Recycelter Phosphor für die Landwirtschaft – Was ist möglich, was ist sinnvoll?

Auf den 8. Braunschweiger Nährstofftagen Mitte November am Julius Kühn-Institut wurden Möglichkeiten aufgezeigt, Phosphordünger (P-Dünger) aus Abfallprodukten zu gewinnen. Es wurden technische Recycling-Verfahren vorgestellt.

Neben ökonomischen Anforderungen müssen die Verfahren recycelte P-Dünger hervorbringen, die ökologisch und gesundheitlich unbedenklich sind und eine gute Düngewirkung haben. So lautet ein wichtiges Fazit der fachübergreifenden Veranstaltung, zu der rund 100 Teilnehmer aus Forschung, Wirtschaft und Politik zusammengekommen waren. Unter den Teilnehmern herrschte Einigkeit darüber, dass im Sinne einer für kommende Generationen nachhaltigen Nutzung der Bedarf an Phosphor in der Landwirtschaft künftig stärker von Phosphaten aus sekundären Quellen gedeckt werden muss. Mögliche sekundäre Phosphatquellen sind Abwässer aus Kläranlagen, Klärschlämme sowie Klärschlammaschen, aber auch phosphorreiche Schlachtnebenprodukte.

So wurde beispielsweise im Rahmen des EU-Projektes SUSAN in einer Pilotanlage in Österreich ein Verfahren erfolgreich getestet, das Klärschlammasche thermisch aufbereitet. Eine Praxisanlage in Bayern ist in Planung. Andere Verfahren setzen die Berliner Wasserbetriebe (Abwasser) oder eine Kläranlage in Gifhorn (entwässerter Klärschlamm) ein. Da Maßstäbe und Bezugsgrößen nicht einheitlich verwendet werden, ist es allerdings teilweise schwierig, die ökonomische und energetische Effizienz der Anlagen vergleichend zu bewerten. Um vor dem Gesetzgeber und in der Praxis bestehen zu können, müssen die recycelten Phosphatdünger geringst mögliche Gehalte an schädlichen Schwermetallen enthalten und frei von gefährlichen organischen Verbindungen sein.

Eine weitere, für den Nährstoff Phosphor wesentliche und auf der Tagung umfassend diskutierte Forderung an neue Düngemittel ist, dass die gewonnenen Phosphorverbindungen auch wirksam, d. h. für die Pflanze gut verfügbar sind. Judith Schick vom Julius Kühn-Institut untersuchte im Rahmen von SUSAN die Düngewirkung thermochemisch behandelter phosphorhaltiger Klärschlamm-Aschen. Diese Aschen werden in einem Drehrohrofen unter Beimengung eines Chlordonators verbrannt, um sie weitgehend von Schwermetallen zu entfrachten sowie die P-Verbindungen umzukristallisieren. Ergebnisse von Gefäßversuchen mit derart hergestellten P-Düngern zeigen, dass bei optimaler Wahl der Verfahrensparameter Erträge erzielt werden können, die mit denen konventioneller phosphorhaltiger Dünger vergleichbar sind. Bei einem organischen NP-Dünger aus Fleischknochenmehl trat in Untersuchungen des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie des Freistaates Sachsen die Düngewirkung erst mit Verzögerung ein. Da die P-Verfügbarkeit dieser Dünger mit steigendem Boden-pH abnimmt, sind sie vor allem für eine langfristige Versorgung von sauren Böden mit niedrigeren pH-Werten gut geeignet.

Um Aussagen über die Effizienz von Phosphordüngern aus Sekundärrohstoffen treffen zu können, ist es notwendig ihre P-Wirksamkeit zu charakterisieren. Dies erfolgt für konventionelle Mineraldünger je nach Düngerart durch verschiedene chemische Extraktionsverfahren. Im Rahmen eines Forschungsvorhabens des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) am Julius Kühn-Institut überprüft die JKI-Wissenschaftlerin Sylvia Kratz auch, ob ein Zusammenhang zwischen der Effizienz von P-Düngern aus Sekundärrohstoffen und den chemischen Extraktionsmethoden besteht. „Ein Hauptziel dieses Vorhabens ist es, die Vielzahl der bestehenden chemischen Extraktionsverfahren auf drei Verfahren zu reduzieren. Anhand der Angaben zu den Verfahren soll der Anwender erkennen können, wie wirksam der Phosphor in den jeweiligen Düngemitteln ist“, so Kratz.

Auch wenn die Phosphorreserven weltweit umfangreicher sind als angenommen, wurde auf der JKI-Veranstaltung deutlich, dass die Qualität der abgebauten Rohphosphate in Zukunft nachlassen wird. Neben dem erheblich höheren Aufwand, schwer erschließbare Reserven abzubauen, wird die Entfernung von Schwermetallen aus primären Rohphosphaten zur Herausforderung. Unter diesen Bedingungen sind Phosphate aus sekundären Quellen eine echte Alternative. Deshalb sind vereinte Anstrengungen notwendig, die vorgestellten Ansätze rasch in praxistaugliche, ökonomisch rentable Verfahren zu überführen, an deren Ende agronomisch wirksame und ökologisch sowie gesundheitlich unbedenkliche P-Dünger stehen.

Hintergrundinformationen:

Bedeutung Phosphor für Pflanze
Bei Phosphormangel bleiben die Pflanzen klein und kümmern. Sie bilden nur schwache Wurzeln aus, haben dünne Stängel und rötlich verfärbte Blätter, was vor allem bei Mais gut zu beobachten ist.
Im Boden kommt Phosphor in drei Formen vor: in gelöster Form, an Bodenteilchen labil gebunden und stabil, weitestgehend unlöslich und für die Pflanze nicht nutzbar. Wird gelöstes P von der Pflanze aufgenommen, kann je nach Bodeneigenschaften labiles nicht gelöstes Phosphat im Zuge der Einstellung eines chemischen Gleichgewichtes in Lösung gehen. Bodenphosphate sind im Bereich von pH-Werten von 5,5 bis 7,0 am besten löslich. Kalk kann die Verfügbarkeit von Phosphor positiv beeinflussen, ebenso organische Substanzen (so genannter Humateffekt).

Eine weitere Besonderheit des Bodenphosphors: Er ist nur wenig beweglich, d.h. die Pflanzenwurzeln können nur bis zu einer Entfernung von 1 bis 2 Millimetern um die Wurzeln herum gelöstes Phosphat aufnehmen.

Weltweite Produktion und Verbrauch
2007 wurden weltweit 156 Millionen Tonnen Phosphor abgebaut. Ökonomisch abbauwürdig sind derzeit 18 Milliarden Tonnen Rohphosphat.

Weltweit größter Verbraucher ist Asien (vor allem China) mit 58 % des weltweit verbrauchten Rophosphates, derzeit steigt der Bedarf hier jährlich um 3,7%. Europa verbraucht 9 % mit leicht sinkender Tendenz. Deutschland importierte 2007 rund 115.000 t Phosphor; eine deutliche Verringerung im Vergleich zum Jahr 1997, in dem 284.000 t importiert wurden.

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Dr. Gerlinde Nachtigall idw

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