Energie zum Einpacken: Universität Hohenheim entwickelt Biogasrucksack

Leicht, günstig und auf dem Rücken transportierbar: So soll sich künftig der Tagesbedarf Energie für einen Haushalt präsentieren. Der neu entwickelte Biogasrucksack ist ein Baustein einer Strategie, mit der Forscher der Universität Hohenheim die Verbindung von Umwelt- und Energieproblemen in Entwicklungsländern in den Griff bekommen wollen.

Am Beispiel Äthiopiens entwickelte Katrin Pütz, eine wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Agrartechnik, eine integrierte Strategie vom Anreiz-System zur Biogasproduktion für Kleinbauern über den Rucksack als Logistik-Lösung bis zur patentierten Verbesserung der örtlichen Küchenherde, die den Wirkungsgrad erheblich verbessern.

Gerade einmal drei bis vier Kilogramm wiegt sie: die mutmaßliche Lösung für eines der drängendsten Umwelt- und Energieprobleme der Kleinbauern in Äthiopien. Denn dieses Gewicht entfaltet der einfache, kostengünstige Biogasrucksack, mit dem ein Kleinbauer seinen Tagesbedarf an Energie von einer zentralen Biogasanlage nach Hause tragen könnte.

Bislang deckte der Großteil der bäuerlichen Bevölkerung Äthiopiens ihren Energiebedarf aus den Waldbeständen des Landes. Doch inzwischen ist Holz knapp und in einigen Regionen dementsprechend teuer geworden. Holz hat außerdem noch einen anderen gravierenden Nachteil: Es ist schwer und sein Transport deshalb mühsam und zeitraubend. Zum Kochen und Beleuchten brauchen äthiopische Kleinbauernfamilien bisher pro Tag bis zu 30 bis 40 Kilogramm Holz. Den Tagesbedarf fasst nun der zehnmal leichtere Biogasrucksack, in dem ein Kubikmeter Biogas Platz hat.

Der Biogasrucksack lässt sich an einer zentralen Anlage in 9 bis 16 Minuten befüllen. Um das Gas zu Hause zu nutzen bedarf es nur weniger simpler Handgriffe: Der Biogasrucksack wird aus Sicherheitsgründen vor dem Haus aufbewahrt und über einen Schlauch mit der Lampe oder dem Kocher verbunden. Es muss also nur ein Loch für den Schlauch in die Außenwand des Hauses gebohrt werden. Danach wird der Rucksack mit Brettern oder Steinen beschwert und das Gas bei Bedarf aus dem Sack gedrückt.

Der Biogasrucksack als kleiner Teil eines großen Ganzen

Tatsächlich ist der Biogasrucksack jedoch nur ein kleiner, wenn auch wesentlicher Bestandteil einer Gesamtstrategie, um Biogas als alternative Energiequelle auch für Kleinbauern nutzbar zu machen. „Biogas as Business“ heißt das Konzept von Katrin Pütz, das bei Entwicklungshilfeorganisationen, NGOs und sogar beim Ministerium für Energie und Wasser in Äthiopien auf großes Interesse stößt.

Denn obwohl das bisherige Nationale Biogasprogramm stark subventioniert wird, funktioniert es bislang nur sehr unbefriedigend. Es sieht nämlich vor, dass Landwirte, die mindestens vier Rinder besitzen müssen, Kleinst-Biogasanlagen bauen, um ihren eigenen Bedarf an Energie decken zu können.

Doch in der Realität haben zum Einen nur 45 Prozent der äthiopischen Bauern in den ausgewählten 4 Regionen des Biogasprogramms vier Rinder und damit genug Dung, um den Gärbehälter füllen zu können. Und zum Anderen hat kaum ein Bauer genug Geld, um sich an den Baukosten für die Biogasanlage zu beteiligen.

Schneller Vorteil statt langfristiger Investition

Mit ihrem Modell „Biogas as Business“ schlägt Pütz einen alternativen Weg ein, der den Kleinbauern Äthiopiens keine nur sehr schwer zu erreichenden Teilnahmebedingungen stellt, sondern offen für alle ist. Wer auch nur ein einziges Rind hat, darf seinen Dung an die zentrale Biogasanlage, die ein privater Investor baut und unterhält, liefern und im Gegenzug von dieser Biogas beziehen.

Es ist ein wechselseitiges Geschäft, das dem Investor Rendite und dem Landwirt günstige Energie beschert. Und ein Konzept, mit dem Pütz auch die Verantwortlichen im zuständigen Ministerium überzeugt hat.

Verbesserter Ofen erhöht Effizienz

Gleichzeitig arbeitet Pütz daran, den Energieverbrauch der ländlichen Haushalte insgesamt zu senken: Bei ihren Aufenthalten vor Ort hat sie nämlich erfahren, dass 60 Prozent der Energie, die ein kleinbäuerlicher Haushalt benötigt, für die Zubereitung von Injera verbraucht wird, einem traditionellen Sauerteig-Pfannkuchen, der in der Bevölkerung sehr beliebt ist.

Häufig wird das Injera noch über offenem Feuer gemacht. Dabei ist der Wirkungsgrad äußerst gering. Er liegt bei gerade einmal 10 Prozent. Es gibt aber inzwischen elektrische Öfen, sogenannte Electric Mitads, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Allerdings haben nur städtische Haushalt einen Anschluss an das Stromnetz, der Großteil der Bevölkerung, ca. 80 Prozent, lebt jedoch auf dem Land.

Deshalb sollen die Mitads zukünftig mit Biogas betrieben werden. Um Energie zu sparen und damit den Wirkungsgrad zu erhöhen, hat Pütz einen Aufsatz für das Mitad konstruiert, der auf die zentrale Hitzequelle des Biogaskochers gesetzt wird.

Prototypen vorhanden – Projektpartner gesucht

Für den äthiopischen Energiespar-Ofen hat Pütz bereits ein Patent beantragt. Voraussichtlich Ende 2011 soll die Entwicklung dann marktfähig sein. Bis dahin will sie das Produkt auch noch weiter verbessern. Ihr schwebt eine Kombination aus Metall und Ton vor. Außerdem sucht Pütz vor Ort noch eine Firma, die bereit ist, den Aufsatz herzustellen.

Auch von dem Biogasrucksack existieren bereits Prototypen, die von einer deutschen Firma hergestellt werden. Erfinderin Pütz schätzt, dass der marktfähige Rucksack am Ende etwa 30 Euro kosten und bei pfleglicher Behandlung 10 Jahre haltbar sein wird.

Insgesamt scheint das Projekt „Biogas as Business“ jedoch sehr gute wirtschaftliche Chancen zu haben. „In Äthiopien habe ich schon eine ganze Menge interessierter Investoren für neue Biogasanlagen gefunden“, meint Pütz. Offenbar gebe es eine ganze Menge wohlhabender Äthiopier, die die Vorzüge der Anlagen erkannt haben und bereit sind, ihr Geld darin anzulegen. „Deshalb hat „Biogas as Business“ gute Chancen, ohne Mittel aus der Entwicklungshilfe ein Erfolg zu werden.“

Kontakt für Medien:
Katrin Pütz, Universität Hohenheim, Fachgebiet Agrartechnik in den Tropen und Subtropen, Tel. 0711/459 23114, E-Mail: k.puetz@uni-hohenheim.de

Text: Weik / Klebs

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Florian Klebs idw

Weitere Informationen:

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