Die Verlockungen des Immunsystems: Wie sich Abwehrzellen bewegen

Kaum hat sich ein Mensch mit einem Erreger infiziert, arbeitet das Immunsystem schon auf Hochtouren: In kürzester Zeit produziert es Millionen von Abwehrzellen, die den Eindringling erkennen und beseitigen. Wie aber schafft es der Körper, Abwehrzellen zu bilden, die genau zu dem jeweiligen Erreger passen? Und wie bewegen sie sich dann durch den Körper?

Den Antworten auf solche Fragen ist der Mediziner Michael Sixt vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried auf der Spur. Für seine Arbeiten wird er nun mit der ersten Peter Hans Hofschneider Stiftungsprofessur ausgezeichnet.

Sixt und seine Mitarbeiter konzentrieren sich besonders auf dendritische Zellen – die Detektive des Immunsystems, die alle Körperoberflächen von innen und außen besiedeln. Sobald sie einen Eindringling aufgespürt, gefressen und zerkleinert haben, wandern sie über die Lymphbahnen in den Lymphknoten. Dort präsentieren sie anderen Zellen des Immunsystem (T-Zellen) die gefressenen Eiweißbruchstücke des Erregers. Das Problem: Unter Milliarden verschiedener T-Zellen passen nur einige wenige zu einem bestimmten Erreger. Die Lösung des Problems ist Geschwindigkeit: Die Zellen schwärmen rasend schnell umher und tasten sich gegenseitig ab. Findet sich die passende T-Zelle für den Eindringling, wird die Zelle zur Teilung angeregt. Ihre Nachkommen werden dann millionenfach in den Blutkreislauf freigesetzt und von dort zurück in das infizierte Gewebe transportiert.

Michael Sixt studiert die Bewegungen der Immunzellen „live“ unter dem Mikroskop. Ihn interessiert vor allem, wie ihr Wanderungsverhalten gesteuert wird. Dabei spielen bestimmte Botenstoffe (Chemokine) eine besondere Rolle. Sie können dendritische Zellen und T-Zellen anlocken und ihre Geschwindigkeit und Wanderungsrichtung koordinieren. Sixt fand bereits heraus, wie die Chemokine die Immunzellen verformen und schließlich in Bewegung versetzen, damit diese schnell und effizient ihre Wege im Immunsystem zurücklegen können.

Die Peter Hans Hofschneider Stiftungsprofessur wird Michael Sixt jetzt eine Verlängerung seiner Forschungsarbeit am Max-Planck-Institut für Biochemie ermöglichen. Für die kommenden 3 Jahre ist die Finanzierung seiner Forschung gesichert, mit der Aussicht auf Verlängerung um weitere 2 Jahre. Mit der Auszeichnung sind nicht nur das eigene Gehalt des Wissenschaftlers, sondern auch eine zusätzliche Doktorandenstelle und Sachmittel verbunden.

Die Jury zeigte sich nicht zuletzt beeindruckt von den experimentellen Fähigkeiten des jungen Mediziners. Bei allem Publikations- und Wettbewerbsdruck in der biomedizinischen Forschung dokumentierten die Arbeiten von Michael Sixt in vorbildlicher Weise, dass gerade mit Ruhe durchdachte Forschung zu besonderen Ergebnissen führen kann. „Ich freue mich unheimlich über die Auszeichnung. Sie gibt mir und meiner Arbeitsgruppe die Freiheit, unter den außergewöhnlichen Arbeitsbedingungen des Max Planck Instituts zu verwirklichen, wofür wir in den letzten drei Jahren den Grundstein gelegt haben“, sagt Michael Sixt.

Die künftig alle zwei Jahre ausgeschriebene Stiftungsprofessur wurde nach Prof. Dr. Dr. Peter Hans Hofschneider benannt, einem ehemaligen Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie und Pionier der Molekularen Medizin, der 2004 verstarb. Die Stiftung Experimentelle Biomedizin hat ihren Sitz in Zürich und vergibt neben der Professur auch einen Recherchepreis für Wissenschafts- und Medizinjournalismus. Der wissenschaftliche Stiftungsbeirat besteht aus Prof. Dr. Sabine Werner (ETH Zürich / Vorsitz), Prof. Dr. Michael Stürzl (Universitätsklinikum Erlangen), Prof. Dr. Eberhard Hildt (Universitätsklinikum Freiburg / Universität Kiel) und Prof. Holger Wormer (Universität Dortmund).

Die Urkunde für die Stiftungsprofessur wird einen Tag nach Hofschneiders 79. Geburtstag von Herrn Rudolf Rechsteiner, Mitglied des Stiftungsrats der Stiftung, überreicht. Im Anschluss darin wird Michael Sixt seine Forschung vorstellen unter dem Titel: „Mechanisms of interstitial leukocyte migration“.

Sie sind herzlich eingeladen zur Verleihung der ersten
Peter Hans Hofschneider Stiftungsprofessur am
15. Februar 2008 um 15 Uhr
am Max-Planck-Institut für Biochemie
Martinsried bei München
Gebäude T, Kleiner Hörsaal
Weitere Informationen und Kontakt:
Über die Stiftung Experimentelle Biomedizin
c/o BLUM Rechtsanwälte
Usteristr.14
CH 8021 Zürich/Schweiz
info@experimentelle-biomedizin.ch
Tel.+41 (43)443 8800
http://www.experimentelle-biomedizin.ch
Über die Forschungsgruppe von Dr. Michael Sixt
Dr. Michael Sixt
sixt@biochem.mpg.de
http://www.biochem.mpg.de/en/rd/faessler/rg/sixt/
Über das Max-Planck-Institut für Biochemie
Öffentlichkeitsarbeit
Eva-Maria Diehl
Tel. 089 8578 2824; mobil: 0160 90775686
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