Erster Lehrstuhl für Sicherheitsforschung in Deutschland

Die Universität Witten/Herdecke hat – erstmalig in Deutschland – einen sozial- und politikwissenschaftlichen Lehrstuhl zum Bereich „Sicherheitsforschung und Sicherheitsmanagement“ eingerichtet. Auf den neuen Lehrstuhl wurde der Marburger Politikwissenschaftler Prof. Dr. Hans-Jürgen Lange berufen.

Prof. Lange ist seit vielen Jahren als Experte im Bereich der politikwissenschaftlichen Sicherheitsforschung ausgewiesen. In einer Vielzahl von Forschungsprojekten, Publikationen und Vorträgen hat er die unterschiedlichen Aspekte in der Entwicklung von Innerer Sicherheit, Polizei und Sicherheitspolitik beleuchtet. Insbesondere seit den Terroranschlägen des 11. September 2001 beobachtet er, wie die westlichen Staaten auf die veränderte Sicherheitslage reagieren und im großen Umfange ihre eigenen Sicherheitssysteme aus- und umbauen. „Wir erleben eine Versicherheitlichung aller Lebensbereiche, die unsere Gesellschaft tief greifend verändert“, sagt der 47-jährige Politologe. Dies betrifft nicht nur staatliche Bereiche, wie z.B. die Polizei, sondern auch Unternehmen, die immer mehr in die eigene Sicherheit investieren, sei es zum Schutz vor Spionage oder Sabotage, sei es, um ihre Mitarbeiter in gefährdeten Auslandsbereichen zu schützen.

Das private Sicherheitsgewerbe boomt. Kommunen gehen immer mehr dazu über, wieder eigene Ordnungspolizeien einzurichten. Die Überwachung öffentlicher Räume mit neuen Sicherheitstechniken wird immer mehr zur alltäglichen Selbstverständlichkeit. Dies gilt auch für das privat genutzte Internet. „Welche Konsequenzen hat das für unser Verständnis von Staatlichkeit und Demokratie?“ fragt Lange, „wie steht es um die individuellen Bürgerrechte und überhaupt die Kultur des Zusammenlebens? Wie kann eine Balance zwischen Sicherheitsbelangen und Freiheitsrechten hergestellt werden?“

Dabei sind für ihn die Belange der Inneren Sicherheit von solchen der europäischen und internationalen Sicherheit nicht mehr zu trennen. Fragen von Migration und Veränderungen infolge des Klimawandels reichen hinein. Fragen der sozialen und ökonomischen Verunsicherung beeinflussen maßgeblich das Sicherheitsempfinden der Menschen. „Wir müssen uns dennoch davor hüten, diese Zusammenhänge in einen Topf zu werfen. Damit würde ein verhängnisvoller Sachzwang geschaffen, der übersieht, dass wir auf sehr spezielle Probleme jeweils eigene Lösungen entwickeln müssen.“ Am Lehrstuhl werden derzeit einige Forschungsprojekte zur Sicherheitsarchitektur, zum Katastrophenschutz und zur Sicherheitsethik vorbereitet, die diese Fragen analytisch aufarbeiten sollen.

Prof. Lange studierte Politikwissenschaft, Geschichte und Philosophie an der Universität Duisburg (1981-87); arbeitete und promovierte an der Fernuniversität Hagen (1987-93). Er wechselte danach als wiss. Mitarbeiter an die Philipps-Universität Marburg und habilitierte dort 1998 mit einer Studie über das Politische System der Inneren Sicherheit in der Bundesrepublik. Seit 2006 ist er Wissenschaftlicher Direktor am Rhein-Ruhr-Institut für Sozialforschung und Politikberatung (RISP) an der Universität Duisburg-Essen. (Weitere Einzelheiten zum Werdegang auf der unten angegebenen Internetseite)

Der Lehrstuhl von Prof. Lange wurde eingerichtet in der neu ausgerichteten Fakultät für Kulturreflexion, die mit nunmehr acht Lehrstühlen die gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen moderner Gesellschaften in Theorie und Praxis erforscht. In den B.A. und M.A. Studiengängen „Philosophie und Kulturreflexion“ sowie in dem für alle Wittener Studiengänge begleitenden „Studium fundamentale“ fließen die Forschungsergebnisse der Wissenschaftler unmittelbar in die Lehre und in die fachlich übergreifend angelegte Seminararbeit mit den Studierenden ein.

Weitere Informationen unter: www.politikwissenschaft-wh.de, Prof. Dr. Hans-Jürgen Lange, 02302 / 926-809 | E-Mail: hans-juergen.lange@uni-wh.de

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Kay Gropp idw

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