Alte Rebsorten neu entdeckt

Unerwartete Schätze in Heidelberger Weinbergen

Wissenschaftler des Instituts für Rebenzüchtung Geilweilerhof haben bei Untersuchungen in alten Weinbergen an der badischen Bergstraße bei Heidelberg sehr seltene Rebsorten, darunter auch einige Stöcke der uralten Sorte „Weißer Heunisch“ gefunden – kulturhistorisch eine kleine Sensation.

Erika Dettweiler und Andreas Jung, Rebenkundler an dem zur Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (BAZ) gehörenden Institut, hatten vier alte Weinberge aufgespürt, in denen rund 50 verschiedene, noch wurzelecht bestockte Rebsorten kultiviert werden. Mit Hilfe klassischer und molekulargenetischer Methoden konnten die Spezialisten die Sortenzugehörigkeit der insgesamt rund 1.500 Rebstöcke bestimmen. Dabei fanden sie sehr seltene Sorten, die aus dem Anbau fast verschwunden sind wie „Blauer Elbling“ und „Seidentraube“ sowie einst aus Ungarn bzw. Italien importierte Sorten wie „Primitivo“ oder „Honigler“, die selbst in alten Rebsortenbüchern für Heidelberg nicht belegt waren. Der Aufsehen erregendste Fund aber waren einzelne Rebstöcke der Sorte „Weißer Heunisch“. Heute fast ausgestorben, im Mittelalter aber weit verbreitet, stammen mindestens 72 Rebsorten, zum Beispiel „Riesling“, „Lemberger“ und „Chardonnay“ direkt von ihm ab. Dies ist der erste Neufund seit mehreren Jahrzehnten. In früheren Jahrhunderten verlief die flächenmäßige Ausdehnung des Heunisch quer durch Mitteleuropa von Ungarn, Kroatien und Mähren bis nach Nordostfrankreich.

Mit solch einem Fund war in Deutschland kaum noch zu rechnen, da durch die Einschleppung der Reblaus und aggressiver Mehltau-Krankheiten, durch Flurbereinigung und Rationalisierung die Rebsortenvielfalt stark reduziert wurde. Viele der alten, einst in Deutschland verbreiteten Sorten wurden ganz aus dem Anbau verdrängt und haben nur vereinzelt in wissenschaftlichen Sortimenten überlebt. Daher ist jeder der vier untersuchten Heidelberger Weinberge für sich genommen einzigartig und erhaltenswert – leisten sie doch einen Beitrag zum Erhalt der genetischen Vielfalt bei einer der ältesten Kulturpflanzen des Menschen.

Möglich wurde die exakte Sortenbestimmung durch moderne molekulargenetische Methoden („Genetischer Fingerabdruck“) sowie durch Vergleiche mit der fast 3.000 Rebsorten umfassenden Referenzsammlung des Instituts für Rebenzüchtung Geilweilerhof. Im Internet-Portal der Bundesforschungsanstalten des Bundesverbraucherministeriums berichten die Wissenschaftler ausführlich über ihre Entdeckung (www.bmvel-forschung.de).

Nähere Informationen erteilt:

Dr. Erika Dettweiler
Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof der BAZ
76833 Siebeldingen
Tel.: 06345 / 41-0
E-Mail: e.dettweiler@bafz.de

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Dr. Michael Welling idw

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