Gebündelte Kräfte in der Kerntechnik

Mehr Forschung und Lehre in der Kerntechnik – dies ist das Ziel des Südwestdeutschen Forschungs- und Lehrverbundes Kerntechnik, der heute, 22. Oktober, in Karlsruhe gegründet wurde. Im Verbund wollen die Partner Forschung und Lehre in der Kerntechnik ausbauen und ihre Kapazitäten bündeln.

Gründungsmitglieder sind die Forschungszentrum Karlsruhe GmbH, die EnBW Energie Baden-Württemberg AG, das Institut für Transurane der Europäischen Kommission, die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, die Universität Karlsruhe (TH) und die Universität Stuttgart sowie die Hochschule Furtwangen University und die Hochschule Ulm.

Grundgedanke der Kooperation ist es, die technologische Kompetenz auf dem Gebiet der Kerntechnik in Deutschland zu erhalten und auszubauen.

Dazu werden die Partner ihre bestehenden und geplanten Einrichtungen, das Vorlesungsangebot sowie weitere Lehrveranstaltungen (Sommerschulen, Praktika) aufeinander abstimmen und Prüfungsleistungen gegenseitig anerkennen. Der Verbund bringt seine Angebote in die internationale Forschungsgemeinschaft ein und fördert so den Wissensaustausch. Schwerpunkte der Tätigkeiten liegen in den Bereichen Reaktortechnik und -entwicklung, Neutronenphysik, Fusionstechnologie, Actiniden- und Radiochemie, Endlagerung, Strahlenforschung und Rückbautechniken.

Neue kerntechnische Professuren am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Das Karlsruher Institut für Technologie hat sich zum Ziel gesetzt, das führende europäische Zentrum in der Energieforschung zu werden. Somit stellt die Berufung der Leitung des Instituts für Neutronenphysik und Reaktortechnik am Forschungszentrum Karlsruhe in Personalunion mit einer Professur für Fusionstechnologie und Reaktortechnik an der Universität Karlsruhe einen weiteren Baustein im KIT dar. In diesem neu zu gründenden Institut für Fusionstechnologie und Reaktortechnik werden künftig sämtliche kerntechnische Professuren gebündelt. Das KIT richtet zu den bereits bestehenden vier Professuren zwei weitere Professuren ein: eine „Stiftungsprofessur für Dynamik kerntechnischer Systeme“ der EnBW Energie Baden-Württemberg AG am Forschungszentrum Karlsruhe sowie eine „Professur für Innovative Reaktorsysteme“ des Landes Baden-Württemberg an der Universität Karlsruhe.

Die einzigartigen Ausbildungsmöglichkeiten in den Laboratorien, den kerntechnischen Versuchsanlagen und an den Unterrichtsreaktoren der Verbundpartner sichern die ohnehin schon guten Berufsaussichten der Absolventen. Nach Umfragen des „Kompetenzverbunds Kerntechnik“, dessen Sprecher Dr. Peter Fritz, Vorstandsmitglied des Forschungszentrums Karlsruhe, ist, werden deutschlandweit bis zum Jahr 2010 etwa 6 250 Ingenieure und Naturwissenschaftler für den Betrieb und den Rückbau von Kernkraftwerken benötigt. Personalbedarf besteht darüber hinaus bei den Aufsichtsbehörden und Gutachtern sowie allgemein in internationalen Gremien wie OECD und IAEA. Der Verbund wirkt dem Mangel an deutschen Fachkräften entgegen.

Mit dem Südwestdeutschen Forschungs- und Lehrverbund Kerntechnik behauptet Baden-Württemberg seine Führungsposition in der Kernforschung – und bleibt damit weiterhin ein unverzichtbarer und zuverlässiger Partner in der europäischen Energieforschung.

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist der Zusammenschluss zwischen der Universität Karlsruhe und dem Forschungszentrum Karlsruhe. Gemeinsam arbeiten hier 8000 Beschäftigte mit einem jährlichen Budget von 600 Millionen Euro. Im KIT bündeln beide Partner ihre wissenschaftlichen Fähigkeiten und Kapazitäten, richten die dafür optimalen Forschungsstrukturen ein und entwickeln gemeinsame Strategien und Visionen.

Mit KIT entsteht eine Institution international herausragender Forschung und Lehre in den Natur- und Ingenieurwissenschaften. KIT soll Attraktionspunkt für die besten Köpfe aus der ganzen Welt werden, neue Maßstäbe in Lehre und Nachwuchsförderung setzen und das führende europäische Zentrum in der Energieforschung bilden. Im Bereich der Nanowissenschaften will KIT eine weltweit führende Rolle einnehmen. Ziel von KIT ist es, einer der wichtigsten Kooperationspartner für die Wirtschaft zu sein.

Kernenergie, Kernforschung und Nachwuchs heute

Baden-Württemberg ist ein Hochtechnologieland ohne nennenswerte fossile Energieressourcen, dessen Bruttostromerzeugung heute zu fast 60 Prozent auf Kernenergie basiert. Aufgrund des Bevölkerungswachstums in Baden-Württemberg rechnet man beim Stromverbrauch mit einem Anstieg um 0,7 Prozent pro Jahr (das entspricht 70 MW pro Jahr). Dem steht durch die in den nächsten Jahren vom Netz gehenden Kraftwerke (konventionelle Kraftwerke und Kernkraftwerke) ein Absinken der einsetzbaren Leistung von 10.800 MW im Jahr 2002 auf 8.000 MW im Jahr 2010 und auf 3.400 MW im Jahr 2020 gegenüber.

Bezogen auf ganz Deutschland stellt sich die Situation grundsätzlich nicht anders dar. Nach geltender Rechtslage sollen bis zum Jahr 2021 sämtliche Kernkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 21.000 MW vom Netz gehen. Die daraus resultierenden Versorgungslücken sind mit den Zielen einer sicheren, eigenständigen, wirtschaftlichen und klimaverträglichen Energieversorgung Deutschlands aus heutiger Sicht nicht in Einklang zu bringen. Aus diesem Grund sollte eine Verlängerung der Laufzeit der Kernkraftwerke geprüft werden – ein größtmöglichstes Sicherheitsniveau ist die Voraussetzung. Eine Verlängerung der Laufzeit kann als Übergangsphase für die Erforschung, Entwicklung und Markteinführung neuer emissionsarmer und erneuerbarer Erzeugungstechniken genutzt werden.

Zur Gewährleistung des höchsten Sicherheitsstandards an deutschen Kernkraftwerken muss kontinuierlich Forschung betrieben werden. Der Dialog deutscher Forscher mit den führenden Nationen auf dem Gebiet der Kerntechnik stellt die Grundvoraussetzung für eine internationale Wettbewerbsfähigkeit dar. Eine aktive Beteiligung deutscher Wissenschaftler an allen relevanten internationalen Entwicklungen – insbesondere über EURATOM und die IAEA – ist essenziell. Folgende Ziele, die im Einklang mit der Hightech-Strategie des Bundes stehen, sind dabei von besonderem Interesse: verbesserte Sicherheitsaspekte, mehr Wirtschaftlichkeit, Verringerung des hochradioaktiven Abfalls und Entsorgung der radioaktiven Abfälle.

Eine erfolgreiche Kernenergieforschung basiert auf einem attraktiven Studien- und Weiterbildungsangebot mit exzellenten Lehrkräften. Ein großes Angebot an zukunftsträchtigen Arbeitsplätzen bei Energieversorgern, Forschungseinrichtungen und Genehmigungsbehörden gibt es bereits heute. Der Personalbedarf ist steigend, da in Europa die Kernenergie einen immer wichtigeren Stellenwert einnimmt, und deutsche Unternehmen weltweit agieren.

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Klaus Rümmele idw

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