt oder vollkommen aufgehoben. Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass weitere Bakterien im Darm zur Veränderung des Grundgerüsts der Isoflavonoide fähig sind. So wurde zum Beispiel das so genannte Equol, ein mögliches Abbauprodukt der Isoflavonoide, in Ausscheidungen des Menschen gefunden. Die estrogene Wirkung dieses Stoffes liegt um ein Vielfaches höher als die der Ausgangssubstanz und die Bildung des Equols wird auf Bakterien des Darmtraktes zurückgeführt.

Diese Untersuchungen zeigen, dass es nötig ist, die Bakterien des Darms, welche Isoflavonoide umsetzen können, zu identifizieren und deren Stoffwechselaktivitäten aufzuklären. Denn die Art und Anzahl der Bakterien im Darm bestimmt letztendlich die Auswirkungen einer medizinischen Isoflavonoidtherapie mit.

Kontakt:
Lilian Schoefer oder Prof. Dr. Michael Blaut
Deutsches Institut für Ernährungsforschung (DIfE)
Arthur-Scheunert-Allee 114-116
14558 Bergholz-Rehbrücke
Tel.: 033200/88-318 oder -311
E-Mail: blaut@mail.dife.de

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Dr. Jörg Häseler idw

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