Ohne Grundlagenforschung keine Innovationen

Max-Planck-Gesellschaft Initiator von Schlüsseltechnologien / Innovationsoffensive braucht starke Projektförderung

Bei ihrer Jahrespressekonferenz in Berlin hat die Max-Planck-Gesellschaft die Rolle der Grundlagenforschung als „erstes Glied in der Wertschöpfungskette“ und damit als die „unverzichtbare Voraussetzung für Innovationen in Forschung und Industrie“ hervorgehoben. Die Entwicklung von Schlüsseltechnologien für den industriellen Fortschritt am Ende der Wertschöpfungskette brauche eine starke Grundlagenforschung, deren Finanzierung mittel- und langfristig gesichert sein müsse. Prof. Peter Gruss, der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, sieht daher in der für 2004 von Bund und Ländern beschlossenen dreiprozentigen Steigerung in den Basis-Haushalten der Forschungsorganisationen ein „ermutigendes Zeichen“. Die jetzt notwendige Innovationsoffensive in Deutschland muss jedoch auch auf eine starke Projektförderung bauen können, mahnt Gruss.

„Innovationen in Wissenschaft und Wirtschaft brauchen erkenntnisorientierte, anwendungsoffene Grundlagenforschung“, erklärt Peter Gruss. Als „erstes Glied in der Wertschöpfungskette“ und damit „Initiator künftiger Technologiefelder“ könne die Max-Planck-Gesellschaft einen wichtigen Beitrag für die jetzt notwendige umfassende Innovationspolitik des Staates leisten. Eine solche Politik müsse durch entsprechende Rahmensetzung ein „innovationsfreundliches Klima“ schaffen, damit Wissenschaft und Wirtschaft ihre Rolle im Prozess von Fortschritt und Erneuerung selbstverantwortlich wahrnehmen können.

Bei der Jahrespressekonferenz in Berlin erläuterte Gruss, wie sich aus aktuellen oder geplanten Forschungsprojekten von Max-Planck-Instituten gerade auch Schlüsseltechnologien der Zukunft entwickeln könnten. Beispiel Nanotechnologie: Hier erforschen Max-Planck-Wissenschaftler die Grundlagen für Alternativen zur siliziumbasierten Elektronik. Die Stichworte lauten: Polymerelektronik, Biochips oder molekulare Computer. Gerade in der Computertechnologie sind wichtige Innovationen zu erwarten, die bis zur rein optischen Datenverarbeitung reichen. Von Lichtteilchen (Photonen) gesteuerte Rechenprozesse könnten heutige Computer tausendmal schneller machen.

Parallel arbeiten Max-Planck-Wissenschaftler an der Entwicklung von Software der nächsten Generation. Innovative Softwaretechnik eröffnet völlig neue Möglichkeiten im Automobil- oder Flugzeugbau, aber auch für Telekommunikationssysteme der Zukunft. Dabei müssen auch Antworten auf neue und wesentlich komplexere Fragen hinsichtlich der Daten- und Zugriffssicherheit gefunden werden. Die Forschungsorganisation hat daher die Gründung eines Max-Planck-Instituts für Softwaresysteme vorgeschlagen.

Weitere Schlüsseltechnologien, an deren Grundlagen verschiedene Max-Planck-Institute arbeiten, betreffen die Energieforschung (Kernfusion, Brennstoffzellen), die Biotechnologie, Genomforschung und Pharmakologie sowie die Medizintechnik und medizinische Diagnostik. Beispiel Pharmakogenetik: Hier sollen neue Wirkstoffe auf einzelne Patienten abgestimmt und damit die Voraussetzungen für eine Individualmedizin geschaffen werden. Wesentliche Fortschritte zeichnen sich auch in der Neurobiologie an der „Schnittstelle von Mensch und Maschine“ ab. So arbeiten Max-Planck-Institute beispielsweise an den Grundlagen für elektronische Systeme, die in Zukunft auch Funktionen von Nervenzellen ersetzen könnten.

Außerdem will die Max-Planck-Gesellschaft die genetischen, molekularen, sozialen, psychologischen und demografischen Aspekte des Alterns erforschen. Ziel ist es, die Alterungsprozesse zu verstehen, um auf dieser Grundlage Mittel und Wege zu finden, wie die Schere zwischen Alters- und Gesundheitsspanne geschlossen werden könnte („gesundes Altern“). Eine von Präsident Gruss eingesetzte Kommission hat kürzlich für die Alternsforschung eigene Forschungsinitiativen unter Beteiligung mehrerer Max-Planck-Institute und darüber hinaus die Gründung neuer Forschungseinrichtungen vorgeschlagen.

„Unsere Forschungsprojekte sind langfristig angelegt. Nur wenn ihre Finanzierung über die gesamte Laufzeit gesichert ist, können sie die Grundlagen für Innovationen in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft bilden“, ergänzt Dr. Barbara Bludau, die Generalsekretärin der Max-Planck-Gesellschaft. Die Ankündigung des Bundeskanzlers in seiner Regierungserklärung vom 14. März, die Etats der großen Forschungsorganisationen in den nächsten Jahren wieder um drei Prozent zu erhöhen, werten Generalsekretärin und Präsident als „ermutigendes Signal“, das mit „großer Dankbarkeit“ aufgenommen wird. Der Drei-Prozent-Zuwachs bedeutet ein Plus von 28 Mio. Euro für den institutionellen Grundhaushalt der Max-Planck-Gesellschaft.

Dieser Grundhaushalt wurde 2002 im Rahmen der bmbf-Projektförderung zusätzlich um rund 60 Mio. Euro aufgestockt. Das entspricht rund fünf Prozent des gesamten Jahresetats der Max-Planck-Gesellschaft (1,24 Mrd. Euro). Deshalb stellt die Projektförderung eine wichtige Ergänzung zur institutionellen Basisfinanzierung dar. Durch Projektmittel werden Forschungsvorhaben über die einzelnen universitären wie außeruniversitären Einrichtungen hinweg vernetzt und die Kräfte zu „kritischen Massen“ gebündelt, die dann auch im internationalen Wettbewerb bestehen können. Projektmittel schaffen zusätzlich Möglichkeiten, aktuelle Forschungsthemen kurzfristig aufzugreifen und auch im Verbund mit der Industrie zu bearbeiten.

Präsident Gruss appelliert daher, an einer starken Projektförderung durch das bmbf fest zu halten, denn: „Kürzungen der Projektmittel können zu einer Unterfinanzierung in der deutschen Wissenschaft und zu einer Schwächung unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit führen“. Deshalb müssten die deutschen Forschungsinvestitionen weiter gesteigert werden. Zum Vergleich: Während Deutschland 2001 nur 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung investiert hat, gaben die USA im gleichen Zeitraum 2,8, Japan 3,1 und Schweden sogar 4,3 Prozent aus. Noch deutlicher wirkt dieser Rückstand in absoluten Zahlen: 2002 wurden in Deutschland 55 Mrd. Dollar, in den USA hingegen 292 Mrd. Dollar für die Forschung bereitgestellt. Allein der Zuwachs bei den US-amerikanischen National Institutes of Health übertrifft die Gesamtbudgets von DFG und Max-Planck-Gesellschaft zusammen.

Ein nach Überzeugung von Peter Gruss „richtiges Zeichen“ setzte deshalb der Präsident der Bundesbank, Ernst Welteke. Sein Vorschlag zielte dahin, die Erlöse aus den Verkäufen eines Teils der Goldreserven für die Förderung von Bildungs- und Forschungsaktivitäten zu verwenden. Dieser Verkaufserlös sollte als Grundstock in einen Fonds zur Forschungsförderung fließen, aus dessen Erträgen die Wissenschaft dauerhaft unterstützt werden könnte. „Eine solche Initiative bringt allerdings nur dann einen Schub, wenn nicht wieder an anderer Stelle in den staatlichen Bildungs- und Forschungshaushalten gespart wird“, betont Gruss.

Deshalb appelliert die Max-Planck-Gesellschaft an Bund und Länder, Mittel und Wege zu suchen, wie der Forschung in mittel- und langfristiger Perspektive die dringend notwendige finanzielle Planungssicherheit gewährt werden kann. Die Wissenschaftsorganisation unterstützt daher eine Reform im Prozess der Forschungsfinanzierung durch Bund und Länder, ohne vom Prinzip der Gemeinschaftsfinanzierung abzurücken. Dabei sollte die Möglichkeit geschaffen werden, über mehrere Jahre festgelegte Haushalte zu vereinbaren. Beschlüsse der Bund-Länder-Kommission sollten künftig nur mit qualifizierter Mehrheit der Regierungen von Bund und Ländern und nicht – wie bisher – durch ein Einzelvotum aufgehoben werden können. Solche Beschlüsse hätten dann auch bei den Haushaltsberatungen der Parlamente größeres Gewicht.

„Wir wollen an der Gemeinschaftsfinanzierung der Max-Planck-Gesellschaft durch Bund und Länder festhalten. Die Ausgestaltung im Detail muss jedoch überprüft und angepasst werden. Wir werden daher unsere Vorschläge in die Diskussion um die Reform der Gemeinschaftsfinanzierung im Rahmen der jetzt anstehenden Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung einbringen“, kündigt Peter Gruss an.

Media Contact

Dr. Bernd Wirsing Max-Planck-Gesellschaft

Weitere Informationen:

http://www.mpg.de

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