Mut zum Risiko: DFG fördert zwei weitere Reinhart Koselleck-Projekte

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert zwei besonders innovative und im positiven Sinne hoch risikobehaftete Forschungsvorhaben. Der Hauptausschuss von Deutschlands zentraler Forschungsförderorganisation beschloss jetzt in Bonn die Vergabe von zwei weiteren Reinhart Koselleck-Projekten.

Diese sollen von der Freiburger Professorin für Nanotechnologie Margit Zacharias und dem Frankfurter Atomphysiker Professor Reinhard Dörner durchgeführt werden. Beide erhalten für ihre geplanten Arbeiten jeweils einen Pauschalbetrag von 1,25 Millionen Euro, den sie in den kommenden fünf Jahren flexibel einsetzen können.

„Mit den Reinhart Koselleck-Projekten wollen wir ausgewiesene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit kühnen Ideen und Mut zum Risiko fördern“, erklärte DFG-Präsident Professor Matthias Kleiner vor dem Hauptausschuss der DFG, der jetzt zum zweiten Mal über die Bewilligung von Koselleck-Projekten entschied; zuvor hatten zur Premiere des Fördermoduls im Dezember 2008 bereits sechs Wissenschaftler eine Koselleck-Bewilligung erhalten. Kleiner erinnerte daran, dass die nach dem 2006 verstorbenen Bielefelder Historiker Reinhart Koselleck benannten Projekte eine Lücke in den Förderprogrammen der DFG und in der Forschungsförderung in Deutschland insgesamt schließen.

„Selbst renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die zukunftsweisende, aber hoch risikoreiche Forschung betreiben wollten, hatten davor kaum die Möglichkeit, Fördergelder dafür zu beantragen“, so der DFG-Präsident. Da besonders innovative und risikoreiche Forschungen in der Regel noch weniger planbar seien als sonstige Forschungsarbeiten, reiche bei der Antragstellung eine etwa fünfseitige Projektskizze aus. Umso mehr müssten die Antragstellerinnen und Antragsteller über ihre Idee hinaus auch mit ihren bisherigen wissenschaftlichen Arbeiten über-zeugen. „Die Koselleck-Projekte“, so Kleiner, „sind ein enormer Vertrauensvorschuss, der verdient sein will.“ Diese sehr hohen Anforderungen sah der Hauptausschuss der DFG bei den Förderanträgen von Reinhard Dörner und Margit Zacharias erfüllt.

Reinhard Dörner, 47, Professor am Fachbereich Physik der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, möchte experimentell die besonderen Eigenschaften von kleinen Molekülen untersuchen, die aus zwei oder drei Heliumatomen zusammengesetzt sind. Diese Systeme haben einzigartige Quanteneigenschaften, die für die Grundlagenforschung von sehr hoher Bedeutung sind. So sind die beiden Atome im Heliumdimer äußerst schwach aneinandergebunden und haben einen Abstand von 100 Atomdurchmessern voneinander – somit ist es das größte bekannte Molekül überhaupt. Für das aus drei Atomen bestehende Heliumtrimer wird theoretisch ein ganz neuer, schwach gebundener Anregungszustand, ein „Efimov“-Zustand postuliert, der in der Literatur kontrovers diskutiert wird. Bei den experimentellen Untersuchungen soll nun erstmals versucht werden, diesen Zustand an Heliummolekülen nachzuweisen. Reinhard Dörner hat an der Universität Frankfurt und an der RWTH Aachen Physik und Philosophie studiert.

Nach verschiedenen Forschungsaufenthalten in den USA, Japan und China hat er seit 1998 zunächst eine Vertretungsdozentur und dann seit 2002 einen Lehrstuhl an der Universität Frankfurt inne. Der Experimentalphysiker war maßgeblich an der Entwicklung des Reaktionsmikroskops beteiligt, mit dem in den vergangenen Jahren zahlreiche bedeutsame Erfolge auf dem Gebiet der atomaren Stoßphysik erzielt wurden.

Margit Zacharias, 52, Professorin für Nanotechnologie am Institut für Mikrosystemtechnik der Universität Freiburg, ist die erste Wissenschaftlerin, die ein Reinhart Koselleck-Projekt erhält. Darin möchte sie neue innovative Methoden zur Dotierung von Nanostrukturen und dabei insbesondere von Nanodrähten entwickeln. Sie greift damit ein zentrales Problem von hohem wissenschaftlichen Wert auf, das zugleich aber auch ein hohes Anwendungspotenzial für eine zukünftige Nanoelektronik hat. Bisher gibt es keine durchgängige Methodik, Nanostrukturen durch gezielte Dotierung soweit in ihren elektronischen Eigenschaften zu definieren, dass sie für den Einsatz in Bauelementen geeignet sind. Die zu lösenden Probleme sowohl in der Präparation als auch in der Charakterisierung der Strukturen sind außerordentlich komplex, insbesondere die Realisierung von Dotierprofilen im Nanometerbereich mit gut definierten und homogen dotierten Übergängen. Margit Zacharias studierte Physik, promovierte in den Ingenieurwissenschaften und habilitierte sich wiederum in der Physik. Mit dieser interdisziplinären Ausbildung, ihren umfangreichen und international anerkannten Vorarbeiten und mit den in ihrem Förderantrag entwickelten Ideen bringt sie beste Voraussetzungen mit, dieses schwierige und weit über einen üblichen DFG-Antrag hinausgehende Vorhaben an der Schnittstelle von Physik, Chemie und Ingenieurwissenschaften erfolgreich zu bearbeiten.

Alle acht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die inzwischen im Rahmen der Reinhart Koselleck-Projekte gefördert werden, sind am Montag, dem 9. Februar, auch zum Neujahrsempfang der DFG in Berlin eingeladen und sollen den dort versammelten Repräsentanten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mit ihren Forschungsvorhaben kurz vorgestellt werden. „Auch das zeigt, welche große Bedeutung die Reinhart Koselleck-Projekte und die Förderung mutiger Ideen haben“, so DFG-Präsident Kleiner.

Weiterführende Informationen

Informationen zu den Reinhart Koselleck-Projekten finden sich unter:
www.dfg.de/forschungsfoerderung/einzelfoerderung/kompaktdarstellung_reinhart_koselleck_projekte.html
Ansprechpartnerin in der DFG:
Dr. Sarah Holthausen, Tel. +49 228 885-2032, Sarah.Holthausen@dfg.de

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