Empfehlung des Bundesinstituts für Berufsbildung zum Thema "Berufsausbildungsvorbereitung"

Der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hat auf seiner Sitzung am 8. Dezember 2004 das Thema „Berufsausbildungsvorbereitung“ beraten und dazu folgende Empfehlung verabschiedet:

I.
Um die Ausbildungschancen von benachteiligten jungen Menschen zu verbessern, ist es vor allem erforderlich, Berufsausbildungsvorbereitung und anschließende Berufsausbildung stärker miteinander zu verzahnen, um den Angeboten zur Berufsausbildungsvorbereitung ihren „Warteschleifen- und Versorgungscharakter“ zu nehmen und „Maßnahmekarrieren“ zu verhindern. Hierzu ist es erforderlich, die Jugendlichen – unter Mitwirkung aller an der beruflichen Bildung Beteiligten – schrittweise und ihren individuellen Voraussetzungen entsprechend so zu qualifizieren, dass sie konkrete und unmittelbare Anschlussperspektiven an eine Berufsausbildung erhalten.

Eine positive gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung erfordert die Erschließung und Entwicklung aller vorhandenen Leistungspotenziale. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Förderung von Jugendlichen, die aufgrund persönlicher und/oder sozialer Defizite auf ihrem Weg in Ausbildung und Beruf besonderer Unterstützung bedürfen.

Noch zu viele Jugendliche mit Lernbeeinträchtigungen und sozialen Benachteiligungen schaffen es nicht, eine qualifizierte Berufsausbildung aufzunehmen bzw. erfolgreich abzuschließen und sind von sozialer Ausgrenzung bedroht. In der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen sind dies nach einer Auswertung des Mikrozensus 2003 1,36 Millionen oder 14,9%. Ausländische Jugendliche und junge Erwachsene weisen mit 37% die höchste Ungelerntenquote auf.

Die Einbeziehung der Berufsausbildungsvorbereitung mit Qualifizierungsbausteinen als ein wesentliches Strukturelement in das Berufsbildungsgesetz (BBiG) zum 01. Januar 2003 ist in diesem Zusammenhang ein bedeutsamer Schritt. Hierdurch wird Betrieben verstärkt die Möglichkeit gegeben, durch eigene Ausbildungsvorbereitungsangebote und den Einsatz von Qualifizierungsbausteinen benachteiligten jungen Menschen ausbildungsrelevante Grundlagen und erste berufliche Erfahrungen im Betrieb zu vermitteln, so deren Potenziale kennen zu lernen und sie an eine betriebliche Berufsausbildung heranzuführen. Angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels erhöhen sich dadurch auch die Chancen für Betriebe, zusätzliche Bewerber für die Ausbildung von qualifiziertem Personal zu gewinnen. Diese Möglichkeiten und Chancen sollten Betriebe intensiv nutzen.

II.
Die Vorteile des Einsatzes von Qualifizierungsbausteinen sollten auch im Rahmen der schulischen Berufsausbildungsvorbereitung an berufsbildenden Schulen offensiv genutzt werden. Eine Anlehnung an die Regelungen im BBiG (§§ 50 – 52) sollte erfolgen.

III.
Die Bundesagentur für Arbeit hat in ihrem neuen Fachkonzept für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen den Einsatz von Qualifizierungsbausteinen berücksichtigt. Sie sollte gegenüber den Maßnahmeträgern darauf hinwirken, dass dieses Element der Berufsausbildungsvorbereitung aktiv genutzt wird, um auch hierdurch den Übergang und die Verzahnung von Berufsausbildungsvorbereitung und anschließender Berufsausbildung zu intensivieren.1

IV.
Im Interesse der betroffenen Jugendlichen sollten alle Kompetenzen und Ressourcen gebündelt werden. Hierzu bedarf es einer engen Kooperation von Betrieben, Bildungsträgern und berufsbildenden Schulen, um adäquate Angebote zur Vorbereitung von benachteiligten Jugendlichen auf Ausbildung und Beruf zu schaffen und so ihre dauerhafte berufliche Integration sicherzustellen. Die Beteiligten sollten sich frühzeitig mit den zuständigen Stellen und den Agenturen für Arbeit abstimmen.

V.
Qualifizierungsbausteine stellen eine – aufgrund ihres Praxisbezugs – wichtige Form der Berufsausbildungsvorbereitung dar. Sie eröffnen die Möglichkeit, jungen Menschen im Rahmen der Berufsausbildungsvorbereitung ausbildungsrelevante Grundlagen sowie erste berufliche Erfahrungen zu vermitteln, die sich unmittelbar aus bestehenden Ausbildungsordnungen ableiten und die Jugendlichen an eine anschließende betriebliche Berufsausbildung heranführen. An der betrieblichen Praxis orientierte Qualifizierungsbausteine bieten auch Einblick in die Strukturen des Erwerbslebens, des Lernens bzw. Arbeitens unter „Normalbedingungen“ und verdeutlichen die Ausbildungsanforderungen eines Berufes, d.h. die Jugendlichen bekommen eine Vorstellung von der Realität. Das Konzept der Qualifizierungsbausteine zielt daher primär auf eine bessere Integration benachteiligter junger Menschen in eine Berufsausbildung und nicht auf eine Vermittlung von abprüfbaren Teilqualifikationen unterhalb des Berufsabschlusses. Als inhaltlich und zeitlich abgegrenzte Lerneinheiten, die aus den Inhalten anerkannter und durch Ausbildungsordnungen geregelter Ausbildungsberufe entwickelt werden, ersetzen sie keine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf.

Erfolgreich absolvierte Qualifizierungsbausteine können ggf. im Einzelfall den Nachweis zur Verkürzung der Ausbildungszeit einer anschließenden Berufsausbildung erbringen (§ 29 Abs. 2 BBiG).

VI.
Der Bund unterstützt die Entwicklung und den Einsatz von Qualifizierungsbausteinen durch die Förderung einschlägiger Projekte, von denen das Projekt des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) in Zusammenarbeit mit der Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk (ZWH) besondere Bedeutung erlangt hat. Ferner hat das BIBB beispielhafte Qualifizierungsbausteine aus Ausbildungsberufen des Bereichs der Industrie- und Handelskammern entwickelt und dazu eine Handreichung herausgegeben.

Der Hauptausschuss empfiehlt Betrieben, Bildungsträgern und Ländern, die Qualifizierungsbausteine im Rahmen der Berufsvorbereitung einsetzen wollen, möglichst auf diese Beispiele zurückzugreifen bzw. als Grundlage für ggf. notwendige Anpassungen und Weiterentwicklungen zu verwenden. Daneben können auch geeignete neue Qualifizierungsbausteine entwickelt werden. Sie sollten sich in Struktur und Qualität an den vorhandenen Beispielen orientieren. Von einer zuständigen Stelle bereits bestätigte Qualifizierungsbilder implizieren die materiell-rechtliche Feststellung der Übereinstimmung mit der Berufsausbildungsvorbereitungs-Bescheinigungsverordnung (BAVBVO); sie können daher ohne erneute Bestätigung auch im Bereich anderer zuständiger Stellen verwendet werden.

VII.
Der Hauptausschuss weist darauf hin, dass beim Good Practice Center Benachteiligtenförderung (GPC) des BIBB eine Datenbank eingerichtet wurde, in der bundeszentral alle nach der BAVBVO erstellten, durch die Kammern bestätigten Qualifizierungsbausteine gesammelt und nach einheitlichem Muster dokumentiert werden. Diese Datenbank steht den Kammern, den Betrieben und den Bildungsträgern zur Information und zum Transfer zur Verfügung. (Weitere Infos über unten stehenden Link)

Darüber hinaus hat das GPC folgende, ebenfalls unter der vorgenannten Internetadresse verfügbare Hilfestellungen ausgearbeitet:

· Übersicht über häufig gestellte Fragen mit entsprechenden Antworten zur Entwicklung und Verwendung von Qualifizierungsbausteinen (QB) nach BBiG – sog. FAQ – QB – (frequently asked questions);
· Checkliste zur Bestätigung von Qualifizierungsbildern.
Diese Checkliste wurde in Zusammenarbeit mit ZDH und ZWH ausgearbeitet und soll den zuständigen Stellen wichtige Hinweise geben, was bei der Bestätigung von Qualifizierungsbildern in der Berufsausbildungsvorbereitung zu beachten ist.

VIII.
Die Berufsausbildungsvorbereitung von lernbeeinträchtigten und sozial benachteiligten Jugendlichen in Betrieben kann auch als Einstiegsqualifizierung nach dem Sonderprogramm Einstiegsqualifizierung Jugendlicher (EQJ-Programm) gefördert werden, das ab 01.10.2004 für drei Jahre gilt. Danach kann privaten Arbeitgebern, wenn die Voraussetzungen vorliegen, auf Antrag die Vergütung der Einstiegsqualifizierung bis zu einer Höhe von 192 ¤ monatlich zuzüglich eines pauschalierten Anteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von 102 ¤ durch die örtlich zuständige Agentur für Arbeit erstattet werden.

Im Zuge des am 01. Januar 2004 in Kraft getretenen Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wurde im SGB III die Möglichkeit geschaffen, dass Arbeitgeber – befristet bis zum 31.12.2007 – durch Übernahme der Kosten für eine notwendige sozialpädagogische Begleitung während der Berufsausbildungsvorbereitung nach dem BBiG von der Bundesagentur für Arbeit gefördert werden können (§ 421m SGB III). Entsprechende Anträge können bei den örtlichen Arbeitsagenturen gestellt werden.

Media Contact

Dr. Ilona Zeuch-Wiese idw

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