Großer Wachstumsschub auf fast eine Milliarde Euro

Die Integration der GMD – Forschungszentrum für Informationstechnik GmbH brachte für die Fraunhofer-Gesellschaft einen zusätzlichen Wachstumsschub. Insgesamt steigerte sie im Jahr 2001 ihr Finanzvolumen auf fast eine Milliarde Euro.

Mit der Eingliederung der GMD – Forschungszentrum für Informationstechnik GmbH schlagen seit dem Jahre 2001 knapp 100 Mio Euro bisherige Aufwendungen der GMD bei der Fraunhofer-Gesellschaft zu Buche. Durch diesen kräftigen Schub erhöhte sich der Gesamtaufwand der Fraunhofer-Gesellschaft von 781 Mio Euro im Jahr 2000 auf 977 Mio Euro im Jahr 2001. Vor fünf Jahren, also 1997, lag der Gesamtaufwand noch bei 673 Mio Euro. Damit ist die Fraunhofer-Gesellschaft in den letzten fünf Jahren um fast 50 Prozent gewachsen. Auch die Anzahl der Institute wuchs auf 56 an, die Mitarbeiterzahl steigerte sich auf fast 12 000 Beschäftigte im Jahr 2001.

Das enorme Wachstum entwickelt sich insbesondere im Leistungsbereich Vertragsforschung, der von 664 im Jahr 2000 auf 836 Mio anwuchs. Die Verteidigungsforschung ist mit 36 Mio leicht rückläufig und die Ausbauinvestitionen (Gebäude und Geräte) pendeln sich bei etwa 105 Mio Euro ein. Der Leistungsbereich Vertragsforschung erreicht mit 64 Prozent Ertragsanteil den zweithöchsten Wert in der Geschichte der Fraunhofer-Gesellschaft (nur 2000 war er mit 66 Prozent höher), obwohl die ehemaligen GMD-Institute noch eine deutlich andere Finanzstruktur aufweisen.

„Die Wertschätzung unserer Leistungen in Wirtschaft und Gesellschaft wird ersichtlich aus einer weiteren Steigerung der Wirtschaftserträge auf insgesamt 278 Mio Euro im Jahr 2001“, betont Prof. Dr.-Ing. Hans-Jürgen Warnecke, der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. Der Anteil institutioneller Förderung lag im Leistungsbereich Vertragsforschung bei 36 Prozent. Damit bewegt sie sich derzeit auf einem niedrigen Level, der zur langfristigen Sicherung von neuen, zukunftsfähigen Themen nicht unterschritten werden darf.

Mittelfristig strebt die Fraunhofer-Gesellschaft einen Wert von 40 Prozent institutioneller Förderung an. Damit soll die eigene Vorlaufforschung finanziert werden und ein möglicher Wettbewerbsnachteil gegenüber höher institutionell geförderten Einrichtungen bei öffentlichen, nur teilgeförderten Projekten ausgeglichen werden.

„Die Bedeutung von freien, selbst disponierbaren Mitteln für phantasievolle, innovationsgetriebene Forschung kann nicht genug betont werden“, wehrt sich Prof. Warnecke gegen vorgreifende Steuerung von außen. Denn die Experten für zukünftige Innovationen sitzen weder in den Ministerien noch in den Zentralen der Forschungseinrichtungen, sondern in den Instituten selbst. Deshalb setzt die Fraunhofer-Gesellschaft vor allem auf qualitätsgesicherte Selbstorganisation ihrer Forschungsplanung. Allerdings stellt sich die Fraunhofer-Gesellschaft jeder nachträglichen Evaluierung der Mittelverwendung.

Um die Auftragsforschung strategisch möglichst risikoarm zu gestalten, vermeidet die Fraunhofer-Gesellschaft eine Abhängigkeit von einzelnen Forschungsförderern oder Kunden. Konjunktureinbrüche einer Branche in Deutschland oder Kehrtwendungen in der nationalen Förderpolitik können durch einen breiten Kundenstamm im In- und Ausland und den Zugang zu europäischen und anderen Fördermitteln teilweise ausgeglichen werden.

Im Jahr 2001 wurden mit rund 3 000 Unternehmen bilaterale Projekte bearbeitet. Die Fraunhofer-Gesellschaft kann auf einen Stamm von über 10 000 Kunden in den vergangenen fünf Jahren zurückblicken; über 1 000 Neukunden kommen pro Jahr hinzu.


Profilierung in der Forschungslandschaft

Das Technologie-Portfolio der Fraunhofer-Gesellschaft wird ständig angepasst werden. Das wird erreicht durch Anpassung der Kernkompetenzen der einzelnen Institute an die Nachfrage wie auch durch die Aufnahme und Abgabe von Einrichtungen. Die Integration der GMD-Forschungszentrum für Informationstechnik GmbH, die Mitte des Jahres 2001 rechtlich vollzogen wurde und nun auch rasch inhaltlich vorankommt, ist neben der Integration der Institute in den neuen Bundesländern die größte sprunghafte Veränderung seit Bestehen der Fraunhofer-Gesellschaft. Außerdem wird das Heinrich-Hertz-Institut in Berlin aus der Wilhelm-Gottfried-Leibniz-Gemeinschaft in die Fraunhofer-Gesellschaft überführt. Voraussichtlich kann dies noch im Frühjahr 2002 vollzogen werden. „Doch wir geben auch Institute ab, wenn sie besser zur Mission und Finanzierungsstruktur anderer Träger passen“, betont Prof. Warnecke. Er ist der Ansicht, dass jede Einrichtung in Wissenschaft und Wirtschaft ein möglichst scharfes Profil haben soll, so dass jeder Mitarbeiter und jeder Außenstehende erkennt, welche Mission die Organisation hat und nach welchen Kriterien sie ihre Leistungsfähigkeit messen lässt. Einer Empfehlung des Wissenschaftsrates folgend wechselte das Fraunhofer-Institut für Atmosphärische Umweltforschung IFU zum 1. Januar 2002 organisatorisch in das Forschungszentrum Karlsruhe, eines der Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft. Die Integration in das Forschungszentrum Karlsruhe schafft nun ideale Bedingungen für die wissenschaftlich hervorragende und langfristig angelegte Vorsorgeforschung des IFU. Der Transfer geschah in vollständiger Übereinstimmung aller Beteiligten.

Zur Weiterentwicklung und Anpassung des Technologie-Portfolios verfolgt die Fraunhofer-Gesellschaft nach der enormen Verstärkung im Informations- und Kommunikationsbereich nun den Aufbau zusätzlicher biotechnologischer Kompetenzen.


Wertsteigerung der Fraunhofer-Gesellschaft

Der Wert einer Forschungsorganisation drückt sich nicht allein in der buchhalterischen Bilanz aus. Dazu gehören neben den gut ausgebildeten, motivierten Mitarbeitern und deren Know-how auch die etablierten Vernetzungen und die internen Strukturen und Prozesse. Um das „Mitarbeiter-Kapital“ zu steigern, werden Instrumente zum Wissensmanagement eingeführt, die Weiterbildung intensiviert und eine flächendeckende Befragung der Mitarbeiterzufriedenheit mit anschließenden qualitätssichernden Verbesserungen durchgeführt. Der Erfolg am Markt wird nicht nur durch die Forschungsleistung, sondern auch durch die unternehmerischen Qualitäten der Fraunhofer-Gesellschaft begründet. In einem Marketing-Netzwerk geben erfahrene Kolleginnen und Kollegen ihre Best-Practice an jüngere weiter und entwickeln gemeinsam neue Instrumente.

Der Wert der Fraunhofer-Gesellschaft steigt auch durch die Menge der geschützten Erkenntnisse. Im Jahre 2001 wurden 166 Patente erteilt. Die Fraunhofer-Gesellschaft verfügt derzeit über 1372 aktive deutsche Patente.

Optimierungen bei den internen Geschäftsprozessen wurden durch die Einführung standardisierter Kommunikations- und Planungsinstrumente sowie durch den verstärkten Aufbau der Verbünde erreicht. Nachdem in den letzten beiden Jahren annähernd alle Fraunhofer-Institute eine einheitliche Strategieplanstruktur für ihre individuelle Planung verwendet haben, werden diese nunmehr durch Instituts-
Audits mit externen Experten bewertet.

In sieben Institutsverbünden der Fraunhofer-Gesellschaft sind mittlerweile 48 der 56 Institute organisiert. Die Institute behalten ihre Autonomie, stimmen sich jedoch untereinander bei den wesentlichen strategischen Entscheidungen ab. Standardisierte interne Kommunikations- und Qualitätssicherungsprozesse in den Instituten und auf Verbundsebene führen zu einer systematischen Diskussionen über zu erwartende Entwicklungen und Kompetenzen in Forschung und Entwicklung (FuE).

Im laufenden Jahr 2002 werden auch Umstrukturierungen im Führungsbereich erfolgen; durch die Neubesetzung von zwei Vorstandspositionen und die Beteiligung der Verbundssprecher an der Entscheidungsfindung des Vorstands ergeben sich hier neue Gestaltungsmöglichkeiten.

„Es zeigt sich, dass das Fraunhofer-Modell flexibel an neue Herausforderungen anpassbar ist“, fasst Präsident Warnecke zusammen. „Die Fraunhofer-Gesellschaft versteht sich insofern als eine gemeinnützige FuE-Infrastruktur für die Region, Deutschland und Europa: Aufbauend auf einer exzellenten Wissensplattform werden spezifische Kundenlösungen im Auftrag entwickelt.“

Die internationale Nachfrage nach dem Fraunhofer-Modell wächst. Die Fraunhofer-Gesellschaft dient mittlerweile als Vorbild für Umstrukturierungen von nationalen Forschungslandschaften in unterschiedlichen Ländern der Welt. Alle Industrieländer arbeiten daran, die Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu verstärken, um den Innovationsprozess zu beschleunigen


Fraunhofer auf dem Weg nach Europa

Seit vielen Jahren befindet sich die Fraunhofer-Gesellschaft im Spannungsfeld zwischen Regionalität und Internationalität. Jedes Fraunhofer-Institut muss einerseits sein lokales Wirtschaftsumfeld intensiv pflegen und andererseits die Kooperation mit den Exzellenzzentren der Welt suchen. Globalisierung heißt für die Fraunhofer-Gesellschaft nicht, weltweit Verkaufsbüros aufzumachen, Institute zu gründen oder Kooperationserklärungen abzugeben, sondern angepasste Konzepte für die verschiedenen Regionen der Welt zu entwickeln. „In
Europa verfolgen wir andere Ansätze als in den USA und Asien“, unterstreicht Prof. Warnecke die differenzierte Vorgehensweise. Zur Zeit steht die Entwicklung eines Forschungsraumes Europa auf der Agenda: „Morgen wird die Fraunhofer-Gesellschaft ihre Europastrategie in Brüssel Vertretern der Europäischen Kommission präsentieren.“

Die Fraunhofer-Gesellschaft als größte Vertragsforschungseinrichtung Europas will den Prozess zu einem europäischen Forschungsraum, wie ihn EU-Forschungskommissar Busquin skizziert hat, aktiv mitgestalten und sich der Zusammenarbeit mit anderen nationalen wirtschaftsorientierten Forschungsorganisationen öffnen. Das Zusammenwachsen der europäischen Forschung ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einer integralen Wirtschaftsmacht. Die zentrale Aufgabe der Fraunhofer-Gesellschaft, die Sicherung des Standorts Deutschland, wird nun auf Europa erweitert. „Wir wollen in Zukunft auch signifikant zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Europas beitragen“, unterstreicht Prof. Warnecke die Verantwortung für Europa. „Es geht darum, die Stärken in Deutschland auszubauen und die Chancen in Europa konsequent zu nutzen.“

In Europa setzt die Fraunhofer-Gesellschaft hauptsächlich auf zwei bewährte Instrumente: die wissenschaftliche Kooperation in FuE-Projekten und die Auftragsforschung für europäische Kunden. Ein neues Instrument zur längerfristigen institutionellen Vernetzung mit renommierten Forschungseinrichtungen in Europa sind Joint Ventures. Erste Gründungen in Frankreich, Schweden und Italien sind in Erprobung.

Europas führende Forschungsorganisationen, die wirtschaftsorientiert arbeiten, haben sich innerhalb der EARTO (European Association of Research and Technology Organisations) zu einer Gruppe EUROTECH zusammen geschlossen. Ziel ist es, die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der angewandten Forschung zu stärken. Den Vorsitz hat derzeit der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft Prof. Dr.-Ing. Hans-Jürgen Warnecke.

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Dr. Johannes Ehrlenspiel idw

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