Die Kornkammer des Ostens blockiert ihre Markt- und Wachstumschancen

Mit knapp 100 Millionen Tonnen pro Jahr und einem gemeinsamen Anteil von 15 Prozent in der weltweiten Weizenproduktion gehören Russland, die Ukraine und Kasachstan zu den größten Getreidenationen. Aufgrund ihrer riesigen Flächen- und Ertragspotenziale wird diesen Ländern eine erhebliche Bedeutung für die Weltgetreidemärkte und damit für die globale Nahrungsmittelversorgung zugesprochen.

Jedoch nicht nur die aktuellen Unruhen in Folge der Krim-Krise, sondern insbesondere die problematischen Handels- und Marktpolitiken, geringe Ausschöpfung von Produktionsreserven sowie Defizite in der Vermarktungsinfrastruktur hemmen die Wachstumschancen erheblich. Im Policy Brief 16 stellen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IAMO anhand ihrer Forschungsergebnisse dar, welche Produktions- und Marktpotenziale in der Getreidewirtschaft Russlands, der Ukraine und Kasachstans zu erwarten sind und auf welche Hindernisse die Agrarproduzenten des Ostens dabei treffen.

In den letzten Jahren haben sich Russland, die Ukraine und Kasachstan bedingt durch die positiven Entwicklungen in der Weizenproduktion zu den wichtigsten Playern auf dem internationalen Getreidemarkt etabliert. Dennoch liegen die Erträge pro Hektar nicht einmal bei der Hälfte dessen, was im Durchschnitt auf westeuropäischen Agrarflächen erzielt wird.

Neuste Berechnungen des IAMO zeigen, dass durch entsprechende Maßnahmen, wie der Rekultivierung jüngerer brachliegender Flächen, die Weizenproduktion allein in Russland um bis zu 50 Millionen Tonnen pro Jahr gesteigert werden könnte. Die Mobilisierung solcher Produktions- und Exportpotenziale hängt jedoch entscheidend von den künftigen Markt- und Wettbewerbsbedingungen sowie politischen Rahmenbedingungen ab.

Als Antwort auf die steigenden Weltmarktpreise für Getreide in den letzten zehn Jahren wurde mit einer Vielzahl an Exportbeschränkungen in Russland, der Ukraine und Kasachstan in die Märkte eingegriffen. Diese staatlichen Interventionen führten dazu, dass die Märkte erheblich verunsichert, Exporte nahezu ausgesetzt und eine geregelte Preisbildung außer Kraft gesetzt wurden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des IAMO weisen darauf hin, dass solche populistischen Handels- und Marktpolitiken die Investitionsanreize in der Getreidewirtschaft mittel- und langfristig reduzieren und damit der Funktionsfähigkeit von Märkten entgegenwirken.

Des Weiteren werden in den Transformationsländern Produktivitäts- und Ertragspotenziale aufgrund persistenter Produktionslücken nur geringfügig bzw. mit großen regionalen Unterschieden ausgeschöpft. Es bestehen Investitions- und Managementdefizite, die das betriebliche Wachstum und die effiziente Nutzung unternehmerischer Ressourcen hemmen. Auch in der Vermarktungsinfrastruktur, wie Lagerhaltung, Binnenlandtransport und Hafenkapazitäten, bestehen noch massive Investitions- und Modernisierungsdefizite, die die Markttransaktionen und Exportchancen blockieren.

„Aufgrund der bestehenden Umstände ist nicht zu erwarten, dass Russland, die Ukraine und Kasachstan in absehbarer Zeit in der Lage sein werden, ihre Markt- und Wachstumspotenziale entsprechend auszuschöpfen. Eine Priorisierung auf marktkonforme und exportorientierte Politiken sowie Investitionen in räumliche und betriebliche Infrastruktur sind dringend erforderlich“, erläutert IAMO-Direktor Thomas Glauben.

Der IAMO Policy Brief 16 mit dem Titel „Die Kornkammer des Ostens blockiert ihre Markt- und Wachstumschancen“ kann auf der folgenden Internetseite kostenfrei heruntergeladen werden: www.iamo.de/publikation/policybrief-16

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IAMO Policy Briefs

In der Publikationsreihe IAMO Policy Brief werden in loser Folge gesellschaftlich relevante Forschungsergebnisse des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO) kurz und allgemeinverständlich aufbereitet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zielgruppe sind insbesondere Entscheidungsträger der Politik, Medienvertreter und die breite Öffentlichkeit.

Über das IAMO

Das Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) widmet sich der Analyse von wirtschaftlichen, sozialen und politischen Veränderungsprozessen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie in den ländlichen Räumen. Sein Untersuchungsgebiet erstreckt sich von der sich erweiternden EU über die Transformationsregionen Mittel-, Ost- und Südosteuropas bis nach Zentral- und Ostasien. Das IAMO leistet dabei einen Beitrag zum besseren Verständnis des institutionellen, strukturellen und technologischen Wandels. Darüber hinaus untersucht es die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Agrar- und Ernährungssektor sowie die Lebensumstände der ländlichen Bevölkerung. Für deren Bewältigung werden Strategien und Optionen für Unternehmen, Agrarmärkte und Politik abgeleitet und analysiert. Seit seiner Gründung im Jahr 1994 gehört das IAMO als außeruniversitäre Forschungseinrichtung der Leibniz-Gemeinschaft an.

Bitte beachten Sie: Im Januar 2014 wurde das Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa in Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien umbenannt. Die Institutsabkürzung IAMO bleibt weiterhin gültig.

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