Australische Ureinwohner waren die frühesten Auswanderer

Durch die Sequenzierung des Erbguts konnten die Forschenden nachweisen, dass die australischen Ureinwohner direkt aus einer frühen Völkerwanderung von Afrika nach Asien stammen, die vor etwa 70’000 Jahren stattgefunden hat.

Sie waren damit mindestens 24’000 Jahre früher auf Wanderschaft als die Vorfahren der heutigen Europäer und Asiaten. Damit sind die australischen Aborigines die direkten Nachfahren der ersten Menschen, die vor rund 50’000 Jahren Australien besiedelten. Die Ergebnisse der Studie werden nun im Journal «Science» publiziert.

Die Forschenden untersuchten einerseits die DNA von Aborigines, um die genetischen Eigenschaften der ersten Australier zu bestimmen. Dadurch gewannen sie Einsichten in die ersten Wanderungsbewegungen des modernen Menschen. Andererseits sammelten die Wissenschaftler DNA-Proben von Völkern in Asien und Afrika, um im Vergleich zu erkennen, ob es in der Vorzeit zu einer Durchmischung der Aborigines mit damaligen Populationen in Asien gekommen war. Prof. George van Driem vom Institut für Sprachwissenschaft der Universität Bern war in diesem Zusammenhang im Himalaya unterwegs, um bei den Kusunda, einem nepalesischen Volk, DNA-Proben zu sammeln.

Die zu untersuchenden Gruppen in Asien wurden nach sprachwissenschaftlichen Kriterien festgelegt: Die Kusunda sind eine isolierte Sprachgemeinschaft und deshalb für die genetische Analyse interessant und geeignet. Dank der DNA-Proben wurde erkannt, dass sich die Vorfahren der heutigen Aborigines bereits vor 64’000 bis 75’000 Jahren von den Vorfahren anderer menschlicher Völkergruppen abspalteten. Australische Aborigines stammen deshalb direkt von den frühesten menschlichen Wanderern ab, die aus Afrika nach Asien vordrangen und vor rund 50’000 Jahren Australien erreichten. Sie sind damit diejenige Bevölkerungsgruppe, die am längsten mit dem Land verbunden ist, auf dem sie heute lebt.

Die Wanderungen verliefen anders als angenommen

Die Geschichte der australischen Aborigines spielt eine Schlüsselrolle, um die Ausbreitung der ersten Menschen aus Afrika zu verstehen. Archäologische Funde belegen bereits die Präsenz des modernen Menschen in Australien vor rund 50’000 Jahren, aber die aktuelle Studie wirft ein neues Licht auf die Geschichte ihrer Reise dorthin. Bisher galt die Theorie, dass alle modernen Menschen aus einer einzigen «Out of Africa»-Migrationswelle stammen, um sich schliesslich in Europa, Asien und Australien auszubreiten. Nach diesem Modell hätten sich die Aborigines von einer asiatischen Population abgespaltet und diese wiederum hätten sich bereits von den Vorfahren der Europäer abgetrennt. Wie die Forschenden nun zeigen, brachen die Aborigines zu ihrer langen Reise auf, noch bevor sich die Vorfahren der Europäer und Asiaten voneinander abgespaltet hatten. «Die Studie verändert unser Verständnis der frühen Wanderbewegungen des Menschen», sagt Sprachwissenschafts-Professor George van Driem. Laut den Forschenden stiessen die Aborigines auf ihrer Wanderschaft schnell vor und bewiesen eine ausserordentliche Überlebensfähigkeit: Sie waren die ersten modernen Menschen, die in unbekanntes asiatisches Terrain vordrangen und auf dem Seeweg Australien erreichten.

Quellenangabe:
Morten Rasmussen et al.: An Aboriginal Australian Genome Reveals Separate Human Dispersals into Asia, Science, online publiziert am 22. September 2011, doi:10.1126/science.1211177.
Weitere Auskunft:
Prof. Dr. George van Driem
Sprachwissenschaftliches Institut, Universität Bern
Länggassstrasse 49, 3000 Bern 9
Tel. +41 (0)76 324 57 57
vandriem@isw.unibe.ch

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