Prof. Dr.-Ing. Sigram Schindler: "Stagnation der IT-Hochschulausbildung schadet Mittelstand"

TU-Professor und Unternehmer fordert einen IT-Berufsqualifikation garantierenden „Bachelor“-Hochschulabschluss nach vier Semestern und den verstärkten Einsatz von WebLearning zur Studienzeitverkürzung: Damit wäre mehr als 90 Prozent der Unternehmen und fast allen Studenten gedient.

Die mittelständische Wirtschaft leidet massiv unter den anhaltenden Anpassungsmängeln bei der Berufsqualifikation auf Hochschulniveau, insbesondere für Berufe der Informationstechnologie (IT). Dies ist eine zentrale These des neuen „Memorandum zur IT-Ausbildung für die Wirtschaft, speziell für den Mittelstand“, das Prof. Schindler in Berlin vorgelegt hat.

Die IT-Hochschulabsolventen seien im Durchschnitt zu alt und IT-Studiengänge vermittelten häufig irreführende Berufsperspektiven, hält Prof. Schindler dem akademischen Lehrbetrieb in Deutschland vor. Vor allem dominieren über alle Ausbildungsniveaus hinweg in den staatlich und verbandlich zuständigen Gremien die von den Großunternehmen geprägten Vorstellungen von IT-Berufsqualifikation: Sie beruhen durchweg auf einer starken betrieblichen Arbeitsteilung, wie sie im Mittelstand nicht anzutreffen ist.

Leidtragende dieser Situation seien die Zehntausenden von IT-Studenten in Deutschland ebenso wie die etwa 27 Millionen Beschäftigten in kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs), folgert das Memorandum: Rund 85 Prozent aller Arbeitsplätze in Deutschland, nämlich die der KMUs, seien durch Defizite bei der qualifizierten Nutzung moderner Kommunikationstechniken – verursacht durch diese verfehlte IT-Hochschulausbildung – belastet. Da die KMU-Mitarbeiter durch geeignetes IT-Know-how kaum unterstützt werden, verliere die mittelständische Wirtschaft jährlich weitere Marktanteile in Milliardenhöhe an die Großunternehmen. Oftmals ist ihre Insolvenz die Folge. Allein im Pleitenrekordjahr 2001 büßte der Mittelstand über 30 Prozent seiner Vorjahresumsätze ein, und in mehr als 30.000 KMU-Insolvenzen gingen über 500.000 Arbeitsplätze verloren. Prof. Schindler hat einen „IT-Benachteiligungsfaktor“ des Mittelstands gegenüber Großunternehmen von 3,5 errechnet. Dies stelle schon mittelfristig eine Existenzbedrohung des Mittelstandes dar.

Das Memorandum von Prof. Schindler benennt die drei wichtigsten Reformerfordernisse bei der IT-Berufsqualifikation auf Hochschulniveau: Die Förderung von mehr Ausbildungswettbewerb auf Hochschulniveau durch private Bildungseinrichtungen, die verstärkte Nutzung des WebLearning – also der Ausbildung per Internet – sowie die Einführung eines neuen und Berufsqualifikation garantierenden Bachelor-Abschlusses der Ausbildung auf Hochschulniveau.

Prof. Schindler weist darauf hin, dass von den 52 Wochen im Jahr an deutschen Hochschulen in der Regel nur 28 Wochen Vorlesungszeit sind. „Die vorlesungsfreie Zeit von jährlich rund 24 Wochen wird vom Lehrpersonal als notwendig angesehen“, heißt es kritisch im Memorandum. Bei Lehrveranstaltungen, die von den Studenten per Internet aufgearbeitet werden können ( einschließlich Verständnistests, Übungsaufgaben und Prüfungen (, entfällt diese Notwendigkeit. Der Student kann sich mit Web-basierten Lehrveranstaltungen 52 Wochen im Jahr auseinandersetzen. Dadurch ergibt sich ein WebLearning-Zeitersparnispotential von 50 Prozent und mehr, stellt Prof. Schindler in seinem Memorandum fest. Er empfiehlt deshalb die verstärkte Nutzung privater Ausbildungseinrichtungen, die sich auf die Lehre via Internet spezialisiert haben – die staatlichen Hochschulen seien auf absehbare Zeit darauf nicht vorbereitet.

Zugleich fordert das Memorandum von Prof. Schindler die Einführung des berufsqualifizierenden „IT-Bachelor“-Studienabschlusses in Deutschland schon nach vier Semestern herkömmlichen Hochschulbetriebs bzw. nach zwei Semestern WebLearnings. Dieser Studienabschluss sollte das heute übliche Vordiplom ersetzen. Die Lehre in den ersten Semestern müßte konsequent von berufsfernen Inhalten „entrümpelt“ und der Lehrstoff auf die unmittelbare Berufsqualifikation hin fokussiert werden. Dadurch wird in dieser kurzen Studienzeit ein IT-Berufsqualifikation garantierender Hochschulabschluss erreichbar, der den Anforderungen von mehr als 90 Prozent der Wirtschaft, insbesondere des Mittelstands, entspricht, erläutert Prof. Schindler sein Reformkonzept. Dieser IT-Bachelor-Abschluss käme auch fast allen Studenten zugute, die ja in möglichst kurzer Zeit eine attraktive Stelle in der Wirtschaft anstrebten. Die verbleibenden wenigen Studierenden nähmen durch die praxisorientierte Erstsemesterausbildung keinen Schaden in Bezug auf ihre weitergehenden akademischen Qualifikationsschritte im Wissenschaftsbereich, heißt es im Memorandum, das zahlreiche weitere Reformempfehlungen gibt.

Prof. Dr.-Ing. Sigram Schindler ist seit Anfang der 70er Jahre ordentlicher Professor für Betriebs- und Kommunikationssysteme (Informatik) an der Technischen Universität Berlin. Hier und im internationalen Umfeld war er mehr als 25 Jahre Vorsitzender von Lehre-/Studienkommissionen, Diplomprüfungsausschüssen u.Ä.. 1983 gründete er die Teles GmbH und brachte das Unternehmen 1998 an die Börse. Heute ist die Teles AG mit knapp 700 Beschäftigten einer der größten Internet-Mehrwert-Dienstleister in Deutschland: Etwa ein Drittel aller Websites mit der Endung „.de“ werden durch die Teles-Tochtergesellschaft Strato AG gehostet. Im Jahr 2000 gründete Prof. Schindler die TEIA (Teles European Internet Academy). Sie gehört bei der eBusiness-Qualifikation auf Hochschulniveau zu den führenden Ausbildungsträgern in Europa, mit Fokus auf dem Online-Studiengang „TEIA-Bachelor of eBusiness Management“. Prof. Schindler ist seit 2001 Vorsitzender der Initiative „eco Mittelstand Online“ im Verband der deutschen Internetwirtschaft, eco Electronic Commerce Forum.

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Wolf. Weissenbach ots

Weitere Informationen:

http://www.teles.de http://www.teia.de,

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