Mit Rhabarber und Engelswurz durch die Wechseljahre

Als klassische Therapie gegen Beschwerden in den Wechseljahren galt jahrelang die Behandlung mit Hormonen, zum Beispiel mit Östrogenen oder Kombinationspräparaten aus Östrogenen und Gestagenen. Dann wiesen amerikanische und britische Forscher nach, dass bestimmte Hormontherapien das Brustkrebsrisiko steigern.

Seitdem sind pflanzliche Präparate wieder stärker in den Fokus der Anwender und der Forscher gerückt, auch wenn die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe solche Präparate aufgrund fehlender Studienergebnisse derzeit nicht bewertet.

Prof. Günter Vollmer von der Fachrichtung Biologie der TU Dresden erforscht mit seiner Arbeitsgruppe die Wirksamkeit und die Sicherheit solcher pflanzlichen Substanzen mit Fördermitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft, aber auch mit Geldern von industriellen Partnern. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studien zur Wirksamkeit pflanzlicher Medikamente hält er für widersprüchlich und lückenhaft. „Nur für wenige dieser Präparate gibt es überhaupt Resultate aus klinischen Studien. Allgemein gesprochen scheint sich vielleicht eine leichte Tendenz abzuzeichnen, die eine Wirksamkeit vermuten ließe, aber das ist noch offen“, sagt Prof. Vollmer nüchtern.

„Nach wie vor bestehen für die Wissenschaftler erhebliche Wissenslücken; und zwar sowohl, was die chemische Natur der Inhaltsstoffe der Heilpflanzen betrifft, als auch, auf welchem Weg sie auf die Zielzellen und -organe einwirken und dabei auf die oft recht unspezifischen Symptome lindern können, die mit der hormonellen Umstellung in den Wechseljahren einhergehen; wie. z. B. plötzliche Hitzewallungen oder auch allgemeine Schlafstörungen.“

Andere Behauptungen von Herstellerfirmen speziell aus dem Nahrungsmittelergänzungsbereich – etwa, dass solche Mittel gegen Tumore oder Osteoporose helfen – können laut Vollmer mit den existierenden Literaturdaten nicht belegt werden. Bedenken äußern die Wissenschaftler momentan vor allem bezüglich der Sicherheit alternativer Präparate auf Soja-, Rotklee- oder Hopfenbasis. Das Bundesamt für Risikoforschung hat etwa kürzlich für sojahaltige Nahrungsergänzungsmittel eine Sicherheitswarnung herausgegeben; auch auf diesem Gebiet gibt es also für die Dresdner Forscher viel zu tun.

So hat Vollmer jetzt ein neues Projekt ins Leben gerufen. Sein Ziel ist, die pflanzlichen Präparate Europas und der traditionellen chinesischen Medizin vergleichend zu betrachten und so vielleicht gemeinsamen Wirkmechanismen auf die Spur zu kommen. Finanziert wird das Projekt von der Robert Bosch Stiftung im Bereich „Wissenschaftsbrücke China“.

Auf europäischer Seite sollen dafür beispielhaft ein Heilpflanzenextrakt auf der Basis vom Rhapontikrhabarber (Rheum rhapontikum) sowie mehrere Inhaltsstoffe aus weiteren Heilpflanzen (z.B. Isoflavone aus Soja oder Naringenine aus Hopfen) betrachtet werden. Die chinesischen Partner erforschen eine Pflanze, die in Asien angeblich schon seit dreitausend Jahren bei Wechseljahresbeschwerden eingesetzt wird: der chinesische Engelswurz, „Angelika Sinensis“. Gemeinsam wollen die Wissenschaftler untersuchen, ob für die pflanzlichen Medikamente überhaupt eine biologische Aktivität als Voraussetzung einer eventuellen klinischen Wirksamkeit gezeigt werden kann.

In den nächsten Tagen fliegt Prof. Günter Vollmer nun nach Hongkong, um seinen Kollegen Prof. Karl Wah-Keung Tsim an der Hongkong University of Sciences and Technology zu treffen und die zukünftigen Forschungsthemen zu besprechen. Zu einem gemeinsamen Workshop werden dann noch in diesem Jahr fünf chinesische Professoren nach Dresden reisen.

Informationen für Journalisten: Prof. Günter Vollmer, Tel. 0351 463-31922, Guenter.Vollmer@tu-dresden.de

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Kim-Astrid Magister idw

Weitere Informationen:

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