Neues Zentrum für computergesteuerte Materialforschung und -entwicklung zwischen fünf Hochschulen und zwei Forschungseinrichtung

Mit 1.5 Millionen Euro für die ersten drei Jahre fördert die Europäische Union über den Fonds für regionale Entwicklung und das Land Baden-Württemberg durch die Zukunftsoffensive IV die Einrichtung des CCMSE (Center of Computational Materials Science and Engineering), eines Zentrums für computergesteuerte Materialforschung und -entwicklung.

Beteiligt sind neben der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft die Universitäten Karlsruhe und Tübingen, die Hochschulen Pforzheim und Aalen sowie das Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik (IWM) Freiburg und das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg.

Ob Automobile, Handy oder Geschirrspülmaschine – industriell gefertigte Produkte und Bauteile müssen immer höheren Belastungen standhalten und dies bei einer möglichst langen „Lebensdauer“. Zur Prüfung der eingesetzten Materialien waren noch vor wenigen Jahren aufwändige Versuchsreihen notwendig wie beispielsweise Crash-Tests im Automobilbau.

Neue Möglichkeiten resultieren aus der Computersimulation: Durch mathematisch-physikalische Modelle können in der computergestützten Simulation die Mikrostrukturen der eingesetzten Materialien visualisiert werden. Diese Technik kann also dazu eingesetzt werden zu ermitteln, wie sich Werkstoffeigenschaften unter unterschiedlichen Prozessbedingungen, Verarbeitungsmethoden oder auch in anderen Materialzusammensetzungen verhalten. Auf diese Weise ist es z. B. möglich, schon am Rechner geeignete Werkstoffe zu finden, damit eine Automobilstoßstange bei einem Unfall der Wucht des Aufpralls standhält.

„Solche Materialstrukturen sind mit dem bloßen Auge nicht erkennbar“, so Prof. Dr. Britta Nestler, Sprecherin des neue eingerichteten CCMSE und Informatikprofessorin an der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft, „über die Computersimulation kann ich mich jedoch quasi in ein Werkstück hineinzoomen und jeden Bereich aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten.“ Die Computersimulation eröffnet den Wissenschaftlern auch Einblicke in Prozesse, die zuvor nicht bildlich darstellbar waren, beispielsweise in der Herstellung von Gießereiprodukten. In den Schmelzprozessen der Metalle kommt es zu derart hohen Temperaturen, dass es unmöglich ist, das Kristallwachstum während des Prozesses zu beobachten, zu kontrollieren oder zu steuern. Die Computersimulation erlaubt nun die dreidimensionale Visualisierung und Analyse während der Erstarrung verschiedener Werkstoffe in heißen Metallschmelzen.

Die Zusammenarbeit von fünf Landeshochschulen und zwei Forschungszentren über das gemeinsame Zentrum für Computergesteuerte Materialforschung und -entwicklung dient dem übergeordneten Ziel, effiziente Simulationstechniken zur Modulierung und damit zur Visualisierung von Mikrostrukturausbildungen von Materialien und Bauteilen in Produktionsprozessen zu erarbeiten. Durch die computergestützte Simulation sollen Gefügeeigenschaften bestimmt und somit Methoden zur Optimierung von Materialeigenschaften und Prozessabläufen entwickelt werden. Um die Simulationsergebnisse zu prüfen, werden innerhalb des Forschungsverbundes experimentelle Versuche durchgeführt und gezielt Metallproben hergestellt. Die Gefügeaufnahmen aus den Experimenten werden dann mit den simulierten Mikrostrukturen verglichen. Die am Zentrum entwickelten Methoden sollen materialsystemübergreifend nutzbar und damit ein Bindeglied zwischen der hochschulbezogenen Material- und Werkstoffentwicklung und der industriellen Forschung sein.

Die computergestützte Materialforschung und -entwicklung mit entsprechenden Simulations- und Visualisierungstechniken ist für die gesamte Weiterentwicklung von Produkten, von Prozessketten in der Fertigung und von Produktionstechniken von großer Bedeutung und besitzt gerade am Standort Baden-Württemberg großes Potential. Das Zentrum ist dabei so angelegt, dass über den jetzt bestehenden Verbund hinaus zusätzliche Kooperationen mit Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen und Partnern aus der industriellen Forschung eingegangen werden können. „Zum einen sorgen wir so für einen direkten Transfer der Forschungsergebnisse in die Industrie“, so Prof. Dr. Britta Nestler, „und zum anderen erweitern wir die Arbeitsfelder des Zentrums quasi automatisch auf Themenbereiche, für die in der angewandten Forschung und in der Industrie großer Bedarf besteht.“

„Die Einrichtung eines Zentrums für Computergestützte Materialforschung und -entwicklung zeigt, welchen Stellenwert die angewandte Forschung auch in Bezug auf die Weiterentwicklung von Produkten und Produktionstechniken inzwischen einnimmt“, so Prof. Dr. Karl-Heinz Meisel, Rektor der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft. „Die Fachhochschulen stehen für diesen anwendungsorientierten Forschungs- und Technologietransfer und dieser ist auch ein wesentlicher Pfeiler im Profil der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft.“

Media Contact

Holger Gust idw

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