Aufruhr der Hormone: Auf den richtigen Partner kommt es an

Je nach Bindungspartner kann ein- und dasselbe Hormon in verschiedenen Zelltypen unterschiedliche DNA-Regionen beeinflussen. IMP

Tausende regulatorische Abschnitte auf der DNA legen fest, welche Erbinformation in einer Zelle abgelesen wird und welche nicht. Alexander Stark vom IMP in Wien analysierte mit seinem Team die Aktivitätsänderungen solcher Kontroll-Regionen, die durch Behandlung mit einem Hormon hervorgerufen werden.

Er konnte zeigen, dass ein und dasselbe Hormon in unterschiedlichen Zelltypen verschiedene Regulatoren bedienen kann. Entscheidend sind dabei die jeweiligen Bindungspartner des Hormons. Die Ergebnisse der Studie sind in der aktuellen Advance Online Ausgabe von Molecular Cell nachzulesen.

In der Erbsubstanz DNA sind alle Informationen für die Entwicklung und Funktion eines Organismus kodiert und bilden als Gene die Baupläne für die Moleküle des Lebens. Es sind nicht immer alle Gene aktiv, was verschiedenen Organen und Zelltypen erlaubt, unterschiedliche Formen und Funktionen zu haben.

Dies wird mit großer Präzision durch nichtkodierende DNA-Abschnitte reguliert. Der Biochemiker Alexander Stark, der am IMP eine Arbeitsgruppe leitet, interessiert sich dafür, wie „molekulare Schalter“ in der DNA bestimmte Gene am richtigen Ort und zum richtigen Zeitpunkt ein- oder ausschalten. 

STARR-Seq, reloaded

Bereits 2013 gelang es Stark mit „STARR-Seq“, einer von ihm am IMP entwickelten Methode, sogenannte „Enhancer“ (Verstärker) in der DNA aufzuspüren und deren Aktivität im gesamten Genom zu messen. An diese Arbeit knüpfte der Forscher nun mit seinem Team an. „Uns hat schon in früheren Arbeiten die Frage interessiert, wie eine bestimmte DNA-Sequenz aussehen muss, um als Schalter fungieren zu können“ erklärt Stark. „Jetzt wollten wir noch mehr ins Detail gehen und zeigen, daß wir mit STARR-Seq auch hormonabhängige Regulatoren erkennen und messen können.“

Partnerproteine bestimmen Bindungssequenz von Hormon 

Daria Shlyueva, Doktorandin im Labor von Alexander Stark, kultivierte für ihre Studie zwei verschiedene Zelltypen der Taufliege und setzte den Zellen das Steroidhormon Ecdyson zu. Anschließend konnten die Forscher durch Vergleich des gesamten Genoms behandelter und unbehandelter Zellen zeigen, dass ein- und dasselbe Hormon in den beiden Zelltypen unterschiedliche Enhancer regulieren und dadurch die Aktivität verschiedener Gene positiv oder negativ beeinflussen kann.

„Die Kombination aus dem Hormon, seinem Rezeptor im Zellkern und weiteren Bindungspartnern, sogenannten Transkriptionsfaktoren, bestimmt die Bindungssequenz auf der DNA“, erläutert Stark. „Für die unterschiedliche Antwort auf ein Hormon in verschiedenen Entwicklungsstadien und in unterschiedlichen Geweben oder Zelltypen sind außer dem Hormonrezeptor die jeweils beteiligten Partner-Transkriptionsfaktoren entscheidend.“ Diese Erkenntnisse könnten erklären, wie regulatorische DNA-Abschnitte Informationen aus der Umgebung der Zelle mit zelltypspezifischen Informationen kombinieren können, was je nach Zelltyp zu unterschiedlichen Reaktionen führt. 

Suche nach Hormon-gesteuerten DNA-Elementen im Menschen

Einige Mitarbeiter aus dem Team von Alexander Stark arbeiten bereits daran, molekulare Schalter im Genom des Menschen zu finden, da Steroidhormone wie zum Beispiel Östrogen oder Testosteron beim Menschen sehr wichtige Funktionen haben. „Es wäre durchaus denkbar, in Zukunft mit unserer Methode zu untersuchen, welche Kontrollregionen der DNA von menschlichen Hormonen reguliert werden“, so der Gruppenleiter. Dies wäre ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung potenzieller medizinischer Anwendungen.

Original-Publikation
D. Shlyueva, C. Stelzer, D. Gerlach, J.O. Yánez-Cuna, M. Rath, L.M. Boryn, C.D. Arnold and A. Stark: Hormone-responsive enhancer activity maps reveal predictive motifs, indirect repression and targeting of closed chromatin. Mol. Cell, online Early Edition, 27. März 2014 (doi/10.1016/j.molcel.2014.02.026). Finanziert wurde diese Arbeit vom IMP Wien, dem Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) und einem European Research Council (ERC) Starting Grant.

Illustration
Eine Illustration zum unentgeltlichen Abdruck im Zusammenhang mit dieser Aussendung finden Sie unter: www.imp.ac.at/pressefoto-Ecdyson

Über Alexander Stark
Alexander Stark (39) studierte Biochemie in Tübingen und dissertierte am EMBL in Heidelberg. An das Doktorat in Bioinformatik schloss er einen dreijährigen Forschungs-aufenthalt am Broad Institute von MIT und Harvard an. Seit 2008 ist Stark Gruppenleiter am IMP in Wien. Im Jahr 2009 erkannte ihm der Europäische Forschungsrat ERC einen „Starting Grant“ über 1,8 Millionen Euro zu, 2012 wurde er in das EMBO „Young Investigator Programme“ aufgenommen.

Mehr über die Forschung im Labor von Alexander Stark finden Sie auf der Website:
www.imp.ac.at/research/research-groups/stark-group/

Über das IMP
Das Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie betreibt in Wien biomedizinische Grundlagenforschung und wird dabei maßgeblich von Boehringer Ingelheim unterstützt. Mehr als 200 ForscherInnen aus 37 Nationen widmen sich der Aufklärung grundlegender molekularer und zellulärer Vorgänge, um komplexe biologische Phänomene im Detail zu verstehen und Krankheitsmechanismen zu entschlüsseln.

http://www.imp.ac.at/pressefoto-Ecdyson
http://www.imp.ac.at/research/research-groups/stark-group/

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Dr. Heidemarie Hurtl idw - Informationsdienst Wissenschaft

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