Jacobs University leitet Forschungsprojekt zur Eigentumsentflechtung in der Energiebranche

Diese und andere Fragen der Eigentumsentflechtung bei Energiegroßkonzernen stehen im Mittelpunkt des Projektes „UNECOM: Unbundling of Energy Companies – Will it be worth it?“ (http://www.unecom.de), das jetzt unter der Leitung von Gert Brunekreeft, Jacobs Professor of Energy Economics, startete.

An dem 720.000-Euro-Projekt mit 1,5 Jahren Laufzeit beteiligen sich außerdem die Ruhr-Universität Bochum, die niederländische Universiteit van Tilburg, die Technische Universiteit Delft sowie die Wirtschaftsuniversität Wien.

Im Herbst 2007 stellte die Europäische Kommission ihre Gesetzesvorhaben zur weiteren Umgestaltung des europäischen Energiemarktes vor. Wichtigster und zugleich umstrittenster Vorschlag ist die erzwungene eigentumsrechtliche Trennung des Netzbetriebs von den Bereichen der Energieerzeugung und -vermarktung bei sogenannten „integrierten“ Energieunternehmen.

In der öffentlichen Debatte um die geplanten Direktiven bezweifeln Ökonomen, Techniker und Juristen, dass unabhängige Netzwerkbetreiber tatsächlich den Wettbewerb ankurbeln und so günstigere Energiepreise entstehen, und befürchten außerdem, dass die Entkopplung des Netzwerkbetriebes die dauerhafte Netz- und Energieversorgungssicherheit gefährdet.

„Bei der Eigentumsentflechtung in der Energiewirtschaft stehen europaweit weit mehr als nur riesige Geldsummen auf dem Spiel. Obwohl die wissenschaftliche wie politische Diskussion in den betroffenen EU-Ländern und in Brüssel intensiv geführt wird, ist das Problem bei weitem noch nicht ausreichend analysiert und empirische Daten für eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Abwägung sind zurzeit praktisch noch nicht verfügbar. Diese Informationslücken wollen wir jetzt schließen“, sagt Projektleiter Gert Brunekreeft über die Zielsetzung des neu gestarteten UNECOM-Forschungskonsortiums. Der Jacobs-Professor und Leiter des Bremer Energieinstitutes ist Spezialist für Energieökonomie in Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien.

Um der vielschichtigen Problematik gerecht zu werden, setzt das Projekt UNECOM neben der Internationalität des Forschungsverbundes auf Interdisziplinarität: Theoretisch wie empirisch wollen die Projektpartner die wirtschaftlichen, verwaltungs- und managementtechnischen, rechtlichen und technologischen Aspekte der Eigentumsentflechtung erforschen. Gert Brunekreeft: „In Bremen befassen wir uns vor allem mit wirtschaftswissenschaftlichen und verwaltungstechnischen Fragen: Mit Hilfe einer sozialen Kosten-Nutzen-Analyse (SCBA, Social Cost Benefit Analysis) wollen wir untersuchen, ob der 'Wohlfahrtsgewinn' der von der EU verordnete Marktintervention tatsächlich die durch sie verursachten Kosten überwiegt. Die wichtigste Frage in diesem Zusammenhang ist die nach den Auswirkungen der angestrebten Wettbewerbssteigerung: Wie wirkt die Wettbewerbssteigerung auf die Gesamtwirtschaft aus und wer profitiert am meisten von etwaigen Umverteilungseffekten? Voraussetzung für eine SCBA ist unter anderem eine detaillierte empirische Untersuchung der Eigentumsentflechtung mit ökonometrischen Methoden, die wir hier durchführen werden. Darüber hinaus wollen wir untersuchen, wie Entscheidungen über nötige Langzeitinvestitionen, sowohl in die Netzwerke als auch in die Energieproduktionsanlagen, zwischen zukünftig unabhängigen aber dennoch notwendigerweise interagierenden Partnern gefällt werden können.“

Neben den wirtschaftwissenschaftlichen Untersuchungen in Bremen und Wien, sind Mittelpunkt der rechtlichen Studien, die überwiegend in Bochum und Tilburg durchgeführt werden, vor allem Fragen nach den Konflikten zwischen nationalstaatlicher und EU-Legislative bei der Entwicklung und Implementierung der geplanten neuen Energiedirektiven. Technologische und institutionspolitische Kompatibilitätsprobleme einer dezentralisierten Energiewirtschaft mit konkurrierenden Akteuren werden schwerpunktmäßig in Delft untersucht. Finanziert wird UNECOM von dem holländischen Wissenschaftsrat „Next Generation Infrastructures Foundation“ (NGInfra), der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, der RWE Energy AG und dem Verbund Austrian Power Grit (APG) aus Österreich.

Fragen zum Projekt beantwortet:

Prof. Dr. Gert Brunekreeft | Professor of Energy Economics
(http://www.jacobs-university.de/directory/gbrunekreeft/index.php)
Tel: +49 (0)421 200-3497
g.brunekreeft@jacobs-university.de

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Dr. Kristin Beck idw

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