Autos schneller auf die Straße bringen

Autohersteller können mit der Softwareplattform IDEE Kosten sparen – hier der Prototyp eines Kotflügels. (© Fraunhofer ICT)<br>

Eine neuartige Software soll Unternehmen beim Umsetzen der Aufgaben unterstützen und helfen, Entwicklungszeiten und -kosten zu reduzieren.

Die Automobilbranche steht vor großen Herausforderungen: Neue Modelle kommen in immer kürzeren Abständen auf den Markt, Produkte werden aufwändiger, der Trend hin zum Elektroauto fordert veränderte Fahrzeugstrukturen. Europäische Standorte geraten durch die Niedriglohnländer zusehends unter Kostendruck.

Um wettbewerbsfähig bleiben zu können, sind Kostensenkungen, kürzere Bearbeitungszeiten, neue Materialien und Montagetechniken erforderlich. An der Umsetzung dieser Maßnahmen arbeiten 23 Unternehmen aus Industrie und Forschung im EU-Projekt Pegasus (www.pegasus-eu.net). Partner aus der Forschung ist das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT in Pfinztal, das sein Know-how aus dem Bereich Polymer Engineering einbringt. Gemeinsam haben die Projektpartner eine Softwareplattform entwickelt, die Entwicklungszeiten und -kosten reduzieren soll.

Bei dieser integrierten Design- und Entwicklungsumgebung (kurz IDEE) handelt es sich um eine CAD/CAE-/CAM-Software, die mit einer lernfähigen Datenbank verknüpft ist. Sie analysiert die funktionellen Anforderungen eines Produkts und erkennt die passenden Werkstoffe in einem frühen Stadium des Entwicklungsprozesses. Soll etwa ein Autodach in einem anderen Material als bisher hergestellt werden, muss nicht extra ein neuer Entwicklungsprozess durchlaufen werden. Stattdessen lesen die Konstrukteure die Bauteildaten in die Software ein. Sie bewertet und wählt dann geeignete Materialien sowie Verarbeitungsverfahren aus. Zudem liefert die Plattform Konstruktionsrichtlinien für die Auslegung des passenden Werkzeugs zum Herstellen des Bauteils. Wie diese Plattform funktionieren könnte, demonstrieren die Projektpartner am Beispiel eines Kotflügels mit integriertem LED-Rücklicht.

»Wir haben den Original-Kotflügel eines Smart verwendet. Im Projekt konnten wir zeigen, wie sich dieses komplexe Bauteil mit neuen Verarbeitungsverfahren, Materialien, Klebstoffen und Werkzeugen schneller und kostengünstiger fertigen lässt«, sagt Timo Huber, Wissenschaftler am ICT. Anstelle von konventionellen Scheinwerfern statteten die Projektpartner den Kotflügel mit LED-Rücklichtern aus. Dadurch konnten sie die Anzahl der Einzelteile von acht auf fünf reduzieren, die Verarbeitungsschritte von zwölf auf fünf verringern. Material- und somit Kosteneinsparungen wurden auch durch den Einsatz von Leiterbahnen aus elektrisch leitfähigem Polymer erreicht. Die darin eingearbeiteten leitfähigen Kohlenstoffnanoröhrchen leiten den Strom vom Stecker zu den LEDs und machen so metallische Leiterstrukturen überflüssig.

Ein weiteres Anwendungsbeispiel: Um Bauteile künftig schnell demontieren zu können, werden sie mit einem speziellen Klebstoff verklebt – so auch die LED-Rücklichter. Hierfür haben die Forscher des ICT zusammen mit Projektpartnern ein neues mikrowellenaktives Klebstoffsystem entwickelt. Bei der Bestrahlung mit Mikrowellen verlieren die Einzelkomponenten ihre Klebung und können schnell auseinandergenommen werden. Bauteile lassen sich dann sortenrein recyceln. »Außerdem haben wir den Kotflügel mit Hilfe von neu entwickelten Farbpigmenten basierend auf speziellen Nanopartikeln eingefärbt«, so Huber. Diese Nanostrukturen können dann besonders gleichmäßig zur Einfärbung in Kunststoffe wie Polypropylen eingearbeitet werden. Der Effekt: Es sind deutlich weniger Pigmente als üblich erforderlich. »Auch den Klimaschutz-Aspekt haben wir beachtet – Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der lokalen Faserverstärkung von strukturellen Fahrzeugkomponenten sorgen für ein reduziertes Gewicht und bewirken einen geringeren CO2-Ausstoß», resümiert der Forscher.

»Alles in allem lassen sich mit der IDEE-Methodik Entwicklungszeiträume verkürzen, Montageschritte einsparen und der Materialverbrauch mindern.« Die Plattform befindet sich noch in der Entwicklung. Einfache Bauteile lassen sich bereits damit umsetzen. In etwa einem Jahr soll die Software fertig sein und der Automobilindustrie zur Verfügung stehen.

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Timo Huber Fraunhofer Mediendienst

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