Empfehlung des Bundesinstituts für Berufsbildung zum EUROPASS

Der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hat auf seiner Sitzung am 8. Dezember 2004 das Thema „EUROPASS (Rahmenkonzept zur Förderung der Transparenz von Qualifikationen und Kompetenzen)“ beraten und dazu folgende Empfehlung verabschiedet:

1. Einschätzung

Die Schaffung eines einheitlichen europäischen Transparenzrahmens für Bildung und Qualifizierung – EUROPASS – wird begrüßt. Als Ergebnis des Brügge-Kopenhagen-Prozesses bietet der EUROPASS auch für die berufliche Bildung ein wichtiges Instrument, um die Mobilität von Auszubildenden und Arbeitnehmern im europäischen Bildungsraum zu dokumentieren und zu fördern.

Das vorgeschlagene Rahmenkonzept bietet europaweit die Möglichkeit, ein individuelles und erweitertes Kompetenz- und Qualifikationsprofil von Lernenden und Beschäftigten sichtbar zu machen. Auf dieser Grundlage wird sich zeigen, ob sich die Mobilität sowie die erwarteten positiven Qualifikations- und Beschäftigungseffekte in Europa weiter verbessern lassen.

Die Erweiterung und Integration bisher unverbundener Einzeldokumente zu einem einheitlichen Bildungs- und Qualifizierungsportfolio wird als Vorteil für grenzüberschreitende Mobilität bewertet. Ergänzend zu nationalen Befähigungsnachweisen steht den Unternehmen künftig eine erweiterte Bewertungsgrundlage zur Verfügung, die grenzüberschreitend Qualifizierungsaktivitäten und Beschäftigung fördern kann. Die Konzeptionierung als elektronisches Format ist geeignet, seine Akzeptanz und Nutzung zu erhöhen. Auf ein Papierformat ist dennoch nicht zu verzichten.

Das Rahmenkonzept umfasst fünf Einzeldokumente:

§ EUROPASS-Lebenslauf
§ EUROPASS-Zeugniserläuterung (für die Berufsbildung)
§ EUROPASS-Mobilität (bisher: Europass Berufsbildung)
§ EUROPASS-Diplomzusatz (für die Hochschulen)
§ EUROPASS-Sprachenportfolio

2. Grundsätze

Mit dem EUROPASS-Rahmenkonzept sollen vor allem die Chancen für Auslandserfahrungen – z. B. von Schülern, Auszubildenden und Beschäftigten -, grenzüberschreitende Aus- und Weiterbildung sowie Beschäftigung erhöht werden. Gestaltung, Einsatz und Anwendung müssen sich am wandelnden Bedarf der Beschäftigten und Arbeitgeber und den damit verbundenen Beschäftigungsmöglichkeiten orientieren. Da der EUROPASS sowohl für Arbeitnehmer als auch Unternehmen von Interesse ist, sollte ein verkehrsfähiges Format im Vordergrund stehen, das Akzeptanz und Nutzen fördert. Hinweise der Wirtschaft und Gewerkschaften, die sich aus der praktischen Einführung und Anwendung des EUROPASS ergeben, sollten sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene Berücksichtigung finden, um auch künftig den Tranzpa-renzrahmen bedarfs- und nutzergerecht zu erhalten.

Das Prinzip der Freiwilligkeit ist für alle Beteiligten zu beachten. Jedoch sollte die Nutzung der neuen EUROPASS-Dokumente mit ihrer Einführung jedem Teilnehmer der beruflichen Aus- und Weiterbildung zugänglich und verfügbar sein.

Zentrale Zielrichtung ist es, die Transparenz von im eigenen Land und in anderen europäischen Ländern erworbenen Qualifikationen und Kompetenzen zu verbessern. Unterstützt und erleichtert werden damit die geografische und berufliche Mobilität. In einer befristeten Erprobungsphase sollte überprüft werden, ob und in welchem Umfang der EUROPASS die Zielsetzung befördert. Der Hauptausschuss empfiehlt, dass alle beteiligten Akteure mitwirken, um durch geeignete flankierende Maßnahmen die Einführung zu unterstützen und zu begleiten.

Der neue EUROPASS soll individuelle Qualifikations- und Kompetenzprofile sichtbar machen, was über formale berufliche Befähigungsnachweise hinausgeht. Davon können sowohl die Beschäftigten über erweiterte Beschäftigungsmöglichkeiten als auch die Unternehmen und die europäischen Arbeitsmärkte insgesamt profitieren. Der EUROPASS ist jedoch kein Instrument zur Harmonisierung von Qualifikationsprofilen oder zur generellen Anerkennung von nonformal erworbenen Kompetenzen.

Die breite Nutzung des neuen EUROPASS bedarf flankierender Maßnahmen: Sowohl sachgerechte und breit gestreute Informationen als auch konkrete Unterstützungsangebote für Beschäftigte, Bildungsträger, Unternehmen und insbesondere KMU entscheiden über die Akzeptanz des EUROPASS. Dazu stehen die EU-Kommission, die Bundesregierung und die weiteren Akteure der beruflichen Bildung in der Verantwortung. Der Hauptausschuss empfiehlt, dass sich alle Beteiligten im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und Möglichkeiten für eine breite Nutzung einsetzen, um darüber auch die Attraktivität der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu stärken.

Ein Nationales EUROPASS-Centrum (NEC) zur Information und zur Beratung könnte als zentrale Anlaufstelle fungieren. Der Hauptausschuss empfiehlt, dass der Bund seine Finanzierung sicherstellt, und fordert die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass sich die Europäische Kommission auch über die Entwicklungsphase bis 2005 hinaus an der Finanzierung beteiligt.

Aufgabe des NEC ist es, mit anderen Netzwerken zu kooperieren, damit umfassende Informations- und Beratungsdienstleistungen gewährleistet werden. National sollten die jetzigen Ausgabestellen des EUROPASS-Berufsbildung beibehalten werden. Informations- und Beratungsdienstleistungen der Sozialpartner sollten mit Einführung des EUROPASS befördert werden.

Der Hauptausschuss begrüßt, dass der Europass vor allem innerhalb der Europäischen Union angewendet werden soll. Darüber hinaus sollten auch Nachweise europäischer Drittstaaten mit aufgenommen werden.

3. Spezifische Vorschläge

Für die Berufsbildung ist die Zeugniserläuterung von zentralem Interesse. Die Erläuterung ist nicht als persönliches Dokument geplant. Der Hauptausschuss fordert, dass die Sozialpartner bei der Erstellung von Zeugniserläuterungen entscheidend mitwirken. Es muss rasch ein Arbeitsgremium von Bundesregierung und Wirtschaft und Gewerkschaften eingesetzt werden, das die Abschlüsse aus der dualen Berufsausbildung und der bundeseinheitlich geregelten Weiterbildung in das Raster der Zeugniserläuterung bringt. Der Hauptausschuss empfiehlt, dass die Länder und die zuständigen Stellen für ihren jeweils zuständigen Verantwortungsbereich Zeugniserläuterungen erstellen. Eine Datenbank sollte eingerichtet werden.

Der Hauptausschuss empfiehlt vor der Durchführung von Qualifizierungsphasen im Ausland klare Absprachen zwischen durchführenden und aufnehmenden Einrichtungen zu treffen, um die Qualität der Auslandsaufenthalte zu sichern. Dazu sollten die zur Verfügung stehenden EU-Muster und Kriterien genutzt werden. Zur Orientierung könnte die Vereinbarung aus dem Leonardo-Mobilitätsprogramm dienen. Ferner sollten diese Materialien auch bei der NEC erhältlich sein. Zudem ist eine Beteiligung der NEC zweckmäßig, um einen Überblick über Quantität und Qualität der durchgeführten Maßnahmen zu gewinnen sowie Daten für die Evaluation zu ermitteln.

4. Perspektiven

Mit dem Vorschlag der EU-Kommission wird mit dem EUROPASS ein neues wichtiges Instrument zur Förderung beruflicher Mobilität in Europa geschaffen. Damit die angestrebte erhöhte Mobilität in Europa ein Stück mehr Realität werden kann, sollte der neue EUROPASS künftig jedem Teilnehmer der beruflichen Aus- und Weiterbildung zugänglich sein.

Der neue EUROPASS eröffnet zusätzliche Chancen für die internationale Qualifizierung der Beschäftigten. Die damit verbesserten Beschäftigungsmöglichkeiten können so einen Beitrag zur Lissabon-Strategie leisten, in der bessere Wettbewerbsfähigkeit und bessere Arbeitsplätze mit einem größeren sozialen Zusammenhalt integral angestrebt werden.“

Media Contact

Dr. Ilona Zeuch-Wiese idw

Weitere Informationen:

http://www.bibb.de/

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