Forscher untersuchen Antibiotikawirkung auf Umwelt

EU verfüttert mehr als 9.000 Tonnen Antibiotika an Schweine, Rinder und Geflügel


Mehr als 9.000 Tonnen Antibiotika werden jährlich in der EU an Schweine, Rinder oder Geflügel verfüttert. Da die Tiere bis zu 90 Prozent davon unverändert wieder ausscheiden, gelangen die Arzneimittel mit dem Mist wieder auf Felder oder auch ins Wasser. Ein deutsches Forscherteam der Universitäten Bonn, Berlin, Dortmund, Aachen, Osnabrück hat gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich nun ein Projekt gestartet um die Wirkungen der Antibiotika auf den Boden zu untersuchen. Möglicherweise sind die Resistenzen gegen zahlreiche Arzneimittel auf diese großen Einsätze zurückzuführen.

„In der ersten Testphase untersuchen wir die Wirkung von Sulfadiazin, einem in der Veterinärmedizin häufig angewendeten Mittel, auf den Boden“, so der Bonner Bodenkundler Markus Förster, der mit Volker Laabs und dem Leiter des Instituts für Bodenkunde an der Universität Bonn, Wulf Amelung, am Projekt mitarbeitet. „Das Interessante am Projekt ist, dass sich schon nach ein paar Stunden nur noch die Hälfte der ursprünglich ausgebrachten Substanz mit Wasser aus dem Erdreich herauslösen lässt. Nach einem Monat scheint gar kein Sulfadiazin mehr im Boden vorhanden zu sein“, so Förster zu pressetext. Wirklich verschwunden ist die Substanz aber nicht. Die Bonner Wissenschaftler kümmern sich speziell um die Frage, durch welche Mechanismen Sulfadiazin im Boden „festgelegt“ wird und wie verfügbar es dann noch ist. Dazu arbeiten sie mit einer radioaktiv markierten Form des Antibiotikums, die sie so jederzeit leicht nachweisen können.

„Schadstoffe wie Sulfadiazin können an Humus und andere Bodenbestandteile binden oder sie werden in kleinen Bodenporen eingeschlossen. Forscher nennen dies das Altern der Substanz im Boden. In diesem Zustand lässt sich Sulfadiazin dann nicht mehr einfach nachweisen“, erklärt Förster. Eine negative Wirkung auf Bakterien könne aber nicht ausgeschlossen werden. Da sich die Humusschicht permanent auf-, um- und abbaut, laute eine weitere Frage daher, ob die Substanz irgendwann wieder freigesetzt wird, meint Laabs. „Wenn die Antibiotika in der Gülle am Feld appliziert werden, muss ein Risk-Assessment zur Klärung eventueller Gefahren vorgenommen werden“, erklärt Förster. Die heutigen Messtechniken seien so genau, dass selbst ein Nanogramm je Liter Wasser feststellbar sei.

Tierantibiotika wie das Sulfadiazin können im Boden in zweifacher Hinsicht gefährlich wirken: Zunächst einmal können sie Bodenbakterien abtöten und damit das natürliche Mikroorganismen-Gleichgewicht empfindlich stören – dies wird von den Forschern aus Rostock und Berlin untersucht. So gibt es Bakterien, die Stickstoff im Boden in eine pflanzenverfügbare Form umwandeln, wenn diese geschädigt werden, ändert sich die Stickstoffnachlieferung für Pflanzen. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich im Boden resistente Bakterien anreichern und später vielleicht ihre Resistenzgene an menschliche Krankheitserreger weiter geben. Wie groß dieses Risiko ist, untersuchen Braunschweiger Wissenschaftler.

Das Projekt ist auf drei Jahre ausgelegt. In weiterer Folge soll auch das Antibiotikum Difloxacin untersucht werden, wie Förster gegenüber pressetext erklärt. Das Zentralexperiment läuft am Forschungszentrum Jülich: Dort lagern mit Antibiotika behandelte Bodenproben über acht Monate bei zehn Grad Celsius.

Media Contact

Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.uni-bonn.de

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