HRK-Positionen zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland


Die Positionen der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland hat das 193. HRK-Plenum am 20. Februar in Berlin formuliert. Die HRK fasst damit die Auffassung der Hochschulen über die notwendigen Entwicklungsstränge zu einem wettbewerbsfähigen Wissenschaftssystem zusammen. Anlass dazu war die Veröffentlichung der „Thesen zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland“ im Juli letzten Jahres.

Das Konzept enthält im Wesentlichen folgende Elemente:

– Deutschland muss auch über Europa hinaus ein weltweit wirkendes Zentrum der Wissenschaft bilden und sich für qualifizierte Studierende und herausragende Nachwuchsforscher aus aller Welt weiter öffnen.

– Die europäische Union bildet einen ersten Schwerpunkt der Internationalisierung der Wissenschaft. Ziel ist ein transparenter und mobilitätsfördernder europäischer Bildungs- und Forschungsraum. Die EU-Programme zur Forschungsförderung sollten transparenter und ausschließlich an Qualitätskriterien orientiert sein, zumal die EU-Förderung die höchste Zuwachsrate von allen Drittmittelquellen der Hochschulen aufweist. Hochschulen sollten bei der Kommission nicht nur als Adressaten von Bildungsprogrammen angesehen werden, sondern in vergleichbarer Weise wie die außeruniversitären Einrichtungen an Forschungsprogrammen teilhaben.

– Die Rahmenbedingungen für die Anwerbung ausländischer Studierender müssen verbessert und die deutschen Hochschulen in die Lage versetzt werden, die Studierenden angemessen zu betreuen. In diesem Zusammenhang sollten die Hochschulen bei postgradualen Programmen die Möglichkeit, Studiengebühren zu erheben, ausschöpfen. Die Länder sollten als ein Kriterium für ihre Mittelzuweisungen an die Hochschulen auch die Zahl internationaler Studierender und Wissenschaftler verwenden.

– Die Mittelverteilung zwischen und innerhalb der Hochschulen sollte zum Teil leistungsbezogen erfolgen. Als Basis eines solchen wettbewerblichen Systems ist aber eine ausreichende Grundausstattung notwendig, um die Hochschule „drittmittelfähig“ zu halten und die Kraft der Wissenschaftler zu sichern, auch gegen den „main-stream“ in Erwartung des Unerwarteten zu arbeiten. Die in mehreren deutschen Ländern leider anhaltende Entwicklung, dass die Grundausstattung gegenüber den Drittmitteln immer weiter zurückgeht, muss gestoppt werden. Die staatlichen Grundmittel für Forschung und Lehre müssen insgesamt von derzeit 0,8 Prozent des BIP auf deutlich über ein Prozent erhöht werden, um wenigstens wieder den Stand von 1977 zu erreichen.

– Forschungsplanung darf die Potentiale der Forschung in dem bereits erwähnten Sinne der Erwartung des Unerwarteten nicht einschränken; dabei entspricht die formale Trennung von grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung nicht mehr der Realität. Eine Förderung der Anwendungsorientierung könnte optimal durch eine stärker integrierte Förderung der Prozesskette erreicht werden, die von der an Erkenntnis und Theoriebildung interessierten Grundlagenforschung bis hin zur angewandten Forschung und gezielten Entwicklung von Prototypen reicht und über Themen bzw. dialogorientierte Programmverbünde definiert wird.

– Die Zahl der Studierenden an Fachhochschulen sollte weiter wachsen. Zusätzlich kann der Nachfrage der Studierenden nach kooperativen Studienangeboten von Fachhochschulen und Universitäten Rechnung getragen werden. Auch gestufte Studienangebote kommen dem entgegen. Die Laufbahnvorschriften des öffentlichen Dienstes dürfen sich nicht länger ausschließlich am formalen Bildungsabschluss orientieren.

– In überlasteten Fächern sind bei unzureichender personeller, baulicher wie apparativer Grundausstattung die meisten Universitäten im Wettbewerb um einen Teil der Drittmittel gegenüber den außeruniversitären Forschungseinrichtungen benachteiligt. Hier ist endlich eine Trendwende erforderlich. Voraussetzung sind auch wissenschaftsangemessene Kapazitätsparameter, d.h. international wettbewerbsfähige Betreuungsrelationen zwischen Lehrenden und Lernenden. Die Nachwuchsförderung sollte künftig verstärkt auch in Kooperation mit außeruniversitären Einrichtungen stattfinden.

– Die Hochschulen müssen – insbesondere im Rahmen der Bund-Länder-Förderung des Hochschulbaus – finanziell in die Lage versetzt werden, als Knotenpunkte wissenschaftlicher Information die Chancen der Informations- und Kommunikationstechnologie zu nutzen. Virtuelle Lehr- und Lernformen sollten als Chance zur Verbesserung der Qualität von Lehre und Studium verstanden werden. Dringend erforderlich ist im Zuge der technologischen Entwicklung auch eine Zusammenführung der Aufgaben von Bibliotheken und Rechenzentren.

– Die Stärkung der Eigenverantwortung der Hochschulen muss mit der Entwicklung transparenter Erfolgsparameter einhergehen. Akkreditierung, Zertifizierung und Evaluation sollen Mindeststandards sichern. Auf dieser Basis können dann auch Spitzenleistungen identifiziert werden.

(Text der Entschließung im Internet unter www.hrk.de)

Weitere Informationen finden Sie im WWW:

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Susanne Schilden idw

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