Saatgut entwickelt Heimvorteil

Studierende im Linsenversuch. Foto: Universität Göttingen

Agrarwissenschaftler der Universität Göttingen untersuchen in einem Langzeitprojekt – zurzeit gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und unterstützt von der Software AG – Stiftung –, welche Rolle landwirtschaftliche Betriebe bei der Erhaltung und Entwicklung der Biodiversität als Grundlage für die zukünftige Ernährung spielen können.

Im Rahmen des Projekts „Standortspezifische Populationsentwicklung durch natürliche Selektion am Beispiel der Linse“ wurde bereits vor 20 Jahren Saatgut von drei alten Linsensorten auf drei verschiedene Höfe verteilt und dort angebaut. Bisherige Ergebnisse zeigen, dass es für jeden Hof eine optimale Samengröße gibt. Das Projekt läuft bis 2017 und wird von der DFG mit rund 340.000 Euro gefördert.

Die Forscher untersuchen auf dem Versuchsgut Reinshof der Universität Göttingen und auf zwei biodynamischen Höfen in Thüringen und Nordost-Niedersachsen, wie weit der langfristige Nachbau im landwirtschaftlichen Betrieb zu einer Standortanpassung führen kann. Dieses sogenannte „on-farm-Management“ ist dabei eine dynamische Ergänzung zur statischen Erhaltung in Genbanken, in der Samen in der Regel auf Eis liegen und nicht dem Wandel der Umwelt ausgesetzt sind.

„Wenn aus der eigenen Ernte jedes Jahr wieder Saatgut zur Aussaat verwendet wird, kann die natürliche Auslese zu einem Heimvorteil führen, also eine eigene Hofsorte entstehen“, sagt Michael Ruland, der als Doktorand im Rahmen des DFG-Projekts die Linsenversuche betreut. „Gut angepasste Pflanzen produzieren mehr Samen als schlecht angepasste und setzen sich langfristig durch.“

Neben der optimalen Samengröße für jeden Hof zeichnet sich auch ab, dass die natürliche Auslese in besonders stressiger Umwelt Sorten verbessern kann. Um den Einfluss von Trockenstress auf die verschiedenen Hof-Auslesen zu untersuchen, wird beispielsweise auf dem Reinshof in einer Trockenstress-Anlage die Wasserversorgung gezielt eingestellt. Die Hof-Auslesen werden mit agronomischen, morphologischen und molekularen Methoden analysiert, um die zeitliche und örtliche Entwicklung der Biodiversität zu erfassen.

„Die Züchtung lebt von dem, was frühere Generationen geschaffen haben – also ist es heute unsere Aufgabe, Biodiversität für unsere Kinder und Kindeskinder zu erhalten und weiter zu entwickeln“, sagt Dr. Bernd Horneburg, Leiter der Fachgruppe genetische Ressourcen und ökologische Pflanzenzüchtung der Universität Göttingen. „Auch vor dem Hintergrund des Klimawandels reicht dazu die Einlagerung in Genbanken nicht aus – wir brauchen den praktischen Anbau.“

Kontaktadresse:
Dr. Bernd Horneburg
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Agrarwissenschaften
Fachgruppe Genetische Ressourcen und Ökologische Pflanzenzüchtung
Von-Siebold-Straße 8, 37075 Göttingen
Telefon (0551) 39-4360
E-Mail: bhorneb@gwdg.de

http://www.uni-goettingen.de/de/3240.html?cid=5585 Fotos
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Thomas Richter idw - Informationsdienst Wissenschaft

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