Elektrisch leitfähige Verbundgläser

Hintergrund dabei waren Fensterbauanwendungen sowohl im Architektur- als auch im Fahrzeugbereich. Frontscheiben von Fahrzeugen sind aus Sicherheitsgründen immer ein Verbundsicherheitsglas (VSG), hergestellt aus zwei mit einer reißfesten Laminierfolie verklebten Glasscheiben. Die Folie besteht dabei in fast allen Fällen aus Polyvinylbutyral (PVB). Aber auch im Fassadeneinsatz werden derartige VSG-Scheiben verbaut.

Viele Gläser werden heutzutage mit einem Schichtsystem ausgestattet, welches eine geringe elektrische Leitfähigkeit aufweist, die ausreichend ist, um elektromagnetische Strahlung im Radio- und Mikrowellenbereich abzuschirmen bzw. IR-Strahlung zu reflektieren. Damit werden Wärmeschutzverglasungen realisiert oder Spezialverglasungen zum Schutz vor Mikrowellenstrahlung (z.B. Radar). Die elektrische Leitfähigkeit wird durch wenige Nanometer dicke Silberschichten oder transparent-leitfähige Oxidschichten (TCO), z.B. Indium-Zinnoxid (ITO), erreicht. Die Abscheidung dieser Schichten ist vergleichsweise teuer und die Anfälligkeit der dünnen Schichten hoch, so dass komplexe Schutzschichtsysteme erforderlich sind.

Im Fahrzeugbau besteht der Wunsch nach beheizbaren Scheiben. Hierzu wird eine bestimmte elektrische Leistung benötigt, die über leitfähige Nanoschichten nicht oder nur zu einem hohen Preis realisierbar sind. Bislang werden dünnste Drahtsysteme in die Frontscheiben einlaminiert, aber auch dies ist teuer und anfällig.

Mit der Idee, das ohnehin für VSG erforderliche PVB derart zu modifizieren, dass es elektrisch leitfähig wird und dennoch eine hinreichende Transmission besitzt, ergäbe sich eine preiswerte und gut in bestehende Glas¬ver-arbeitungsprozesse integrierbare Lösung (Schutzrecht EP 1 818 357 B1).

Im Kern besteht der Lösungsansatz darin, dass Kohlenstoff-Nanoröhrchen (CNT) in die Polymermatrix eingebracht werden. Diese sind mit einem Aspektverhältnis von über 1:1000 (Durchmesser zu Länge) und einer hervorragenden elektrischen Leitfähigkeit potenziell geeignet, selbst in geringen Konzentrationen eine gute Leitfähigkeit des damit versetzten Polymers zu ermöglichen, ohne die Transparenz des Materials extrem zu verschlechtern.

Damit dies klappt, ist eine extrem homogene Verteilung und Ausrichtung der Nanoröhrchen erforderlich, ebenso deren hohe Reinheit und Formeinheitlichkeit.

Eine Voraussetzung für die Homogenisierung ist die gute Dispergierung mit dem PVB, welches zunächst entweder als Pulver, Schmelze oder Lösung vorliegt. Diese wird durch eine spezielle Oberflächenmodifikation der CNT erreicht (Schutzrechtsanmeldung EP 2 241 593 A1), mit der funktionelle Gruppen an den Wänden und Enden der CNT verankert werden, die ihrerseits eine gute Anbindung an das polymere Matrixmaterial gestatten, gleichzeitig aber verhindern, dass die CNT untereinander zusammenbacken außer an ihren Enden.

Dadurch wird die Gleichverteilung der CNT im PVB unterstützt bzw. deren Agglomeration in den Verarbeitungsprozessen vermindert und dafür gesorgt, dass die die einzelnen CNT sich über deren Enden miteinander verbinden als Voraussetzung für eine gute Leitfähigkeit.

Im Rahmen der Untersuchungen konnten bei CNT-Konzentrationen von 0,1 Massen% Transmissionswerte von bis zu 88 % für die beladenen Filme erzielt werden. Die elektrische Leitfähigkeit der extrudierten Folien lag allerdings bei nur im Bereich von einigen nS/m (gegenüber

Dennoch zeigen die bisherigen Untersuchungen, dass durch die gezielte Modifikation der CNT sowie verbesserte Dispergierverfahren ein noch nicht erschlossenes Potenzial für die weitere Steigerung und Stabilisierung der elektrischen Leitfähigkeit möglich ist. Hierfür werden innovationsfreudige, risikobereite Partner aus der Wirtschaft gesucht, um gemeinsam diesen Schritt zu realisieren.

Kontakt:
Dr. Bernd Grünler
Geschäftsführender Direktor INNOVENT e.V.,
Bereichsleiter Oberflächentechnik, bg@innovent-jena.de

Media Contact

Andrea Gerlach idw

Weitere Informationen:

http://www.innovent-jena.de

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