Ungarn und Deutschland gründen neues IuK-Forschungsinstitut

Bulmahn: „Spitzenleistung in der Informationstechnologie zusammen führen“

Ungarn und Deutschland bauen ihre technologische Zusammenarbeit mit der Gründung eines neuen Forschungsinstitut für die Informations- und Kommunikationstechnologie weiter aus. Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn und der ungarische Bildungsminister Balínt Magyar unterzeichneten am Mittwoch in Budapest eine Gemeinsame Erklärung zur Weiterentwicklung und Intensivierung ihrer Zusammenarbeit in der wissenschaftlichen Forschung und der technologischen Entwicklung. Die Startinvestitionen in Höhe von sechs Millionen Euro tragen beide Länder zu gleichen Teilen.

Bulmahn bezeichnete die Erklärung als neue Dimension der Kooperation. „Wir führen die Spitzenleistungen in der Informationstechnologie zusammen und schaffen damit die Basis zur Erschließung neuer Märkte und für zukunftssichere Arbeitsplätze in beiden Ländern.“ Ungarn und Deutschland profilierten sich damit als Vorreiter für das Zusammenwachsen des Kontinents. „Wir leisten einen wesentlichen Beitrag, um Europa zur innovativsten Region der Welt zu machen“, sagte Bulmahn.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert das Pilotvorhaben mit 1,5 Millionen Euro. Von der Fraunhofer Gesellschaft kommen noch einmal eine Million Euro, das Land Rheinland-Pfalz ist mit 500.000 Euro beteiligt. Nach erfolgreicher Arbeit soll in vier Jahren mit der Kooperation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Budapest und Kaiserslautern das erste Fraunhofer-Institut in Mittel-, Süd- und Osteuropa entstehen.

An der Zusammenarbeit sind auf ungarischer Seite die Universität Budapest und das dortige Bay-Zoltan Forschungszentrum beteiligt. In Deutschland sind es das Fraunhofer Institut für Software Engineering (IESE) sowie die Technische Universität Kaiserslautern.

Erster Arbeitsschwerpunkt wird der Bereich der „Ambient Intelligence“ (AmI), die sich mit interaktiven Computersystemen für den Alltag beschäftigt. Sie schaffen eine „intelligente Umgebung“, die sensitiv and adaptiv auf die Anwesenheit von Menschen und Objekten reagiert und vielfältige Dienste anbietet. Dazu gehört etwa das betreute Wohnen mit Hilfen für ältere und behinderte Menschen, die Telemedizin sowie Gesundheitsvor- und nachsorge. Gleichzeitig werden optimierte Arbeitsabläufe bei der Produktion von Gütern und der Montage von Anlagen möglich. Anwendungen gibt es etwa auch in Automobilen und Flugzeugen.

AmI-Systeme verfügen über eine Vielzahl von Schnittstellen zum Menschen und zu ihrer sonstigen Umgebung. Sie übernehmen die Konvertierung zwischen den externen Informationsquellen, etwa dem Internet, und der digitalen Signalverarbeitung. Diese muss Sprach-, Bild-, Bewegungsinformationen und Umgebungsbedingungen verarbeiten. AmI- Systeme benötigen zahlreiche verschiedenartige Sensoren. Zusammen mit der zugehörigen Auswerte- und Kommunikationselektronik müssen sie möglichst klein sein und möglichst unauffällig in ihre Umgebung integriert werden. Ein herausfordernder Aspekt ist dabei der äußerst geringe Energieverbrauch. AmI-Geräte sollen in Wände, Kleidung oder Körper eingebaut werden und meist über ihren gesamten Lebenszyklus autark und ohne Batteriewechsel arbeiten.

Für die Ambient Intelligence arbeiten Expertinnen und Experten aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Elektrotechnik, Neurologie, Psychologie, interdisziplinärer zusammen. Dazu gehören die Mikroelektronik, die Mobilkommunikation, das Software Engineering sowie die Mensch-Maschine-Interaktion.

Gemeinsame Erklärung über Zusammenarbeit in der wissenschaftlichen Forschung und technologischen Entwicklung zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung
der Bundesrepublik Deutschland und dem Ministerium für Bildung der Republik Ungarn

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung der Bundesrepublik Deutschland und das Ministerium für Bildung der Republik Ungarn bekunden:

– im Bestreben, die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ungarn auf der Grundlage der gemeinsamen Europäischen Ziele zu vertiefen,

– unter Berücksichtigung der gemeinsamen Herausforderungen für Forschung und Technologie, welche die in der Erklärung des Europäischen Rates von Lissabon vom 24. März 2000 und der Erklärung des Europäischen Rates von Barcelona vom 16. März 2002 vereinbarten Ziele für beide Länder darstellen, die auch neue Perspektiven der Zusammenarbeit eröffnen,

– im Hinblick darauf, dass der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und der Ministerpräsident der Republik Ungarn sich anlässlich ihres Treffens am 19. November 2003 in Budapest dafür ausgesprochen haben, mittels der Verflechtung von Forschungseinrichtungen die bisherige wissenschaftlich-technologische und wirtschaftliche Zusammenarbeit der beiden Staaten zu intensivieren,

den gemeinsamen Wunsch, die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Forschung und Technologie zu verstärken.

Beide Seiten teilen die Auffassung, dass

– die Verknüpfung von Forschung und Industrie von gegenseitigem Vorteil für die Entwicklung beider Länder ist,

– die deutsch-ungarische wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit ausgebaut werden soll, im Interesse der schnellen gemeinsamen Umsetzung von Wissen in Produkte und Dienstleistungen, die zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und des Wohlstandes beider Länder beiträgt,

– die Zusammenarbeit in deutsch-ungarischen Forschungsbasen geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen, insbesondere durch die Zusammenarbeit deutscher und ungarischer Forschungseinrichtungen und Unternehmen in mehrjährigen Projekten,

– die regionalen Wissenszentren das Potential haben, Innovationen und damit wirtschaftliches Wachstum und Arbeitsplätze in beiden Ländern zu schaffen,

– kleineren und mittleren Unternehmen neben den Großunternehmen in diesem Innovationsprozess eine besondere Bedeutung zukommt.

Aus diesen Gründen wollen beide Seiten eine Verteilte Projektgruppe „Ambient Intelligence“ als Pilotprojekt und Nukleus eines von Ungarn zu gründenden Bay- Zoltan- Instituts einrichten. Die Verteilte Projektgruppe soll in Ungarn am Bay- Zoltan- Zentrum in Budapest und in der Bundesrepublik Deutschland am Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE) in Kaiserslautern angesiedelt werden. Nach Auffassung beider Seiten ist ein solches Vorhaben für eine Zusammenarbeit besonders geeignet, da es im Zukunftsbereich „Ambient Intelligence“ um die Entwicklung intelligenter Dienstleistungen geht, die unsichtbar und pro-aktiv den Menschen unter anderem in den Bereichen Gesundheit, Medizintechnik, Automobil- und Maschinenbau unterstützen, und daher Kompetenzen aus den Disziplinen Informatik, Elektronik, Mathematik und Psychologie erfordern.

Die Verteilte Projektgruppe soll von Deutschland und Ungarn zu gleichen Teilen finanziert werden; in Deutschland vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG), in Ungarn vom Nationalen Amt für Forschung und Technologie (NKTH). Beide Seiten begrüßen die beabsichtigte Beteiligung des Landes Rheinland-Pfalz an diesem Projekt. Das Institut soll Basis und Modell eines ersten Fraunhofer-Instituts in Mittel-, Süd- und Ost-Europa werden.

Beide Seiten teilen die Überzeugung, dass weitere deutsch-ungarische Forschungsbasen,, wie sie sich zum Beispiel an der Universität Miskolc oder auch in Szeged abzeichnen, zur Entwicklung der Region einen wesentlichen Beitrag leisten können.

Diese Gemeinsame Erklärung wird in zweifacher Ausfertigung, jeweils in deutscher und ungarischer Sprache, unterzeichnet.

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Dieter Rombach
Fraunhofer Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE)
Kaiserslautern
Tel.: 06301 707 101
E-mail: dieter.rombach@iese.fraunhofer.de

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Silvia von Einsiedel idw

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