Studie fordert neue Wege in der beruflichen Bildung

Berufspädagogik-Professor Rothe legt brisante Untersuchung vor

PISA ist überall: Auch in der dualen beruflichen Ausbildung herrscht in Deutschland gewaltiger Reformbedarf, wie die steigende Jugendarbeitslosigkeit und der Mangeln an Fachkräften zeigen. Doch es gibt Wege aus der Misere, wie Professor Georg Rothe, emeritierter Ordinarius für Berufspädagogik an der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Karlsruhe (TH), aufzeigt. Nach mehreren Ländervergleichen legt Rothe als Leiter der Projektgruppe Vergleichende Berufspädagogik die Studie

„Alternanz – die EU-Konzeption für die Berufsausbildung
Erfahrungslernen Hand in Hand mit Abschnitten systematischer Ausbildung“

vor. Bereits 1979 sprach die EU die Empfehlung aus, das so genannte „alternierende Vorgehen“ zum Grundsatz europäischer Bildungspolitik zu erheben. Damit ist der Wechsel gemeint von Erfahrungslernen im Betrieb und Abschnitten systematischer Ausbildung in Teilzeitschulen oder Ausbildungszentren. Als weitere Zielsetzung rückte die EU die volle Integration der betriebsgebundenen Ausbildung ins Bildungssystem in den Vordergrund.

In der Zwischenzeit wenden die EU-Mitgliedstaaten diese Grundsätze an und entwickeln sie weiter. Nur in Deutschland werden sie bis heute nicht beachtet. Dabei kommt die nun von Rothe vorgelegte Studie, die ergänzende Beiträge von Experten umfasst, zu einem verblüffenden Ergebnis: Würde die Alternanz auch in Deutschland eingeführt, könnten das bestehende Defizit an Ausbildungsplätzen für Schulabgänger sowie der Mangel an qualifizierten Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt überwunden werden.

Ausbildungsgänge nach dem Prinzip der Alternanz werden jeweils bestimmten Berufsbildungsebenen zugeordnet; sie richten sich nach Vorbildung und Abschluss. Generell schließen sie Pflicht- und Wahlmodule ein, womit nach Auffassung Rothes ein weiterer Ausbau der erworbenen Qualifikation rasch und kostengünstig erfolgen kann. Er plädiert auch dafür, nach dem Grundsatz „Ausbilden statt Vorbereiten“ auf der unteren Qualifikationsebene Bildungsgänge kürzerer Dauer anzubieten. Diese seien dann gezielt auf den Übertritt in die Arbeitswelt auszurichten und könnten in Deutschland helfen, den Bestand an über 350.000 Jugendlichen in Warteschleifen abzubauen. Diese Initiativen würden auch dazu beitragen, den Ausbildungsbeginn von derzeit durchschnittlich 19 Jahren auf den Zeitpunkt der Schulentlassung vorzuverlegen.

Nach Professor Rothes Ansicht wertet das alternierende Vorgehen das Erfahrungslernen im Betrieb auf und schlägt Brücken zum Grundsatz lebensbegleitenden Lernens, dem weltweit eine immer größere Bedeutung zukommt. Positiver Nebeneffekt: Wird tatsächlich Alternanz angewandt, ergeben sich laut Rothes Untersuchung sowohl für die Betriebe als auch für die öffentliche Hand deutlich niedrigere Kosten und es wäre gewährleistet, dass der aktuelle Qualifikationsbedarf kurzfristig gedeckt werden kann.

Herausgeber der Studie ist der Universitätsverlag Karlsruhe. Die Studie kann im Internet bestellt werden.

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Dr. Elisabeth Zuber-Knost idw

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