Warum schmeckt uns der Schoko-Weihnachtsmann?

„Es ist nicht die pure Schokolade. Die ist bitter, und nur wenige empfinden das als Genuss. Es ist die Kombination aus Kakao, Zucker und Fett in der Schokolade, die uns die Augen schließen lässt“, sagt der TU-Lebensmittelchemiker Arno Strähmel. Auch die unbehandelte Kakaobohne, der Rohstoff für die „zarteste Versuchung“ seit es Süßes gibt, hat nichts zu bieten – weder riecht noch schmeckt sie nach Schokolade.

„Der Schokoladengenuss ist das Ergebnis sowohl komplexer chemischer Prozesse als auch jahrhundertelangen Experimentierens von Chocolatiers, Wissenschaftlern und Ingenieuren, die es vermochten, der nach nichts schmeckenden Kakaobohne ihr Geheimnis zu entlocken“, erklärt Strähmel. Neben der Fermentation der Kakaobohne, die am Anfang der Schokoladenherstellung steht, ist die Maillard-Reaktion, Hauptforschungsgebiet von Prof. Dr. Lothar W. Kroh, der an der TU Berlin das Fachgebiet Lebensmittelanalytik lehrt und zu dessen Mitarbeitern Arno Strähmel zählt, besonders wichtig. Die Maillard-Reaktion läuft beim Rösten der Kakaobohne ab und verleiht ihr das vielzitierte einzigartige Kakaoaroma, das sich aus mehr als vierhundert Aromastoffen zusammensetzt – von fruchtig über erdig bis schweißig.

Ohne Zucker und Fett jedoch schmeckt den meisten Schokolade nicht. Bitterschokolade enthält zwar neben 60 Prozent Kakaomasse immer noch 40 Prozent Zucker, aber keine Kakaobutter – und Milchpulver schon gar nicht. Dazu im Vergleich sind in Vollmilchschokolade 35 Prozent Zucker, aber eben auch zehn Prozent Kakaobutter, 25 Prozent Milchpulver und „nur“ 30 Prozent Kakaomasse. Schokolade ist also nicht gleich Schokolade, und wer es lieber milchig-süß oder aber zart-bitter mag – das bleibt jedem sein Geheimnis. Carl von Linne´ nannte den Kakaobaum übrigens theobroma cacao – Speise der Götter.

Aber noch etwas anderes lässt viele bei Schokolade einfach nur schwach werden. Es ist ihre Eigenschaft, im Mund ganz langsam zu schmelzen. Dadurch steigen flüchtige Aromastoffe bis in die Nasenhöhlen auf, wo sie dann auch wahrgenommen werden können. „Dieser Schmelzprozess führt allerdings nur dann zum vollendeten Schokoladengenuss, wenn den Chocolatiers zuvor der große Wurf gelungen ist, die Fettmoleküle durch eine raffinierte Abfolge von Schmelzen, Abkühlen und wieder Erwärmen in eine bestimmte Anordnung zu bringen und zwar in die Kristallform V“, so Arno Strähmel. Nur in dieser Form zergeht Schokolade auf der Zunge. Wer sich allerdings keine Zeit dafür nimmt, dem Schmelzen und damit den pfeffrigen Noten oder rauchig-dunklen Tönen nachzuspüren, dem nützt dieses Wissen wenig. Mit dem Verstand allein ist den Sinnesfreuden nicht beizukommen. Zum Schluss sei noch mit einem Irrtum aufgeräumt. Die der Schokolade nachgesagten aphrodisischen Wirkungen sind durch nichts belegt, entsprechende Substanzen konnten bislang nicht nachgewiesen werden.

Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Arno Strähmel, Institut für Lebensmitteltechnologie und Lebensmittelchemie, TU Berlin, Tel.: 030/314-72782/-72701, E-Mail: arnohaai@mailbox.tu-berlin.de;

Prof. Dr. Lothar W. Kroh, Institut für Lebensmitteltechnologie und Lebensmittelchemie, Tel.: 030/314-72584, E-Mail: lothar.kroh@tu-berlin.de

Hinweis: Dieser Beitrag ist das „Thema der Woche – EIN-Blick für Journalisten“ auf dem TUB-newsportal. Sie finden dort neben dem Beitrag eine Fotogalerie, einen Expertendienst sowie weiterführende Links: www.pressestelle.tu-berlin.de/newsportal

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