Nachhaltige Landwirtschaft für Entwicklungsländer: durch Biowissenschaften und Biotechnologie eröffnete Optionen

Die mit herausragenden Wissenschaftlern zur Beratung von Philippe Busquin, für Forschung zuständiges Mitglied der Europäischen Kommission, besetzte Europäische Expertengruppe für Biowissenschaften lädt zu einer Konferenz ein, bei der untersucht werden soll, wie Biowissenschaften und Biotechnologie die nachhaltige Landwirtschaft in Entwicklungsländern fördern können. Die Konferenz findet am 30. und 31. Januar 2003 in Brüssel statt. Neben Kommissar Busquin nehmen Poul Nielson, für Entwicklung und humanitäre Hilfe zuständiges Mitglied der Europäischen Kommission, Vertreter der Zivilgesellschaft und von Entwicklungsländern, Entwicklungsexperten, Wissenschaftler und Vertreter anderer interessierter Kreise an der Konferenz teil.

„Die Probleme bei der Nahrungsmittelversorgung in vielen Teilen der Welt sind offensichtlich“, stellte Kommissar Busquin fest. „Es wäre eine unverantwortliche Unterlassung, das Potenzial von Biowissenschaften und Biotechnologie bei der Sicherstellung einer nachhaltigen Landwirtschaft in Entwicklungsländern nicht zu untersuchen und zu erörtern. Mit dieser Konferenz möchte ich für Wissenschaftler eine Plattform schaffen, die eine informierte Diskussion mit der interessierten Öffentlichkeit und zahlreichen Vertretern von Entwicklungsländern ermöglicht. Dabei sollen keine voreiligen Beschlüsse gefasst werden. Vielmehr hoffe ich, dass dies eine Gelegenheit zum konstruktiven Meinungsaustausch wird. Das wird die EU bei ihren Entscheidungen unterstützen und ihr Möglichkeiten aufzeigen, den wissenschaftlichen Fortschritt in verantwortungsvoller Weise in den Dienst Notleidender zu stellen. In jedem Fall sollten wir unsere Biotechnologiepolitik auf die Erfordernisse von Entwicklungsländern abstimmen.“

Nachhaltigkeit zu gewährleisten gilt allgemein als globale Priorität. Unter politischen Entscheidungsträgern wird anerkannt, dass nachhaltige Entwicklung nicht isoliert von anderen Fragen wie Bekämpfung von Armut, Hunger, Mangelernährung und Infektionskrankheiten betrachtet werden darf, und dass sie davon abhängt, ob Entwicklungsländern die Möglichkeit gegeben wird, ihre Integration in die Weltwirtschaft eigenverantwortlich zu gestalten. In diesem Zusammenhang sind auch Themen wie Zugang zu Bildung und Liberalisierung des Handels anzusprechen.

Das Problem der Nahrungsmittelproduktion
In den kommenden Jahren wird der Nahrungsmittelbedarf erheblich ansteigen, insbesondere in Entwicklungsländern. Die mögliche Ausdehnung der landwirtschaftlich genutzten Flächen wird durch die Notwendigkeit begrenzt, natürliche Gebiete von vitaler Bedeutung zu schützen, und sie kann nur zu einem Fünftel zur Steigerung der weltweiten Getreideproduktion beitragen, die notwendig ist, um die anwachsende Weltbevölkerung zu ernähren. Deshalb müssen die Ernteerträge gesteigert werden.
Können die Biowissenschaften einen Beitrag leisten?

Um dieses Problem zu lösen, müssen Human- und Finanzressourcen mobilisiert werden. Durch Fortschritte in Biowissenschaften und Biotechnologien kann potenziell ein Beitrag zur nachhaltigen Landwirtschaft in Entwicklungsländern geleistet werden. Das gilt vor allem insofern, als Biowissenschaften es diesen Ländern ermöglichen, auf schädliche mechanische und chemische Methoden zu verzichten.

Der in der Öffentlichkeit bestehenden Besorgnis beispielsweise in Bezug auf genetisch veränderte Organismen ist natürlich angemessen Rechnung zu tragen, wenngleich diese nur ein Teilaspekt der umfassenderen Diskussion sind. Die Biowissenschaften eröffnen auch andere Optionen. Ebenso wichtig sind boden- und pflanzensanitäre Maßnahmen, Kenntnisse in Bezug auf biologische Vielfalt, Wasser und Klima sowie die technologische Entwicklung ländlicher Gebiete.

Meinungsaustausch
Um auf dieses Ziel hinzuarbeiten, hat die Europäische Kommission mit Unterstützung der Europäischen Expertengruppe für Biowissenschaften (European Group on Life Sciences, EGLS) diese Diskussionsplattform organisiert. Dabei sollen die Optionen, die Biowissenschaften und Biotechnologie den Entwicklungsländern eröffnen, kritisch erörtert werden. Die Konferenz bringt Vertreter dieser Länder, der Biotechnologieindustrie, nichtstaatlicher und internationaler Organisationen, Wissenschaftler, Bildungs- und Medienexperten, europäische Bürger, Vertreter mehrerer Regierungen und insbesondere der jüngeren Generation zusammen.

Dieser Versuch zur öffentlichen Diskussion von Themen in Bezug auf Biowissenschaften, die von großer forschungs- und gesellschaftspolitischer Bedeutung sind, knüpft an Veranstaltungen an, die früher von der EGLS organisiert worden sind: Diskussionen zu den Themen „Genetik und die Zukunft Europas“ (November 2000) und „Stammzellen – Therapien für die Zukunft?“ (Dezember 2001).

Die Konferenz schließt außerdem an die Mitteilung der Kommission „Biowissenschaften und Biotechnologie – Eine Strategie für Europa” an, in der die Verantwortung Europas für Entwicklungsländer in einem Aktionsplan dargelegt wird. Dieser betrifft unter anderem Landwirtschaft, genetische Ressourcen, Gesundheit und die verantwortungsvolle und umsichtige Nutzung der Biotechnologie (Aktionen 25 bis 28).

Sieben Herausforderungen
bei den Diskussionen soll untersucht werden, wie die Biowissenschaften dazu beitragen können, sieben zentralen Herausforderungen zu begegnen:
• Nahrungsmittelerzeugung unter Grenzertragsbedingungen,
• Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Nahrungsmittelproduktion,
• Verbesserung von Gesundheit und Ernährung ohne Beeinträchtigung der Lebensmittelsicherheit und der Umweltqualität,
• Bekämpfung der Armut durch Schaffung von Einkommensmöglichkeiten und neuen Märkten,
• Verringerung des Einsatzes von Pestiziden,
• Mehrwert aus Agrobiodiversität,
• Einbeziehung von Entwicklungsländern in die Nutzung neuer Erkenntnisse der Genomforschung.

Die Konferenz findet im Gebäude „Charlemagne“ in Brüssel statt und wird am 30. Januar um 10.00 Uhr durch Forschungskommissar Philippe Busquin eröffnet. Um 11.00 Uhr findet eine Pressekonferenz mit Kommissar Busquin und Prof. Patrick Cunningham der EGLS statt.

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