Heidelberg führend in der Verbundforschung

Bericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Verbundforschung vorgelegt – Heidelberg an der Spitze der Förderung – Fachgutachter bescheinigen hervorragendes wissenschaftliches Niveau – Große Freude an der Ruperto Carola

Wissenschaftliche Großgeräte wie Teilchenbeschleuniger, Speicherringe für die Erzeugung von Synchrotronstrahlung und Neutronenquellen oder astrophysikalische Teleskope sind in der modernen Forschung unentbehrlich geworden. Jedoch lassen sich die gewaltigen Kosten für den Bau, den Betrieb oder die Nutzung nur durch Kooperation auf nationaler oder internationaler Ebene aufbringen. Einen wesentlichen Anteil hieran hat die so genannte Verbundforschung, mit der das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das enge Zusammenwirken von Wissenschaftlern aus Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen mit den Großgeräten in nationalen und internationalen Forschungszentren fördert. Die Verbundforschung ist deshalb noch mehr als andere Fördermaßnahmen übergreifend angelegt – also auf gemeinsame Forschungen ausgerichtet, die übergreifend über verschiedene Einrichtungen, überregional, interdisziplinär und auf Basis internationaler Wissenschaftskooperation ablaufen.

„Dass Heidelberg hier im Bezug auf die Fördersummen die Führungsposition innerhalb der deutschen Hochschullandschaft innehat, ist deshalb ein weiterer Beweis für den erfolgreichen Aufbau von nationalen und internationalen Netzwerken“, meinte hierzu Dr. Jens Hemmelskamp, Leiter des Forschungsdezernats in der Zentralen Verwaltung der Universität Heidelberg.

Ein kürzlich vorgelegter Bericht des BMBF machte dies erneut deutlich. Er belegt, dass die Forschungen auf den Gebieten Hadronen- und Kernphysik, Elementarteilchenphysik, Astrophysik, Physik der kondensierten Materie sowie Neue Mathematik für Industrie und Dienstleistungen, die mit Fördermitteln des BMBF unterstützt worden sind, ein wissenschaftlich hervorragendes Niveau aufweisen. „Damit bestätigt sich erneut, dass am Standort Heidelberg die Weichen in der Vergangenheit richtig gestellt wurden – was wiederum künftige Forschungsaktivitäten sichert“, freut sich Jens Hemmelskamp. Immerhin zielt das BMBF mit dem „Förderinstrument Verbundforschung“ nicht nur auf eine optimale Nutzung der vorwiegend mit Bundesmitteln errichteten Forschungsgeräte. Durch Bereitstellung von zusätzlichen Projektmitteln im Wettbewerb wird die Mitwirkung besonders leistungsfähiger Wissenschaftlergruppen – beispielsweise aus Heidelberg – an der Nutzung der Großgeräte für Forschungsaktivitäten zu grundsätzlichen und übergreifenden Fragestellungen der Naturwissenschaften garantiert.

„Gerade in Zeiten des Wettbewerbs zwischen den Spitzenuniversitäten stellt solch eine Unterstützung eine ganz wesentliche Standortaufwertung dar“, ist sich Dr. Hemmelskamp sicher. Im Gegenzug darf man indes auch nicht vergessen, dass positive Rankingergebnisse, die in jüngster Zeit gerade der Heidelberger Physik beste Noten bescherten, zu einem nicht zu vernachlässigenden Teil aus den Mitteln der Verbundforschung stammen. „Zusammenfassend könnte man deshalb sagen, dass das Verhältnis zwischen Drittmitteleinsatz und Output in Heidelberg einfach stimmt – dass die Gelder ideal eingesetzt werden“, fasst Dr. Hemmelskamp die für die Ruperto Carola so erfreulichen Ergebnisse zusammen.

So befinden sich die Forschungen des Bereichs Hadronen- und Kernphysik laut Aussage des Ministeriumsberichts im internationalen Vergleich an vorderster Front der Wissenschaft, orientieren sich doch die Zielsetzungen der entsprechenden Gruppen an den zentralen offenen Fragen in der physikalischen Grundlagenforschung, vor denen die Weltgemeinde der Hadronen- und der Elementarteilchenphysik insgesamt steht. Besonders beeindruckt haben hierbei die experimentellen und theoretischen Ergebnisse zu Schwerionenstößen an Beschleunigeranlagen. Von den Fachgutachtern wurde es darüber hinaus als besonders wertvoll erachtet, dass die Forschungen zu Symmetrieverletzungen bei niedrigen Energien, die einen wichtigen Beitrag zu neuer Physik jenseits des gegenwärtigen Standardmodells der Teilchenphysik leisten, in der Neckarstadt eine langfristige Perspektive haben.

Auch in der experimentellen Elementarteilchenphysik genießt Heidelberg Weltruf. Die Forschungsgruppen haben mit Erfolg an CERN- und DESY-Experimenten teilgenommen, so dass sie bei der „Europäischen Organisation für Kernforschung“ wie auch beim „Deutschen Elektronen-Synchrotron“ als wichtige Partner großes Ansehen genießen. Ihre international ausgezeichnete Position haben sich die Heidelberger Forschungsgruppen auch aufgrund der erstklassigen Ausstattung mit Labors und Werkstätten erwerben können, die eine wichtige Grundlage für die Einwerbung hoher Fördermittel aus der Verbundforschung des BMBF bilden. Dabei sind die jüngst errichteten Physikgebäude und deren Ausstattung von besonderem Wert. Dennoch weisen die Fachgutachter auf die Notwendigkeit des zweiten Bauabschnitts für die Physikgebäude hin, um den exzellenten Stand in der Forschung und bei der Einwerbung von Drittmitteln langfristig zu gewährleisten. Als Fazit blieb die Erkenntnis, dass die technischen Entwicklungen zu Detektoren für die Hadronen- und Kernphysik sowie für die Teilchenphysik einschließlich der sehr anspruchsvollen elektronischen Entwicklungen des Kirchhoff-Instituts für Physik internationales Spitzenniveau haben. Allerdings wiesen die Gutachter auch auf die Gefahr hin, dass aufgrund von drohenden Reduzierungen im Personalbereich notwendige Vorarbeiten für die Datennahme und Physikanalyse zu weit zurückgestellt werden müssten.

Außerordentlich beeindruckt waren die Gutachter auch von den Ergebnissen des Bereichs Astronomie/Astrophysik und Astroteilchenphysik – und hier insbesondere von den Beobachtungsprojekten, die am Very Large Telescope VLT der Europäische Südsternwarte (ESO – European Southern Observatory) durchgeführt wurden. Die unter Federführung der Landessternwarte Heidelberg gebauten Instrumente funktionieren exzellent und avancierten längst zu den wichtigsten Arbeitspferden der VLT-Teleskope in Chile. Hierdurch konnte sich die Landessternwarte großes internationales Ansehen erwerben. Jedoch wurde dringend empfohlen, bei der Eingliederung der Landessternwarte in die Universität auf Einschnitte beim Budget oder dem Personal möglichst zu verzichten. Immerhin gewinnt die Universität mit der Landessternwarte eine in der Wissenschaft weltweit geachtete Institution, die ihr insgesamt zu großem Vorteil gereichen wird.

Auch die Beteiligung am Sonderprogramm „Neue Mathematik in Industrie und Dienstleistungen“ wurde von den Gutachtern lobend erwähnt. Hierbei wurde der Universität zum Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen (IWR) und der dort geleisteten Arbeit gratuliert – wobei diese Einrichtung auch künftig unterstützt und gefördert werden soll. „Das IWR hat ein einmaliges wissenschaftliches Profil und gehört zu den bedeutendsten Einrichtungen dieser Art auf der ganzen Welt. Die Forschungsgruppen gehören in der Angewandten Mathematik zur absoluten internationalen Spitze“, erklärte hierzu Dr. Reiner Köpke vom Ministerium in einem Brief an den Rektor der Universität, Prof. Peter Hommelhoff. „Die direkte Zusammenarbeit des IWR mit Industriefirmen sowie Banken ist einmalig, wobei der Transfer neuer mathematisch-theoretischer Resultate, die Neuentwicklung von Algorithmen und numerischen Verfahren bis hin zu neuen Simulationstechniken in der direkten Zusammenarbeit mit den Partnern zu Problemlösungen führt, die mit herkömmlichen Verfahren nicht möglich wären. Darüber hinaus fördert die ständige Zusammenarbeit von Industrie und Wissenschaft die Motivation für die Entwicklung völlig neuer Mathematik in den bearbeiteten Anwendungsbereichen.“

In Heidelberg nimmt man solche Sätze – wie auch den gesamten jüngsten Bericht zur Verbundforschung – mit Freude und Genugtuung zur Kenntnis. „Immerhin ist die Konkurrenz um die Gelder sehr groß“, weiß Physik-Dekanin Prof. Dr. Johanna Stachel zu berichten. „Ein gutes Abschneiden im alle drei Jahre stattfindenden Gutachterbericht ist entsprechend wichtig. Denn letztlich werden erfahrungsgemäß rund drei- bis viermal so viele Mittel beantragt, wie überhaupt zur Verfügung stehen. Dass Heidelberg hier an der Spitze der Förderung steht, freut einen da natürlich besonders.“ Ein schöneres Weihnachtsgeschenk könnte sich die Ruperto Carola deshalb wohl kaum wünschen.
Heiko P. Wacker

Rückfragen bitte an:

Dr. Jens Hemmelskamp
Leiter des Forschungsdezernats in der Zentralen Universitätsverwaltung Heidelberg
Tel. 06221 542145, Fax 06221 543599
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