Ameisen und Akazien mit Teamgeist

Wie das genau bei den Ameisen und Akazien in Mexiko funktioniert, haben der Botaniker Prof. Martin Heil und seine Doktorandinnen von der Universität Duisburg-Essen untersucht. Ihr Ergebnis kommt für die Fachwelt sehr unerwartet und wird daher für einigen Wirbel sorgen.

„Wir zeigen an einer Ameisen-Pflanzen-Symbiose, dass sich Investitionen seitens der Wirtpflanze auszahlen und wieso 'bessere' Wirtpflanzen weniger stark unter Parasiten leiden“, sagt Martin Heil. „Dieses Ergebnis widerspricht der generellen Erwartung, dass gute Wirte auch für Parasiten attraktiver sind, und sollte daher in der Fachwelt für Aufsehen sorgen.“ Und so berichtet nun sogar die hochrangige Zeitschrift „Proceedings of the National Academy of Science“ (Nationale Akademie der Wissenschaften der USA) in ihrer aktuellen Ausgabe über das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Botanik-Projekt.

Warum bleiben Symbiosen stabil?

Symbiosen – vorteilhafte Interaktionen zwischen verschiedenen Arten – sind in der Natur weit verbreitet: Man denke nur an Blüten und ihre Bestäubung durch Bienen oder die Verbreitung von Früchten und Samen durch Tiere. Doch diese Verhältnisse stellen die Wissenschaften vor ein Rätsel: Wie bleiben solche Interaktionen stabil? Wieso versucht nicht jeder Partner, seinen Erfolg zu erhöhen und die Investition zu verringern? Warum wird eine Symbiose nicht irgendwann zwangsläufig zu einem parasitären Verhältnis?

Die Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen haben in Kooperation mit mexikanischen Kollegen herausgefunden, wie eine erhöhte Investition des Wirts zusammen mit einer Spezialisierung des Partners solche Symbiosen stabilisieren kann. Geforscht wurde in Mexiko: Ganze Ameisenkolonien leben hier in bestimmten Akazienarten. Die Ameise bezieht Nistraum und Nahrung von ihrem Wirt und verteidigt ihn im Gegenzug gegen Fraßfeinde.

Mexiko: Gute und schlechte Ameisen

Da die Akazien ihren Ameisen die komplette Nahrung bereitstellen, haben sich hier auch Parasiten entwickelt: andere Ameisenarten, welche die Nahrung nutzen, ihren Wirtsbaum aber nicht verteidigen. Interessant: Die Akazienarten, die ihren Ameisen mehr Nahrung und Nistraum zur Verfügung stellen, sind fast immer von den „guten“, schützenden Ameisen besetzt. „Da stellt sich natürlich die Frage, warum die Pflanzen, die mehr investieren, nicht verstärkt unter Parasiten leiden – wie man es eigentlich annehmen sollte“, sagt Martin Heil.

Des Rätsels Lösung erklären Heil und seine Mitarbeiterinnen Marcia González-Teuber und Stefanie Kautz in der renommierten Fachzeitschrift PNAS: Die symbiontischen Ameisen leben ausschließlich von der von ihrem Wirt bereitgestellten Nahrung und sind in ihrer gesamten Verdauung völlig auf diese spezialisiert. Die parasitische Ameise dagegen ist viel weniger spezialisiert und vermutlich auch weniger effizient darin, diese Nahrung zu verdauen.

Gute Anpassung ist der Schlüssel zum Erfolg

In der Folge verschieben sich die Konkurrenzverhältnisse zwischen den Ameisen: Produziert die Wirtspflanze viel, so kann der besser angepasste Symbiont mit steigender Nahrung und damit mehr Nachkommen die Akazie erfolgreich gegen parasitische Ameisen verteidigen und gewinnt damit die Konkurrenz. Unterschiedliche Investitionen und Anpassungen beider Partner sind der Schlüssel, der diese Symbiose gegen Ausbeutung durch Parasiten schützt.

Prof. Heil und sein Team vermuten nun, dass diese Situation auch auf andere Systeme zutrifft, und dass Spezialisierungen generell einen wichtigen Faktor in der Stabilisierung von Symbiosen darstellen. Wer sich spezialisiert, kann die Ressourcen von seinem Wirt besser nutzen und sich gegen weniger spezialisierte Konkurrenten durchsetzen. Gemeinsam bildet man ein unschlagbares Team, das sich gegen Eindringlinge von außen hervorragend zur Wehr setzen kann.

Für weitere Informationen:www.pnas.org/papbyrecent.shtml, Prof. Dr. Martin Heil, mheil@ira.cinvestav.mx oder martin.heil@uni-due.de

Redaktion: Isabelle De Bortoli, Tel. 0203/379-2429

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