Fortschritte im Erhalt der biologischen Vielfalt können Naturschutz und Landwirtschaft nur gemeinsam erreichen

Unter Agrobiodiversität wird die Vielfalt der durch aktives Handeln des Menschen unmittelbar genutzten und nutzbaren Lebewesen verstanden. Der Erhalt traditioneller Kulturpflanzen und Nutztierrassen stellt in der auf wenige Hochleistungssorten und – rassen- spezialisierten Wirtschaftsweise eine Herausforderung dar.

In tausenden von Jahren haben Bäuerinnen, Bauern und Züchter durch Selektion eine Vielzahl von regional angepassten, widerstandsfähigen und schmackhaften Kulturpflanzensorten hervorgebracht. Dies gilt auch für Nutztierrassen. Einige von ihnen waren prägend für die Kulturlandschaft und bleiben wichtiges Ausgangsmaterial für neue Züchtungen.

Von den weltweit beschriebenen 340.000 Pflanzenarten werden etwa 30.000 als für den Menschen nutzbar eingeschätzt. Ohne den Forstbereich werden davon 7.000 genutzt und kultiviert, jedoch nur 30 Arten liefern 95% der pflanzlichen Nahrungsmittel. Bei den Nutztieren hat sich der Mensch seit jeher auf weniger als 30 Arten für seine Ansprüche beschränkt, jedoch zahlreiche an klimatische und geographische Besonderheiten angepasste Rassen gezüchtet, insgesamt werden nach Angaben der FAO etwa 6.500 Nutztierrassen anerkannt.

Um einen weiteren Verlust zu v erhindern, setzen hier die Erhaltungsmaßnahmen an, indem beispielsweise in Genbanken versucht wird alte Sorten, Arten und Rassen zu erhalten. Da jedoch dort die Erhaltung außerhalb der sich ändernden Umwelt nur eingeschränkt möglich ist, ist es wichtig auch in der Landschaft oder in praktizierenden Betrieben diesem Verlust entgegenzuwirken. Zum Einsatz kommen hier z. B. die seltenen Schafrassen oder Robustrinder, die ohne große Krankheitsanfälligkeit wertvolle Dienste bei der Erhaltung der Kulturlandschaft leisten. Im Wald sind es die starken Rückepferderassen, die erfolgreich im Rahmen einer naturverträglichen Waldwirtschaft eingesetzt werden können.

Archehöfe, Ökohöfe, Freilichtmuseen, Landschaftspflegebetriebe, Schäfereien und andere mehr nutzen sogar gezielt das Potential seltener Rassen und Sorten um über regionale Vermarktung der gewonnen Produkte und durch Einnahmen aus dem Tourismus naturverträglich und rentabel im ländlichen Raum zu wirtschaften. Wegen des engen Zusammenhangs von Agrobiodiversität zur Vielfalt von Bewirtschaftungs- und Produktionsformen, sind anders als bei der biologischen Vielfalt im Allgemeinen viele Bestandteile der Agrobiodiversität auf menschliche Aktivität zwingend angewiesen.

„Was nicht aktiv genutzt – z.B. angebaut, gehalten, aber auch verarbeitet, gekauft oder gegessen wird, ist letztlich vom Aussterben bedroht. Erhaltung und Nutzung sind hier unmittelbar miteinander verknüpft und müssen Sorten und Rassen sowie wild lebenden Tieren und Pflanzen auch zukünftig eine Chance auf Überleben bieten“, sagte Prof. Dr. Hartmut Vogtmann, Präsident des BfN. Leider seien hierfür die von der EU zur Verfügung gestellten Finanzmittel für Agrar- und Waldumweltmaßnahmen stark zurückgegangen, kritisierte Vogtmann. Die Bedeutung der so genannten 2. Säule der gemeinsamen Agrarpolitik der EU werde von der Politik noch immer nicht in ihren Möglichkeiten für die nachhaltige Entwicklung ländlicher Räume und ihrer Biologischen Vielfalt ausreichend anerkannt. Würden hierfür wieder mehr Mittel bereitgestellt, wäre dies ein wichtiges und ermutigendes Zeichen, dass die Verantwortung für den Erhalt unseres europäischen Naturerbes und insbesondere der Agrobiodiversität übernommen wird, so Vogtmann.

Hinweis:
Der Bundesregierung ist es ein besonderes Anliegen, die biologische Vielfalt zu erhalten. Deshalb führt das Bundesumweltministerium (BMU) im Vorfeld der UN-Naturschutzkonferenz im Mai 2008 eine Kampagne zur biologischen Vielfalt durch. Damit soll die Öffentlichkeit stärker auf den Wert und den Nutzen der biologischen Vielfalt aufmerksam gemacht werden.

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Franz August Emde idw

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