DFG richtet sieben neue Sonderforschungsbereiche ein

Zum 1. Januar 2004 wird die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) sieben neue Sonderforschungsbereiche einrichten, darunter drei transregionale Sonderforschungsbereiche. Dies beschloss der zuständige Bewilligungsausschuss in seiner Sitzung am 18. und 19. November 2003. Insgesamt wird die DFG ab Januar 2004 an 61 Hochschulen 264 Sonderforschungsbereiche und elf Transferbereiche fördern, für die rund 363 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

Sonderforschungsbereiche ermöglichen bei zeitlicher Begrenzung – in der Regel auf zwölf Jahre – und regelmäßiger strenger Begutachtung die Durchführung aufwändiger Forschungsvorhaben an den Hochschulen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen und auch mit der Wirtschaft kooperieren.

Abweichend von der Form des ortsgebundenen Sonderforschungsbereichs, der der Profilbildung einer Universität dient, werden transregionale Sonderforschungsbereiche von mehreren, in der Regel zwei bis drei Hochschulen gemeinsam beantragt. Transregio dienen dazu, einen Forschungsschwerpunkt auszubauen, der die Kooperation verschiedener Universitäten erfordert, deren Beiträge sich auf hohem wissenschaftlichem Niveau ergänzen.

Die neuen Sonderforschungsbereiche im Einzelnen:

Geistes- und Sozialwissenschaften

Der Sonderforschungsbereich „Governance und die Effizienz ökonomischer Systeme“ ist ein Transregio, der an den vier Standorten Mannheim, Berlin, München und Bonn eingerichtet wird. Er untersucht die Strukturen in Unternehmen, Organisationen und Märkten, die das Verhalten der am Wirtschaftsleben beteiligten Personen steuern. Darunter fallen Entscheidungs- und Kontrollstrukturen, Anreizsysteme für Manager und Mitarbeiter, die Wettbewerbsintensität oder der Grad staatlicher Regulierung. Zum methodischen Instrumentarium gehören insbesondere die Spieltheorie, die Vertragstheorie, die Gestaltung von Auktionen und Turnieren, die Institutionenökonomik und die Kapitalmarkttheorie. Die Theorie ist jeweils eng mit experimentellen, empirischen und mathematisch-statistischen Untersuchungen verknüpft.
Sprecher: Prof. Dr. Konrad Stahl, Universität Mannheim, Tel. 0621/181 1875

Biologie und Medizin

Wie verläuft das Lernen und wie funktioniert das Gedächtnis bei verschiedenen krankhaften Störungen? Dieser Frage gehen Forscher aus den Bereichen molekulare und genetische Neurobiologie, experimentelle Psychologie und biologische Psychiatrie nach, die zu dem neuen Heidelberger Sonderforschungsbereich „Lernen, Gedächtnis und Plastizität des Gehirns: Implikationen für die Psychopathologie“ gehören. Weitere beteiligte Institute sind das Deutsche Krebsforschungszentrum und das Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg. Langfristiges Ziel der Arbeiten ist es, vom Verständnis der Mechanismen des Lernens ausgehend Behandlungsansätze zu entwickeln.
Sprecherin: Prof. Dr. Herta Flor, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Tel. 0621/1703 918

Ebenfalls an der Universität Heidelberg ist der neue Sonderforschungsbereich „Dynamik makromolekularer Komplexe im biosynthetischen Transport“ angesiedelt. Er widmet sich zentralen Fragen auf dem Gebiet der molekularen Zellbiologie: Wie kommen Proteine und deren Vorläufermoleküle von ihrem Entstehungsort in der Zelle zu ihrem Einsatzort? Wie wird dieser Transport reguliert und welche Moleküle sind daran beteiligt? Viren nutzen die Funktionen der Zelle für ihre Vermehrung. Sie sind daher ein gutes Modell, um die Transportprozesse innerhalb der Zelle zu untersuchen. Langfristiges Ziel des Sonderforschungsbereichs ist es, zur Aufdeckung generalisierbarer zellbiologischer Funktionen beizutragen und es möglich zu machen, die Vermehrung von Viren zu verhindern.
Sprecher: Prof. Dr. Felix Wieland, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Tel. 06221/54 4150

Membran-Mikrodomänen, die man auch als Lipid-Rafts bezeichnet, sind Anordnungen von Lipiden (Fetten) und Eiweißen in biologischen Membranen. Sie spielen bei zahlreichen biologischen Prozessen eine zentrale Rolle, insbesondere beim Stofftransport zwischen den Zellen und bei der Übermittlung von Signalen. So sind sie unter anderem beteiligt am Wachstum und an der Differenzierung von Zellen sowie an der Immunerkennung. Der neue Transregio „Membran-Mikrodomänen und ihre Rolle bei Erkrankungen des Menschen“ mit Standorten an den Universitäten Regensburg, Dresden und Heidelberg hat es sich zum Ziel gesetzt, wesentliche Aspekte der molekularen Zellbiologie von Membran-Mikrodomänen aufzuklären. Mit Hilfe dieser Erkenntnisse soll die Rolle der Lipid-Rafts bei menschlichen Erkrankungen, etwa bei der Alzheimer-Krankheit, untersucht werden.
Sprecher: Prof. Dr. Gerd Schmitz, Universität Regensburg, Tel. 0941/944 6201

Ingenieurwissenschaften

„Selbststeuerung logistischer Prozesse – Ein Paradigmenwechsel und seine Grenzen“ heißt ein neuer Sonderforschungsbereich an der Universität Bremen. Sein Ziel ist die systematische und breit angelegte Erforschung und Nutzbarmachung der Selbststeuerung als ein neues Modell für logistische Prozesse. Der Begriff „Selbststeuerung“ soll dabei Konzepte sowohl aus der Managementlehre wie auch den Ingenieurwissenschaften umfassen. Nach der Entwicklung eines theoretischen Rahmens für die Modellierung selbststeuernder logistischer Prozesse geht es um die Schaffung von Methoden und Werkzeugen für effiziente, dynamische Steuerungsverfahren sowie ihre Kommunikation und Koordination. Schließlich werden die Auswirkungen auf Logistiksysteme und deren Weiterentwicklung durch veränderte Steuerungsmethoden und Óprozesse untersucht.
Sprecher: Prof. Dr. Otthein Herzog, Universität Bremen, Tel. 0421/218 7090

Textilverstärkte Verbundstoffe besitzen im Vergleich zu anderen Werkstoffgruppen die größte Flexibilität bei der Anpassung ihrer Struktur an Belastungen und sind somit für die im Leichtbau bei komplexen Anforderungen gebotene Mischbauweise besonders geeignet. Der an der Technischen Universität Dresden bewilligte Sonderforschungsbereich „Textilverstärkte Verbundkomponenten für funktionsintegrierende Mischbauweisen bei komplexen Leichtbauanwendungen“ wird die wissenschaftlichen Grundlagen und Methoden zur Entwicklung und Nutzung neuartiger Textilverbunde für innovative Mischbauweisen erarbeiten. Wissenschaftler aus den Fakultäten Maschinenwesen sowie Elektrotechnik und Informationstechnik kooperieren dabei mit Kollegen eines Fraunhofer- und eines Leibniz-Instituts, die ebenfalls in Dresden angesiedelt sind.
Sprecher: Prof. Dr.-Ing. habil. Werner Hufenbach, TU Dresden, Tel. 0351/463 38140

Fehler in sicherheitskritischen Computersystemen von Flugzeugen, Zügen oder Autos können Leben gefährden. Daher ist ihre Kontrolle von äußerster Wichtigkeit. Bisher erlaubt die Technik nur die automatische Überprüfung und Analyse von begrenzten Aspekten solcher Systeme, wie zum Beispiel ihrer Stabilität oder Kontinuität. Informatiker der Universitäten Oldenburg, Freiburg und Saarbrücken sowie des Max-Planck-Instituts für Informatik in Saarbrücken werden in dem neuen Transregio „Automatische Verifikation und Analyse komplexer Systeme“ diese Systeme analysieren. Sie haben das Ziel, die Technologie auf eine neue Ebene zu heben, auf der eine umfassende und ganzheitliche Überprüfung komplexer Systeme sowie die Vorhersage ihrer Verlässlichkeit möglich ist.
Sprecher: Prof. Dr. Werner Damm, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Tel. 0441/9722 500

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Dr. Eva-Maria Streier idw

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