Die letzten Urwälder Europas

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Wissenschaftler des Geografischen Instituts der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) haben die erste Karte der letzten Urwälder Europas erarbeitet. Sie zeigt, wo mehr als 1,4 Millionen Hektar solcher Wälder in 34 Ländern noch zu finden sind.

„Dass diese Wälder noch niemals von Menschen betreten wurden, ist in Europa wohl kaum vorstellbar“, erklärt Dr. Francesco Maria Sabatini, Koordinator der Studie, die jetzt in der Zeitschrift Diversity & Distributions veröffentlicht wurde. „Es handelt sich vielmehr um Wälder, in denen der menschliche Einflusses sehr gering ist, in denen ökologische Prozesse also noch weitestgehend natürlich ablaufen.“

Prof. Dr. Tobias Kümmerle (HU), Ko-Autor, betont: „Obwohl solche Wälder im Verhältnis eine sehr geringe Fläche des Gesamtwaldes in Europa ausmachen, haben sie einen außerordentlichen Wert für den Naturschutz. Weitestgehend unberührte Wälder sind die letzten Orte, wo viele vom Aussterben bedrohte Arten noch vorkommen.“ Er führt weiter aus: „Solche Wälder sind auch wichtig, um den menschlichen Einfluss auf das Ökosystem Wald besser zu verstehen. Zu wissen, wo die letzten ungestörten Wälder zu finden sind, ist insofern extrem wichtig, und vor dieser Studie gab es schlicht keine Überblickskarte für Europa.“

Um eine solche Karte zu erstellen, mussten zunächst eine Vielzahl von Datensätzen zusammengebracht und homogenisiert werden. Dr. Francesco Maria Sabatini: „Ohne die Zusammenarbeit mit hunderten von Forstwirtschaftlern, Experten und NGO-Aktivisten, die ihr Wissen über ihre Länder mit den Geografen der Humboldt-Universität teilten, hätte die Studie nicht gelingen können.“

Selbst in Europa ist der Erhalt dieser Urwälder nicht selbstverständlich

Trotz der großen Fläche, die diese Wälder noch einnehmen, zeigt die Arbeit vor allem auch, dass Urwälder in Europa nur noch in entlegenen Regionen zu finden sind und zumeist nur sehr kleine Flächen abdecken. Auch wenn 89 Prozent der identifizierten Urwälder in Schutzgebieten liegen, so sind sie trotzdem bedroht.

„Viele Wälder von hohem Naturschutzwert in den Karpaten Rumäniens oder auch auf dem Balkan werden momentan abgeholzt. Der Bedarf an Bioenergie hat stark zugenommen, gleichzeitig gibt es auch viele illegale Einschläge und beides führt zur Zerstörung dieses unersetzlichen Naturerbes – oft ohne das Wissen darum, dass es sich um Urwälder handelt“, sagt Professor Miroslav Svoboda, University of Life Science in Prague (CZ), und Ko-Autor der Studie.

Die neu entwickelte Karte kann nun zum Schutz der letzten Urwälder beitragen, da sie zum ersten Mal die Verteilung solcher Wälder über ganz Europa hinweg zeigt. Zudem liefert sie wertvolle Hinweise darauf, wo bisher noch nicht entdeckte Urwaldreste zu finden sein könnten.

Studie
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/ddi.12778

Weitere Informationen
https://www.geographie.hu-berlin.de/en/professorships/biogeography/projects/fore…
https://forestsandco.wordpress.com/

Kontakt
Dr. Francesco Maria Sabatini
Institut für Geographie
Tel.: 030 2093- 5394
francesco.maria.sabatini@geo.hu-berlin.de

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Sella Christin Bargel idw - Informationsdienst Wissenschaft

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