DFG richtet 18 weitere Schwerpunktprogramme ein
Wie verändert sich die Kommunikation und damit das Sozialverhalten des Menschen in der „mediatisierten“, durch und durch von Medien geprägten Welt? Welche elektronischen Eigenschaften hat das Graphen und was macht diesen zweidimensionalen Kristall aus Kohlenstoffatomen so einzigartig für neue Anwendungen in der Mikroelektronik?
Können Lithium-Ionen-Batterien für den mobilen Einsatz noch leistungsfähiger und langlebiger gemacht werden? Auf welche Weise spielen das Immunsystem und das Knochensystem des Menschen zusammen und wie beeinflussen sie sich gegenseitig? Dies sind nur einige von zahlreichen Fragestellungen in der Grundlagenforschung, die in den kommenden Jahren in neuen Schwerpunktprogrammen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) untersucht werden sollen.
Der Senat der DFG richtete jetzt auf seiner Frühjahrssitzung in Bonn insgesamt 18 Schwerpunktprogramme (SPP) ein. Sie sollen ab Anfang 2010 ihre Arbeit aufnehmen und durch die koordinierte orts- und fächerübergreifende Bearbeitung neuer Themen spürbare Impulse zur Weiterentwicklung der Forschung geben.
Die neuen SPP decken das gesamte fachliche Spektrum von den Geistes- und Sozialwissenschaften über die Lebenswissenschaften bis zu Geowissenschaften ab; auch die Bereiche Mathematik und Physik sind ebenso vertreten wie die Werkstoffwissenschaften und die Materialwissenschaften, die Informatik, System- und Elektrotechnik ebenso wie die Produktionstechnik. Das Themenspektrum reicht dabei vom tief greifenden gesellschaftlichen und technologischen Wandel Afrikas über die sogenannten epigenetischen Modifikationen und deren Rolle bei malignen Erkrankungen des Blutsystems bis hin zu den Magnetfeldern der Planeten und Monde unseres Sonnensystems. Die Hochtemperatursupraleitung in Eisenpniktiden und mögliche Anwendungen dieser neuen Materialklasse werden ebenso untersucht wie Transportprobleme an fluiden Grenzflächen, wozu valide Modelle und effiziente numerische Verfahren entwickelt werden sollen.
Andere der neuen SPP wollen die Auswirkungen großer Hitze auf Zerspanprozesse minimieren, neuartige Werkzeugmaschinen für die Mikrofertigung entwickeln oder Hochleistungswerkstoffe ermüdungsresistent gestalten und ihnen damit eine praktisch „unendliche Lebensdauer“ geben. In weiteren Einrichtungen geht es darum, die Sicherheit und Zuverlässigkeit von Softwaresystemen zu erhöhen, Mikrochips für elektronische Alltagsbegleiter wie Navigationssysteme oder Airbags weniger anfällig zu machen oder theoretische, algorithmische und Systementwicklungskompetenzen aus Mathematik und Computer-Algebra zu verknüpfen, um zu neuen Algorithmen und mathematischen Vermutungen zu kommen. In Präzisionsexperimenten mit ultrakalten Neutronen soll schließlich in bisher unerreichte Auflösungsbereiche und damit zu physikalischen Phänomenen jenseits der bisherigen Standardmodelle vorgedrungen werden.
Die 18 neuen SPP wurden aus 61 eingereichten Konzepten ausgewählt und werden im ersten Förderjahr mit insgesamt 32,3 Millionen Euro gefördert. Bei zwölf Schwerpunktprogrammen erstreckt sich die Förderung dabei zunächst über drei Jahre, sechs SPP werden für zunächst zwei Jahre gefördert. Insgesamt stehen für die neuen Programme in der ersten Förderperiode 86,3 Millionen Euro zur Verfügung.
Wichtigstes Kennzeichen – und das Erfolgsrezept – der DFG-geförderten Schwerpunktprogramme ist, dass sie die in der Wissenschaft in Deutschland und darüber hinaus vorhandenen Kompetenzen zu neu sich bildenden Forschungsgebieten vernetzen. In ihrer Thematik, der gewählten Methodik oder den eingegangenen Kooperationen sollen die SPP eine neue Qualität der Forschung erreichen. Auch die enge Einbeziehung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist Bestandteil aller Schwerpunktprogramme und Voraussetzung für eine Förderung. Die einzelnen Themen der SPP werden ausgeschrieben, eingehende Förderanträge in einem strengen Begutachtungsverfahren auf ihre Qualität und ihren Beitrag zum jeweiligen Thema geprüft.
Die Schwerpunktprogramme arbeiten in der Regel sechs Jahre. Mit den nun bewilligten 18 Einrichtungen fördert die DFG im kommenden Jahr insgesamt 99 Schwerpunktprogramme.
Die neuen Schwerpunktprogramme (geordnet nach Fachbereichen) und ihre Koordinatoren sind:
Geistes- und Sozialwissenschaften
Adaption and Creativity in Africa – Technologies and Significations in the Production of Order and Disorder
Koordinatoren: Prof. Richard Rottenburg, Universität Halle-Wittenberg, Prof. Ulf Engel, Universität Leipzig
Mediatisierte Welten: Kommunikation im medialen und gesellschaftlichen Wandel
Koordinator: Prof. Friedrich Krotz, Universität Erfurt
Lebenswissenschaften
Osteoimmunology – IMMUNOBONE – A Programme to Unravel Mutual Interactions between the Immune System and Bone
Koordinator: Prof. Georg Schett, Universität Erlangen-Nürnberg
Epigenetic Regulation of Normal Hematopoiesis and its Dysregulation in Myeloid Neoplasia
Koordinator: Prof. Michael Lübbert, Universitätsklinikum Freiburg
Principles and Evolution of Actin-nucleator Complexes
Koordinator: Prof. Eugen Kerkhoff, Universität Regensburg
Geowissenschaften
Planetary Magnetism (PlanetMag)
Koordinator: Prof. Matthias Holschneider, Universität Potsdam
Mathematik/Physik
Präzisionsexperimente zur Teilchen- und Astrophysik mit kalten und ultrakalten Neutronen
Koordinator: Prof. Hartmut Abele, TU München
Hochtemperatursupraleitung in Eisenpniktiden
Koordinator: Prof. Bernd Büchner, TU Dresden
Transportprozesse an fluiden Grenzflächen
Koordinatoren: Prof. Dieter Bothe, RWTH Aachen, Prof. Arnold Reusken, RWTH Aachen
Algorithmische und Experimentelle Methoden in Algebra, Geometrie und Zahlentheorie
Koordinator: Prof. Wolfram Decker, Universität des Saarlandes
Werkstoffwissenschaften
Life – Unendliche Lebensdauer für zyklisch beanspruchte Hochleistungswerkstoffe
Koordinator: Prof. Hans-Jürgen Christ, Universität Siegen
WeNDeLIB – Werkstoffe mit Neuem Design für verbesserte Lithium-Ionen-Batterien:
Thermodynamik, Kinetik, Werkstoffchemie, Virtualisierung und Systemverhalten von Lithium-Ionen-Batterie-Materialien für die Elektromobilität von morgen
Koordinator: Prof. Hans Jürgen Seifert, TU Bergakademie Freiberg
Materialwissenschaften
Graphene
Koordinator: Prof. Thomas Seyller, Universität Erlangen-Nürnberg
Partikel im Kontakt – Mikromechanik, Mikroprozessdynamik und Partikelkollektive (PiKo)
Koordinator: Prof. Jürgen Tomas, Universität Magdeburg
Informatik/System- und Elektrotechnik
Zuverlässig sichere Softwaresysteme
Koordinator: Prof. Heiko Mantel, TU Darmstadt
Entwurf und Architekturen verlässlicher Eingebetteter Systeme: Ein Grand Challenge im Nano-Zeitalter
Koordinator: Prof. Jörg Henkel, Universität Karlsruhe
Produktionstechnik
Kleine Werkzeugmaschinen für kleine Werkstücke
Koordinator: Prof. Jens P. Wulfsberg, Universität der Bundeswehr Hamburg
Modellierung, Simulation und Kompensation von thermischen Bearbeitungseinflüssen für komplexe Zerspanprozesse
Koordinator: Prof. Dirk Biermann, Universität Dortmund
Weiterführende Informationen
Ausführliche Informationen zu den Schwerpunktprogrammen der DFG inklusive einer Liste der geförderten Schwerpunktprogramme finden sich unter:
www.dfg.de/forschungsfoerderung/koordinierte_programme/schwerpunktprogramme/index.html
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.dfg.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Bildung Wissenschaft
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