Akute myeloische Leukämie (AML): Neues Medikament steht kurz vor der Zulassung in Europa

Professor Dr. Hartmut Döhner Universitätsklinikum Ulm / H.Grandel

AML ist die häufigste Form akuter Leukämien im Erwachsenenalter. „Die Entwicklung neuer Medikamente für diese Erkrankung des blutbildenden Systems ist jedoch schwierig“, erläutert Professor Dr. Hartmut Döhner, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin III am Universitätsklinikum Ulm. Mit dem Medikament Midostaurin steht nun das erste Mal seit 25 Jahren ein Therapeutikum kurz davor, sowohl in den USA als auch in Europa zugelassen zu werden.

Von der FDA hat Midostaurin bereits Ende April die Zulassung erhalten, seitens der europäischen Arzneimittelbehörde EMA („European Medicines Agency“) wird dieser Schritt in den kommenden Monaten erwartet. Eine Einschränkung gibt es allerdings: „Midostaurin ist nur für Patienten zugelassen, bei denen Mutationen des FLT3-Gens vorliegen. Hiervon sind ungefähr 25 bis 30 Prozent der AML-Erkrankten betroffen“, so Döhner.

Das vielversprechende Arzneimittel wurde im Rahmen der sog. RATIFY-Studie unter Federführung von Prof. Döhner und Prof. Richard Stone vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston geprüft. Die Ergebnisse sind kürzlich im renommierten Fachjournal New England Journal of Medicine publiziert worden.

In dieser Studie konnten die Autoren zeigen, dass sich die mittlere Überlebenserwartung von 25,6 Monaten auf 74,7 Monate verbessert, wenn das neue Medikament Midostaurin mit einer Chemotherapie kombiniert wird.

Midostaurin ist ein so genannter Kinase-Hemmer. Das heißt, es bindet an eine Gruppe von Enzymen, so genannte Kinasen, die an der Ausbreitung von Krebserkrankungen im Körper beteiligt sind, und hemmt ihre Funktion. Genauer blockiert Midostaurin unter anderem die Weiterleitung von Signalen des Wachstumsfaktor-Rezeptors FLT3 und vermindert somit die Teilung der leukämischen Zellen.

An der randomisierten Studie nahmen 717 nicht vorbehandelte Patienten mit akuter myeloischer Leukämie teil, in deren Tumorzellen Mutationen im FLT3-Gen nachgewiesen worden waren. Um 717 Patienten für diese Studie zu rekrutieren, mussten insgesamt 3277 Patienten auf das Vorhandensein dieser Mutationen untersucht werden.

„Die Behandlung und die Erforschung von Krebserkrankungen sind Schwerpunkte der Ulmer Universitätsmedizin“, sagt Professor Dr. Udo X. Kaisers, der Leitende Ärztliche Direktor des Klinikums. „Diese Arbeit trägt dazu bei, dass neue Medikamente wie Midostaurin zukünftig die Überlebensprognose unserer Patienten verbessern werden.“

DOI: 10.1056/NEJMoa1614359

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Marieke Ehlen idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uniklinik-ulm.de

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