Neuer Studiengang zu Südasien

Alte Kulturen – neue Mächte

Der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem modernen Südasien – insbesondere Indien – kommt immer größere Bedeutung zu. Das zeigt nicht zuletzt auch die gegenwärtige „Greencard“-Diskussion. Die sprachliche, kulturelle und religiöse Vielfalt dieser Region wie auch die Lebendigkeit von Tradition und Geschichte, die selbst aktuelle Prozesse massiv beeinflussen, erfordern jedoch einen neuartigen Ansatz, der verschiedene, bisher eher getrennte Disziplinen vereint. Diese Überlegungen haben zur Entwicklung des neuen Studiengangs „Sprachen und Kulturen des neuzeitlichen Südasiens“ an der Martin-Luther-Universität geführt, der nach erfolgter Genehmigung durch das Kultusministerium zum Wintersemester 2000/2001 eingeführt werden soll.

Indien und Südasien
Vor allem die „regionale Großmacht“ Indien ist für den Bedeutungszuwachs Südasiens verantwortlich. Die – bezogen auf die Binnenkaufkraft – hinter den USA, China, Japan und Deutschland inzwischen fünftgrößte Wirtschaftsmacht der Erde hat nicht nur einen bedeutenden Platz im Bereich der Softwareentwicklung inne, sondern auch eine eigene Produktion im Waffen-, Kernenergie- und Weltraumsektor. Neben den USA, Japan und Deutschland gehört Indien zu den wenigen Ländern, die selbstentwickelte Supercomputer herstellen können. Zudem sind Südasiaten, insbesondere Inder, eine bedeutsame „pressure group“ in mehreren Industrieländern der Welt, beispielsweise in den USA, wo sie die erfolgreichste und wohlhabendste asiatische Einwanderergruppe bilden.

Kultur- und Gedankenwelt verstehen
Der Studiengang „Sprachen und Kulturen des neuzeitlichen Südasiens“ geht davon aus, dass der erfolgreiche Zugang zu den Menschen einer bestimmten Region – auch als Absatzmarkt für Waren und Dienstleistungen – über die dortige Kultur und Gedankenwelt erfolgen muss. Das beinhaltet natürlich die sprachliche Erschließung. Bei einer derart heterogenen Region wie Südasien kann dieser Zugang niemals umfassend sein, doch es wird der Versuch unternommen, ein möglichst breites Fundament zu schaffen, auf dem dann weiter aufgebaut werden kann. Das belegen schon die für das Hauptfachstudium vorgeschriebenen Sprachkurse: Neben der Kenntnis zweier moderner südasiatischer Sprachen werden Grundkenntnisse sowohl des Sanskrit als auch des Persischen verlangt.

Interdisziplinäre Vernetzung
Angesichts der äußerst begrenzten Möglichkeiten für einschlägige Studien in Deutschland muss dieses Fach eine Weiterentwicklung in verschiedene Richtungen ermöglichen, von linguistischen, literatur- und religionskundlichen Studien bis hin zu gesellschaftswissenschaftlichen Schwerpunkten oder der Kombination mit wirtschaftswissenschaftlichen Fächern. Ermöglicht wird dies durch interdisziplinäre Vernetzung. Zu nennen sind hier einerseits Pflichtanteile, die auch von diversen Fächern wie Indologie, Islamwissenschaft, Sprachwissen-schaft und Medienwissenschaft abgedeckt werden. Andererseits sind möglichst wenige Lehrinhalte vorgeschrieben, so dass Relevantes aus einem breiten Spektrum von Fächern an der Martin-Luther-Universität sowie an anderen umliegenden Einrichtungen in das Studium integriert werden kann. Dabei handelt es sich vorerst um die Universitäten in Leipzig, Jena und Erfurt sowie die Fachhochschule Merseburg.

Keine zusätzlichen Gelder – keine neuen Stellen
Die Vernetzung ermöglicht es, das nicht unerhebliche einschlägige Potenzial in Mitteldeutschland anzuzapfen und gleichzeitig ohne zusätzliche neue Stellen für Lehrkräfte auszukommen! Ein Faktor, der angesichts der desolaten Lage der öffentlichen Finanzen Hervorhebung verdient.
Der Studiengang wird am derzeitigen Institut für Indologie beheimatet sein, das mit der Einführung seinen Namen in Institut für Indologie und Südasienwissenschaften ändert.

Ein Schwerpunkt: Bengalen
Einen Schwerpunkt ist die Beschäftigung mit dem zwischen Indien und Bangladesch aufgeteilten Bengalen, denn diese Region, deren Wichtigkeit bereits oben angedeutet wurde und die – über beide Länder verteilt – die größte Ansammlung von Muslimen in Südasien beherbergt, nimmt eine Sonderstellung ein.
Kalkutta, das geistige Zentrum Britisch-Indiens, war nach London die zweite Stadt des Empire. Auch im heutigen Indien gilt sie als die bedeutendste Kulturmetropole. Das moderne Zeitalter zog vor allem über Kalkutta und vornehmlich durch das Medium der bengalischen Sprache in Südasien ein, besonders durch das Wirken hinduistischer Bengalen.
Ein tieferes Verständnis aktueller Entwicklungen in Südasien bedarf daher zwingend der wissenschaftlichen interdisziplinären Durchdringung dieses Gebietes und seiner Kultur. Schon seit einigen Jahren gibt es hierzu an der Martin-Luther-Universität ein Postgraduiertenstudium: Die erste Dissertation erhielt 1998 den Forschungspreis der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.

Prof. Dr. Rahul Peter Das / Dr. Monika Lindner

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Rahul Peter Das
Tel.: 0345/552 36 52
Fax: 0345/552 72 11
E-Mail: das@indologie.uni-halle.de

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Ingrid Godenrath

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