Ökologische Marktwirtschaft gefordert
Naturschutz kann Geld bringen
Neben allen Nachteilen hatte die BSE-Krise einen Vorteil: sie gab den Anstoß für einen Richtungswechsel in der Agrarpolitik. Ökologische Reformen wurden in Angriff genommen. Trotz ehrgeiziger Ansätze ist es jedoch bisher zu keinen tiefgreifenden Veränderungen gekommen. Stattdessen droht die Agrarwende stecken zu bleiben: in Lagerkämpfen zwischen Bauernverband, Bundesverbraucherschutzministerium und den Landwirtschaftsministerien einiger Bundesländer. Ursache des drohenden Scheiterns der Reformen sei ihre Oberflächlichkeit - so die aktuelle Stellungnahme des Zentrums für Agrarlandschafts- und Landnutzungsforschung (ZALF), Müncheberg. Es genüge nicht, lediglich ökologischen Landbau stärker zu fördern und vorsorgenden Verbraucherschutz anzustreben. Notwendig sei vielmehr der konsequente Einstieg in die ökologische Marktwirtschaft.
"Naturschutzinteressen müssen nicht an der Intervention der Landwirtschaft scheitern. Auch muss dabei die Landwirtschaft nicht der Verlierer sein", erklärt Prof. Dr. Hubert Wiggering. Vielmehr ließen sich der Umweltschutz und die Interessen der Landwirte durchaus miteinander vereinbaren. Tatsächlich könnten die Bauern am Naturschutz sogar verdienen. Wer sagt denn, dass "Windbrecher" (Hindernisse, die quer zur Windrichtung gepflanzt werden, um die Bodenerosion aufzuhalten) immer langweilige Hecken sein müssen? Hier sei Kreativität gefragt, um Landschaft aktiv mitzugestalten. Auf diese Weise können Sonntagsausflügler und Touristen angezogen werden, die die Region wirtschaftlich beleben.
Ein Beispiel für den kreativen Umgang mit Landschaft seien die Irrgärten, die Landwirte in Mais- und Getreidefeldern anlegen und für die sie dann Eintritt nehmen. Verstärkt werden sollte die Entwicklung attraktiver Landschaften, für deren Besuch dann ein kleiner Betrag gezahlt wird. Generell wäre nach Möglichkeiten zu suchen, mit denen Landwirte zusätzlich zur traditionellen Produktion ihre Einkünfte aufbessern können.
In diesem Zusammenhang sollte das bestehende Fördersystem für Umweltleistungen konsequent umstrukturiert werden, fordert Wiggering. An die Stelle einer handlungsorientierten Förderung könnte dann eine Finanzierung treten, die am Ergebnis orientiert ist. Zurzeit erhalten Landwirte beispielsweise Prämien, wenn sie es vermeiden, Ackerrandstreifen mit Pestiziden zu besprühen. Dadurch soll die Artenvielfalt bewahrt werden. In einer ergebnisorientierten Förderung würde die gleiche Prämie erst dann vergeben, wenn die gefährdeten Arten wie Mohn- und Kornblumen am Ackerrand wieder wachsen. "Auf diese Weise muss der Landwirt sich viel stärker an Qualitätsmerkmalen ausrichten," meint Wiggering. "Zahlungen sollten nicht flächenorientiert erfolgen, sondern an den von der Gesellschaft gewünschten Leistungen orientiert. Dann versucht der Landwirt seinen Anbau zu optimieren und wird standortgerecht wirtschaften - das heißt im Einklang mit den naturräumlichen Möglichkeiten."
Weiterhin solle die Agrarwende eher mit Belohnungen statt mit Verboten angestrebt werden. Die Honorierung ökologischer Aktivitäten sei wichtiger als Restriktionen. Die Mittel hierzu könnten durch Umwidmung der Gelder des EU-Agrarhaushalts bereitgestellt werden. Umweltleistungen wie die Luftreinhaltung, die Grundwasserneubildung und der Erhalt der Vielfalt von Pflanzen und Tieren sollen sich finanziell lohnen.
Der Bedarf nach einer staatlichen Regelung des Umweltschutzes werde um so geringer, je konsequenter sich eine ökologische Marktwirtschaft entwickelt, bei der der Anreiz zu ökologischem Verhalten im finanziellen Vorteil liege, meint Wiggering.
Das ZALF gehört zu den 79 außeruniversitären Forschungsinstituten und Serviceeinrichtungen für die Forschung der Leibniz-Gemeinschaft. Das Spektrum der Leibniz-Institute ist breit und reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften und Museen mit angeschlossener Forschungsabteilung. Die Institute beschäftigen rund 12.000 Mitarbeiter und haben einen Gesamtetat von 820 Millionen Euro. Sie arbeiten nachfrageorientiert und inter-disziplinär und sind von überregionaler Bedeutung. Da sie Vorhaben im gesamtstaatlichen Interesse betreiben, werden sie von Bund und Ländern gemeinsam gefördert.
Kontakt:
Dr. Frank Stäudner | idw
Weitere Informationen:
http://www.wgl.de.
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