Kommission will der Grundlagenforschung Auftrieb verleihen

In Brüssel stellte heute das für Forschung zuständige Mitglied der Europäischen Kommission Philippe Busquin den Entwurf der EU über die Grundlagenforschung vor. Die Mitteilung „Europa und die Grundlagenforschung” gibt einen Überblick über die Grundlagenforschung in der EU im Vergleich zu anderen Teilen der Erde einschließlich der Vereinigten Staaten und Japans und fordert zu einer Debatte darüber auf, wie dieser Forschungsbereich gefördert werden kann. Die Grundlagenforschung ist ein wichtiger Bestandteil der europäischen Wissenschaftslandschaft und ein Bereich, in dem Europa immer an der Spitze gestanden hat. In den letzten beiden Jahrzehnten wurde sie jedoch durch andere Prioritäten in den Schatten gestellt – vor allem durch die angewandte, marktorientierte Forschung. Europa kann es sich jedoch nicht leisten, die Grundlagenforschung zu vernachlässigen. In den letzten Monaten hat die Wissenschaftsgemeinde eine intensive Debatte über bestehenden Handlungsbedarf eingeleitet. Durch die Annahme dieser Mitteilung möchte die Kommission einen Beitrag zu dieser Diskussion leisten.

“Anstatt die Frage zu stellen, wie die Zukunft der Grundlagenforschung in Europa aussieht, sollten wir uns eigentlich fragen, wie die Zukunft Europas ohne Grundlagenforschung aussähe”, sagt Kommissionsmitglied Philippe Busquin. „Unser ehrgeiziges Ziel des Aufbaus einer wissensgestützten Gesellschaft und eines Europäischen Forschungsraums erfordert eine breite wissenschaftliche Basis und hochqualifiziertes Humankapital. Die Grundlagenforschung ist die Antwort auf Beides. Die Grundlagenforschung von heute wird das Wachstum, die Wettbewerbsfähigkeit und die bessere Lebensqualität von morgen sein. Die Vereinigten Staaten haben das begriffen. Die EU hinkt immer noch hinterher. Mit unserem Aufruf möchten wir wachrütteln: wir müssen jetzt handeln, um diese Situation umzukehren und die Kluft zu schließen.”

Was kann die Grundlagenforschung leisten?

Es gibt kaum eine Neuerung des 20. Jahrhunderts, die nicht auf grundlegendes wissenschaftliches Denken zurückgeht. Zwei der jüngsten Erfolge illustrieren dies:

– Die im heutigen Global Positioning System (GPS) verwendeten Atomuhren wurden in den 40er Jahren entwickelt, um Einsteins allgemeine Relativitätstheorie zu überprüfen.

– Der World Wide Web (WWW) wurde von der Europäischen Organisation für Kernforschung CERN mit Sitz in Genf erfunden, um die Kommunikation mit ihren zahlreichen internationalen Partnern zu verbessern.

Beide Entdeckungen haben zu technologischen Schlüsselanwendungen und Märkten mit Umsätzen in Höhe von Milliarden Euros geführt, Millionen von Stellen geschaffen und unser tägliches Leben leichter und sicherer gemacht. Dies hat die Unterstützung durch den öffentlichen Sektor ermöglicht. Aber in der Grundlagenforschung geht es nicht nur um potenzielle Anwendungen. Auch bei der Ausbildung von Wissenschaftlern spielt sie eine wesentliche Rolle. Durch Arbeiten in Pionierbereichen erwerben die Wissenschaftler Fertigkeiten und Fähigkeiten, die sie während ihrer gesamten Laufbahn nutzen werden.

Wo steht Europa?

Gute Noten bei den Veröffentlichungen, nicht so gute bei den Zitierungen. Bei den weltweiten Veröffentlichungen liegt Europa mit 41,3 % an der Spitze, im Vergleich zu 31,4 % für die Vereinigten Staaten. Bei der Anzahl der Verweise, die als der beste Indikator für die Qualität der Forschung gilt, steht Europa in den meisten Disziplinen hinten an. Die Wissenschaftler der Vereinigten Staaten können rund ein Drittel mehr an Verweisen für sich verbuchen. Europa hat bei den Nobelpreisverleihungen des frühen zwanzigsten Jahrhunderts sehr gute Ergebnisse erzielt, aber seither gingen die Leistungen beständig zurück.

Die Fragmentierung der Forschungssysteme Europas aufgrund struktureller Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union hat sich in verschiedener Hinsicht ausgewirkt: fehlende Zusammenarbeit und Koordinierung, kein Erreichen der kritischen Masse und – wichtiger noch – fehlender Wettbewerb auf europäischer Ebene.

Aussichten für die Zukunft

Es ist Zeit für eine neue Definition des europäischen Mehrwerts, indem den einzelnen Wissenschaftlern in allen europäischen Ländern die Möglichkeit eröffnet wird, sich mit allen anderen Wissenschaftlern auf der Grundlage von Spitzenleistungen zu messen. Die Einzelstipendien („Individual grants“) der Nationalen Stiftung für Wissenschaft NSF (National Science Foundation) der Vereinigten Staaten werden nach einem solchen Konzept vergeben. Das NSF-Konzept hat sich als sehr wirksam zur Förderung der Grundlagenforschung erwiesen. Ein solches Konzept wäre eine sinnvolle Ergänzung zur derzeitigen Politik der Förderung von Zusammenarbeit und Verbundarbeit auf europäischer Ebene.

Innovative Konzepte

Eine hochrangige Sachverständigengruppe unter dem Vorsitz von Herrn Federico Mayor hat die Durchführbarkeit der Einrichtung eines “Europäischen Forschungsrates” für Grundlagenforschung untersucht und entsprechende Empfehlungen erarbeitet. Die Kommission, die mit den Schlussfolgerungen des Berichts übereinstimmt, wird Vorschläge für die Einführung derartiger Forschungsinstrumente entwickeln und dies und die verstärkte Unterstützung für Grundlagenforschung zu einem der Schwerpunkte der künftigen Forschungsmaßnahmen der Union machen. Die Einzelheiten dieser Maßnahmen einschließlich der möglichen Einrichtung eines „Europäischen Forschungsrates“ werden Gegenstand einer breiter angelegten politischen Diskussion in den kommenden Monaten sein.

Unmittelbarer Handlungsbedarf

Parallel zu diesem Versuch, Spitzenleistungen in der Grundlagenforschung durch den Wettbewerb zu fördern, werden eine stärkere europäische Unterstützung der Forschungsinfrastruktur und eine Förderung der Einrichtung von Leistungszentren in der erweiterten Union von grundlegender Bedeutung sein. Zu den weiteren Maßnahmen gehören eine stärkere Unterstützung der Weiterentwicklung der Humanressourcen, der Fortbildung der Wissenschaftler und der wissenschaftlichen Laufbahnentwicklung, die Förderung von Zusammenarbeit und Verbundarbeit sowie eine bessere Koordinierung der einzelstaatlichen Maßnahmen, Strategien und Programme auf dem Gebiet der Grundlagenforschung.

Fabio Fabbi: 02/2964174
Lone Mikkelsen: 02/2960567

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Fabio Fabbi Europäische Kommission

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