Feuerbrand gefährdet Apfelernte: Ökologin der Universität Wien sucht nach Abwehrstoffen

„In harten Wintern erfriert ein Großteil der Feuerbranderreger. In warmen Wintern wie dem letzten überwintert ein großer Teil und die Gefahr einer weiteren Ausbreitung erhöht sich“, warnt Doris Engelmeier vom Department für Chemische Ökologie und Ökosystemforschung vor einem möglichen bösen Jahr für Österreichs Obstanbau. Seit Februar 2007 ist sie im Rahmen des vom Lebensministeriums geförderten Projekts „Feuerbrand auf Kernobst: Blattoberflächenchemie und sortenspezifische Resistenz“ auf der Suche nach einem geeigneten Abwehrstoff gegen die Obstbaumseuche.

Epidemie aus dem Westen

Der vermutlich um 1957 aus den USA nach Europa gelangte Feuerbrand breitet sich seit 1993 in Österreich von Westen nach Osten epidemisch aus. Von den Obstgehölzen werden Apfel, Birne und Quitte befallen. Weitere Wirtspflanzen sind Ziergewächse wie Weiß- und Rotdorn, Feuerdorn, diverse Zwergmispelarten, die Vogelbeere, die Felsenbirne und andere Pflanzen aus der Familie der Rosengewächse.

Kahlschlag und Antibiotika

„In Teilen der Steiermark holzt man als Feuerbrand-Prävention gerade alle nicht gewerblich genutzten Quittenbäume ab. Aus ökologischer Sicht eine Tragödie und als Maßnahme mehr oder weniger sinnlos“, so Engelmeier. Auch die Behandlung mit Antibiotikum Streptomycin ist problematisch: Sie kann laut Global 2000 zu resistenten Erregerstämmen (auch von für den Menschen gefährlichen Erregern) und überhöhten Streptomycin-Konzentrationen im Honig von Bienen, die auf Apfelblüten weiden, führen.

Stoffe aus resistenten Sorten

Engelmeier will ein weniger radikales Mittel finden, einen Stoff, der den Feuerbrand daran hindert, Obstbäume zu befallen. Häufig nutzt der Feuerbrand die Blüten oder Verletzungen als Weg in die Pflanze, er gelangt aber auch über die Oberfläche ursprünglich gesunder Blätter in den Baum. Da manche Kernobstsorten und andere Rosengewächse resistenter gegen den Feuerbrand sind als andere, konzentriert sich Doris Engelmeier bei ihrer Suche nach einem Gegenmittel auf diese. Dabei geht sie davon aus, dass der Feuerbrand für ihn geeignete bzw. ungeeignete Pflanzen auf der Basis chemischer Signalstoffe in deren Blattwachsen erkennt.

Krankheitsbarriere Wachsschicht

„Die äußerste Schicht der Blätter, die Wachsschicht, ist eine Barriere gegen Krankheitserreger“, weiß Engelmeier. Um durch die Wachsschicht vorzudringen, braucht es eine gewisse Menge an Organismen. Diese müssen sich zuerst vermehren und in den Baum „hineinfressen“. „Wenn sie aufgrund gewisser chemischer Signalstoffe entschlüsseln können, dass sich das für sie nicht auszahlt, warten die Bakterien mit der Vermehrung, bis die Umstände sie zu einem geeigneteren Wirt bringen“, erörtert Engelmeier die ökologische Arbeitshypothese ihres Projekts.

Signalstoffe isolieren

Genau nach diesen Signalstoffen, die die Bakterienvermehrung hemmen, sucht die Ökologin. Dabei werden die Blätter von Feuerbrand-resistenten Pflanzen in ein Lösungsmittel getaucht. „Aber nur ganz kurz, so dass gerade nur der oberste Teil der Wachsschicht, in dem wir die relevanten Stoffe vermuten, in Lösung geht“, so Engelmeier. Die gelösten Stoffe werden anschließend als Reinstoffe gewonnen und auf einfache Glasobjektträger aufgebracht. Anschließend beobachtet die Forscherin, wie gut oder schlecht sich der Feuerbrand in Gegenwart der diversen Blattwachsstoffe vermehrt. Stoffe, in deren Gegenwart sich der Feuerbrand besonders schlecht vermehrt, kommen in die engere Wahl und werden in speziellen, isolierten Quarantäne-Gewächshäusern auf Obstbäume aufgebracht, an denen anschließend Infektionsversuche mit Feuerbrand durchgeführt werden sollen. Bis Anfang 2009 will Engelmeier ein wirksames Mittel gefunden haben.

Kontakt:
Mag. Dr. Doris Engelmeier
Department für Chemische Ökologie und Ökosystemforschung
Universität Wien
1090 Wien, Althanstraße 14
T +43-1-4277-542 55
doris.engelmeier@univie.ac.at
Rückfragehinweis:
Mag. Alexandra Frey
Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien
1010 Wien, Dr.-Karl-Lueger-Ring 1
T +43-1-4277-175 31
alexandra.frey@univie.ac.at

Media Contact

Alexandra Frey idw

Weitere Informationen:

http://www.univie.ac.at/175

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Agrar- Forstwissenschaften

Weltweite, wissenschaftliche Einrichtungen forschen intensiv für eine zukunftsfähige Land- und Forstwirtschaft.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Themen: Bioenergie, Treibhausgasreduktion, Renaturierung und Landnutzungswandel, Tropenwälder, Klimaschäden, Waldsterben, Ernährungssicherung, neue Züchtungstechnologien und Anbausysteme, Bioökonomie, Wasserressourcen und Wasserwiederverwendung, Artenvielfalt, Pflanzenschutz, Herbizide und Pflanzenschädlinge, digitale Land- und Forstwirtschaft, Gentechnik, tiergerechte Haltungssysteme und ressourcenschonende Landwirtschaft.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Durchbruch bei CRISPR/Cas

Optimierte Genschere erlaubt den stabilen Einbau von großen Genen. Großer Fortschritt an der CRISPR-Front. Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Pflanzenbiochemie (IPB) ist es erstmals gelungen, sehr effizient große Gen-Abschnitte stabil und…

Rittal TX Colo: Das neue Rack für Colocation Data Center

Rittal TX Colo: Flexibel, skalierbar und zukunftssicher Mit der zunehmenden Digitalisierung und künftig auch immer mehr KI-Anwendungen steigt der Bedarf an Rechenleistung signifikant – und damit boomt der Colocation-Markt. Unternehmen…

Partner & Förderer