Entwicklung eines Nachhaltigkeitszertifikats für Agrarholzbau – DBU gibt 102.000 Euro

Das Nachhaltigkeitszertifikat soll künftig Agrarholzflächen kennzeichnen, die nach besonderen umwelt- und naturschutzfachlichen Kriterien bewirtschaftet werden. © Peter Leßmann<br>

Institut für Wald und Holz NRW entwickelt Zertifikat für Agrarholzbau – DBU gibt 102.000 Euro

Ob als Hackschnitzel, Pellets oder Briketts – die Nachfrage nach Holz als Bio-Energielieferant steigt. Um dem Biomassebedarf nachzukommen, werden Pappeln und andere schnell wüchsige Baumarten auf sogenannten Agrarholzflächen angepflanzt. Damit das Anlegen, Bewirtschaften und Ernten dieser Flächen auch immer nachhaltig, umwelt- und klimafreundlich abläuft, will das Internationale Institut für Wald und Holz NRW (Münster) nun ein Nachhaltigkeitszertifikat entwickeln. Das Zertifikat soll für diese Landschaftsnutzungsform Ökostandards in Deutschland gewährleisten.
„Im Gegensatz zu den immer teurer werdenden fossilen Energieträgern Kohle, Gas und Öl hat der umweltfreundliche und klimaneutrale Agrarholzbau Zukunft“, sagt Prof. Dr. Andreas Schulte, Vorsitzender des Instituts. „Das Zertifikat soll Agrarholzflächen als ökologische Alternative etablieren und aufzeigen, dass besonders nachhaltig gewirtschaftet wird“, betont Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der DBU (Deutsche Bundesstiftung Umwelt).

Agrarholzflächen seien mit einer konventionellen Landwirtschaft, nicht mit einer naturgemäßen Waldwirtschaft gleichzusetzen, so Schulte. Auf bislang nur rund 10.000 Hektar – rund ein Drittel der Fläche der Stadt Münster – stünden Agrarholzflächen in Deutschland. Im Vergleich zu anderen Energiepflanzen wie Raps und Mais, die auf über zwei Millionen Hektar wüchsen, sei die Fläche noch eher klein. Aber es gebe viele Gründe für größere Anbauflächen insbesondere von Pappeln: „Der Anbau von Holz als Bioenergieträger ist insgesamt kostengünstiger als der anderer Energiepflanzen. Da der Boden nur alle 30 Jahre bearbeitet werden muss – bei Mais und Raps dagegen jedes Jahr – ist die lange Bodenruhe ein großer ökologischer Vorteil. Auch wird erheblich weniger Dünger benötigt.“

Das wertvolle Naturprodukt Holz könne nicht nur zum Erzeugen von Strom und Wärme verwendet werden, es habe auch einen stofflichen und chemischen Nutzen. So würden zum Beispiel Kunststoffe oder Biokraftstoffe der 2. Generation auf Holzbasis gewonnen, Papier, Holzwerkstoffe oder Verbundmaterialien (Wood-Plastic-Composites) aus ihm hergestellt oder thermisch behandeltes Pappelholz zur Fassadenverkleidung verwendet. Zudem stiegen durch die wachsende Holznachfrage die Preise für Holzhackschnitzel kontinuierlich an.

Die Herausforderungen dieses Booms lägen aber auf der Hand: „Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Holz werden Agrarholzflächen in den nächsten Jahren eine immer wichtigere Rolle spielen. Damit das Anlegen, Bewirtschaften und Ernten nachhaltig und umweltschonend durchgeführt wird, ist es sinnvoll, ein entsprechendes Zertifikat zu entwickeln und einzuführen“, betont Schulte.

Um positive Effekte auf den Naturhaushalt, die biologische Vielfalt und das Landschaftsbild umzusetzen, seien bei der Anlage und Bewirtschaftung bestimmte Anforderungen des Naturschutzes zu berücksichtigen. Die Standortwahl sei entscheidend dafür, ob von einer Agrarholzfläche positive Wirkungen bezüglich der genannten Faktoren ausgingen. Daher seien bei der Flächenauswahl insbesondere die Art der Vornutzung, der eventuelle Schutzstatus des Wasserhaushaltes, die Bodeneigenschaften sowie der typische Charakter des jeweiligen Landschaftsraumes zu beachten. So solle beispielsweise der Einsatz von Holzarten mit hohem Wasserbedarf in Gebieten ausgeschlossen werden, die einen sensiblen Grundwasserhaushalt aufweisen. Auch sollten Möglichkeit unterschiedliche Sorten und Arten auf einer Fläche angebaut werden, um so die Lebensraumvielfalt zu erhöhen und das Risiko für Schädlinge und Krankheitsbefall zu senken.

Naturschutzfachlich gesehen müssten die Agrarholzflächen in unterschiedlich große Blöcke eingeteilt werden. Hecken oder Sukzessionsflächen zum Beispiel sorgten mit ihren unterschiedlichen Anbausystemen und Standzeiten zwischen den Ernten für eine größere Artenvielfalt in der Agrarlandschaft. Ebenso wichtig seien landschaftspflegerische und landschaftsästhetische Kriterien.

Um das Nachhaltigkeitszertifikat zu entwickeln, wollen die wissenschaftlichen Mitarbeiter des an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster ansässigen Instituts zunächst in Kooperation mit anderen Institutionen und Verbänden einen Kriterienkatalog erarbeiten und diesen an ausgewählten, bereits vorhandenen Agrarholzflächen testen. Das anschließende Zertifizierungsverfahren soll gemeinsam mit der DIN CERTCO Gesellschaft für Konformitätsbewertung (Berlin) als unabhängige und akkreditierte Zertifizierungsgesellschaft der Rheinlandgruppe des Technischen Überwachungsvereins und des Deutschen Instituts für Normung durchgeführt werden.

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Franz-Georg Elpers DBU-Presseabteilung

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