Institut der Uni Essen beteiligt an internationaler Forschung über Hochleistungsbeton

Das "Schlaganfall-Info-Mobil" ist von Mai bis August 2001 in 40 deutschen Städten unterwegs. Die medizinischen Untersuchungsgeräte an Bord ermöglichen es dem beratenden Arzt, innerhalb von zehn Minuten das persönliche Schlaganfallrisiko zu ermitteln. Foto: Bayer AG


Am 1. März dieses Jahres startete an der Universität Essen am Institut für Bau-Physik und Materialwissenschaft ein dreijähriges, internationales Forschungsprojekt, das von der europäischen Union gefördert wird. Die Koordination des Projektes erfolgt unter der Leitung von Professor Dr. Max J. Setzer und Diplom-Ingenieurin Susanne Palecki. An dem Projekt mit dem Titel "Life time prediction of high-performance concrete with respect to durability" ("Lebensdauerbetrachtung von Hochleistungsbeton unter Berücksichtigung der Dauerhaftigkeit") nehmen insgesamt drei Universitäten, vier nationale Forschungsinstitute und drei Firmen aus Deutschland, Italien, Norwegen, Schweden, Finnland, Island und Dänemark teil. Die beantragte Gesamtsumme beträgt 1 310 000 Euro. Aufgabe ist die systematische Analyse des Schadensverhaltens von Hochleistungsbetonen und die Entwicklung von Modellen zur Beschreibung der Materialeigenschaften unter speziellen Umwelteinflüssen, so dass Lebensdauerprognosen gegeben werden können.

Eine Aufgabe wie die Koordination eines EU-Projektes erfordert ein funktionierendes Team, langjährige Erfahrung und gleichzeitig junge engagierte wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In das Projekt fließen Forschungsergebnisse aus zahlreichen anderen Projekten ein. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Chemie, Physik und Mathematik ist unabdingbar, um die sehr komplexen Probleme derart zu lösen, dass sie auch internationalem Wettbewerb standhalten. An der Universität Essen konnte ein Renommee erworben werden, das die Grundlage für derartige Erfolge ist. Auf diese – so meint Prof. Dr. Max J. Setzer – können seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am IBPM und die Universität Essen stolz sein.

Es war schon immer eine der wichtigsten Aufgaben des Bauingenieurs, Gebäude mit langer Lebensdauer zu erstellen. Aufgrund eines großen Erfahrungsschatzes wurde dieses Ziel auch erreicht. Dennoch beobachtet man Mängel, die oft erst nach langer Zeit auftreten. Ihre Beseitigung ist teuer. Der Bauschadensbericht der Bundesregierung wies allein im Jahr 1996 für den Wohnungsbau eine Summe von 163,4 Mrd. Mark aus. Insbesondere Frostschäden stellen immer wieder ein Dauerhaftigkeitsrisiko bei Bauwerken dar und verursachen Sanierungskosten, die bis zu 40 v. H. der Gesamtkosten eines Bauteils betragen. Aufgrund dessen hat sich in der Bauindustrie eine Trendwende abgezeichnet. Dank neuartiger Zusatzstoffe und Zusatzmittel ist es seit einiger Zeit möglich, Hochleistungsbetone mit hervorragenden Dauerhaftigkeitseigenschaften und Festigkeiten bis zu 200 °N/mm² herzustellen. Bisher wiesen Normalbetone in Deutschland eine maximale Druckfestigkeit von bis zu 55 °N/mm² auf.

Seit Anfang der 90er Jahre wird Hochleistungsbeton nicht mehr nur in den USA, Japan oder den skandinavischen Ländern eingesetzt, sondern für Bürotürme, Kühltürme oder Tunnel zunehmend auch in Deutschland. Durch diese besonderen Eigenschaften aber ist aus dem Massenprodukt Beton ein Hightech-Produkt geworden, das sowohl wesentlich sensibler auf Änderungen in der Zusammensetzung reagiert, als sich auch unter Umwelteinflüssen anders verhält als Normalbeton. Um die Lebensdauer einigermaßen genau vorhersagen zu können, müssen Modelle entwickelt werden, die beschreiben, wie sich die Materialeigenschaften unter äußerem Angriff verändern. So wittern Beton und andere poröse Baustoffe unter Frostangriff nicht nur erkennbar ab, sondern werden auch in ihrem inneren Gefüge geschädigt. Dadurch sinkt die Festigkeit und letztlich die Standsicherheit eines Bauwerks, ohne dass dies von außen erkennbar sein muss. Die Vorhersage der Dauerhaftigkeit und eine in Zukunft möglichst genaue Prognose der Lebensdauer ist daher ein wichtiges Ziel, das nur durch eine Verbindung aus Grundlagenforschung und Anwendung erreichbar ist.

Seit mehreren Jahrzehnten widmen sich Prof. Dr. Max J. Setzer und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diesem Ziel; zunächst an der TU München und seit 14 Jahren an der Universität Essen als Leiter des Instituts für Bauphysik und Materialwissenschaft (IBPM). Modellbeschreibungen wurden entwickelt, die modernste Forschung in der Oberflächenphysik und -chemie bis in den Nanobereich einsetzen. Ein wichtiges Ergebnis dieser Arbeit ist der CDF/CIF-Test. Damit ist es möglich, mit bis dahin nicht erreichter Präzision die Schädigung von Beton vorherzusagen, der einem Frost- bzw. Taumittelangriff ausgesetzt ist. In mehreren internationalen Ringversuchen wurde die Genauigkeit der Verfahren nachgewiesen. RILEM – die weltweite Vereinigung der Forschungs- und Materialprüfanstalten im Bauwesen – hat den CDF-Test bereits als Empfehlung veröffentlicht. Diese Verfahren werden mittlerweile von zahlreichen Instituten angewendet und in öffentlichen Bauverträgen vorgeschrieben.

Im Rahmen von RILEM wurden unter anderem zwei technische Komitees gegründet, die sich bereits in der Vergangenheit mit Fragen der Dauerhaftigkeit gegenüber Frost und Tausalzangriff intensiv auseinander gesetzt haben. Diesen Komitees gehören namhafte Forscher aus aller Welt (USA, Canada, Japan, die skandinavischen Länder etc.) an. Chairman ist ebenfalls Prof. Dr. Max J. Setzer. In dem RILEM Komitee mit dem Titel "Internal damage of concrete due to frost attack" (Innere Schädigung von Betonen unter Frostbeanspruchung) ist auch die Mehrheit der Teilnehmer des EU-Projektes vertreten. Aufbauend auf diesem umfangreichen Wissens- und Erfahrungsschatz wurde letztendlich das Forschungskonzept für das EU-Projekt entwickelt. Der Antrag auf Förderung wurde bewilligt; am 1. März hat die Arbeit begonnen.

Redaktion: Maren Beuscher, Telefon (02 01) 1 83 – 45 18
Weitere Informationen: Prof. Dr. Max J. Setzer,
Telefon (02 01) 1 83 – 26 90

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Monika Roegge

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