Eichen für eine wärmere Welt – Wissenschaftler untersuchen Wachstum vom Sämling bis zum Baum

Eichen sind empfindlich. Wenn es spät im Frühjahr oder zeitig im Herbst friert, dann ist die Zufuhr von Wasser und Nährstoffen gefährdet. Und ausgerechnet auf diesen Baum, dessen schlechter Gesundheitszustand die Wissenschaft seit einiger Zeit beschäftigt, soll die Forstwirtschaft jetzt in großem Stile setzen?

Tatsächlich erscheinen Eichen für manche Regionen geradezu prädestiniert – für den Waldumbau im nordostdeutschen Tiefland etwa, dessen ausgedehnte Kiefernforste zu Mischwäldern werden sollen. Wo es, wie im Süden Brandenburgs oder im Norden Sachsens, zu trocken ist für die sonst so erfolgreichen Buchen, liegt es nahe, an Trauben-Eichen zu denken, die dank ihrer tief reichenden Pfahlwurzeln eher gegen Trockenheit gefeit sind.

Neu und entscheidend für den Forschungsverbund „Oakchain“ ist, dass die Fachleute unterschiedlicher Disziplinen die ganze Kette in den Blick nehmen, von Böden und künftigen Klimabedingungen über die richtige Wahl der jungen Pflanzen und die Entwicklung der Bestände bis zur Ernte und Nutzung des Holzes.

Wie aber lässt sich aus einem Kiefernforst ein Eichen-Kiefern-Mischwald machen? Kann es gelingen, junge Eichen, die als sogenannte Lichtbaumart anders als Buchen in ihrer Jugend nicht den Schutz und Schirm älterer Bäume, sondern im Gegenteil viel Licht benötigen, im Schatten von Kiefern großzuziehen?

Und: Sollte man vielleicht sogar dort Trauben-Eichen pflanzen, wo heute durchaus noch Buchen gedeihen, es durch den Klimawandel aber künftig erheblich trockener werden könnte? Wie werden die Eichen selbst auf die Veränderung des Klimas reagieren? Besteht nicht zum Beispiel in warmen Wintern die Gefahr, dass sie einen Teil der gespeicherten Stärke veratmen, die Vorräte, die sie eigentlich im Frühjahr brauchen, schon vorher aufzehren? – Viel zu wenig weiß man über die Baumart, die doch als Lieblingsbaum der Deutschen gilt. Im Gegensatz zum Buchenunterbau, der mittlerweile als wissenschaftlich geklärt gilt.

Antworten suchen die Wissenschaftler unterschiedlichster Disziplinen zum einen auf Probeflächen. An ihnen erkunden sie die Entwicklung von Eichen-Kiefern-Mischbeständen unterschiedlicher Altersklassen und in unterschiedlichen Klimaten entlang eines Gradienten von Nordostdeutschland bis Polen. Diese Untersuchungsflächen zeigen unter anderem, dass in natürlichen Waldgesellschaften die Baumarten sich keineswegs gleichmäßig mischen, sondern in kleinen Gruppen stehen oder, lauter „Mini-Reinbestände“ bilden – ebenfalls eine Erkenntnis, die für den Waldumbau von großer Bedeutung ist.

Zum anderen liegt kommen die Fragen aus der forstlichen Praxis: Was fängt man mit all dem Eichenschwachholz an, das nach dem Waldumbau zwangsläufig in großen Mengen anfallen wird? Wenn von rund 4000 Bäumen, die auf jeden Hektar gepflanzt werden sollen, am Ende nur etwa 100 stehen bleiben? Bislang macht man vor allem Brennholz aus ihrem chemisch eigentlich doch ganz besonderen Holz oder allenfalls ein paar Pfähle. Jetzt erkunden Holzkundler der Technischen Universität Dresden zunächst die Eigenschaften dieses Holzes genau. Darauf aufbauend hat die Holzindustrie Templin GmbH zusammen mit Wissenschaftlern der Fachhochschule Eberswalde ein Verfahren weiterentwickelt, das unter anderem in Österreich und Skandinavien schon für andere Holzarten angewandt wird: Man modifiziert das Holz dünner Eichen durch hohe Temperaturen. Wenn es gelingt, das ohnehin langlebige Eichenholz so zu veredeln, dass es dauerhaft für Außenbereiche taugt, kann künftig auf bestimmte Tropenhölzer verzichtet werden. Das dürfte trotz des hohen Energieeinsatzes für thermisch modifiziertes Holz ökonomisch wie ökologisch erstrebenswert sein.

Der Forschungsverbund „OakChain – Nachhaltige Bewirtschaftung von Eichen-Kiefern-Mischbeständen im subkontinentalen nordostdeutschen Tiefland“ ist eines von 25 Verbundprojekten, die zum Förderschwerpunkt „Nachhaltige Waldwirtschaft“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gehören. Das BMBF finanziert den Förderschwerpunkt im Zeitraum 2005 bis 2010 mit rund 30 Millionen Euro. Am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) ist die wissenschaftliche Begleitung und Koordinierung des Forschungsvorhabens angesiedelt. Aufgabe des Koordinierungsbüros ist es, auf nationaler und europäischer Ebene ein Netzwerk für Wissenschaft und Praxis zu schaffen. Der Förderschwerpunkt widmet sich vor allem drei Fragestellungen: Wie kann die Wertschöpfungskette Forst-Holz sowohl gewinnorientiert als auch ökologisch verträglich und sozial gerecht optimiert werden? Wie können Waldlandschaften so genutzt werden, dass die Lebensqualität der Menschen verbessert wird und gleichzeitig die Ressourcen langfristig gewährleistet sind? Wie sieht der Wald der Zukunft aus?

Links:
Das vollständige Laborgespräch ist auf der Website des Förderschwerpunktes nachzulesen:
http://www.nachhaltige-waldwirtschaft.de/fileadmin/Dokumente/Aktuelles/Laborgespraeche/07_

Laborgespraech_02.pdf

Weitere Informationen:
Daniela Weber
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: 0341-235-1791
E-mail: daniela.weber@ufz.de
Dr. Werner Gerwin
Forschungszentrum Landschaftsentwicklung und Bergbaulandschaften (FZLB)
Brandenburgische Technische Universität Cottbus, Konrad-Wachsmann-Allee 6, 03046 Cottbus
Tel.: 0355-69 4225
E-mail: werner.gerwin@tu-cottbus.de
oder über:
Doris Böhme / Tilo Arnhold
Pressestelle Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: 0341-235-1269
E-mail: presse@ufz.de
Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg 900 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit 25.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,3 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des großen Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).

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