Ein Mittel gegen Stress – widerstandsfähigere Pflanzen sollen Ernteerträge steigern

Um die Verluste zu mindern, beteiligen sich Prof. Dr. Jörg Kudla und seine Mitarbeiter vom Institut für Botanik der Universität Münster an einem Forschungsprojekt, das Nutzpflanzen gegenüber umweltbedingtem Stress toleranter machen soll.

Das mit Beginn des Jahres 2008 gestartete Projekt wird im Rahmen der Initiative „GABI-FUTURE“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über drei Jahre mit insgesamt rund 1,2 Millionen Euro gefördert. Neben der münsterschen Arbeitsgruppe sind Forscher von der Freien Universität Berlin und dem Max-Planck-Institut (MPI) für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm beteiligt. Durch die GABI-FUTURE-Initiative soll die Pflanzengenomforschung in Deutschland gestärkt werden.

Die münsterschen Forscher untersuchen dabei drei verschiedene Stressfaktoren: Kälte, Trockenheit und Kochsalz. „In trockenen Gebieten, zum Beispiel in Australien, ist die Versalzung von landwirtschaftlichen Nutzflächen ein großes Problem“, erklärt Prof. Kudla. Mit jedem Schwall Gießwasser gelangt auch Salz in den Boden. Dadurch wird der Boden immer salziger. Darunter leiden die Pflanzen, und der Boden wird schließlich unbrauchbar.

Pflanzen sind dem Stress allerdings nicht völlig hilflos ausgeliefert, sondern sie reagieren auf die Umwelt. So können sie bei Trockenheit die Verdunstung über die Blattoberflächen drosseln.

Stress-Signale setzen in der Pflanze Signalketten in Gang, wodurch die Aktivität bestimmter Gene gesteigert wird. Am Ende der Ketten werden dadurch gezielt Proteine produziert, die die Toleranz der Pflanze gegenüber Stress erhöhen – zum Beispiel die Toleranz gegenüber Trockenheit.

Am Anfang der Signalkette stehen ebenfalls Proteine – sie werden von dem Botenstoff Kalzium aktiviert und regulieren die Aktivität der jeweiligen Gene. „Wir haben herausgefunden, dass verschiedene Stressfaktoren die gleichen kalziumabhängigen Proteine am Anfang der Signalkette, so genannte kalziumabhängige Proteinkinasen, aktivieren“, erklärt Prof. Kudla. Die Wissenschaftler wollen die Signalkette so verändern, dass die Pflanzen toleranter gegenüber Stress werden. Während sich bisherige Forschungsansätze auf die Steuerproteine am Ende der Signalkette konzentrierten, die für einzelne Stressfaktoren spezifisch sind, verfolgen die münsterschen Wissenschaftler und ihre Partner einen anderen Ansatz: Sie setzen am Anfang der Signalkette an – bei den kalziumabhängigen Proteinen. Dadurch sollen die Pflanzen gleichzeitig toleranter gegenüber verschiedenen Stressfaktoren werden.

Die Forscher haben bereits Gene identifiziert, die an der Steuerung der Reaktion auf Stress beteiligt sind. Für ihre Untersuchungen haben sie eine Pflanze verwendet, deren Genom bereits gut erforscht und die einfach zu kultivieren ist – und daher bei Pflanzengenetikern sehr beliebt ist: die Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana). Die Forscher wollen bestimmte „Stress-Toleranz-Gene“ aus der Acker-Schmalwand auf Nutzpflanzen wie Baumwolle oder Mais übertragen, um Sorten zu erzeugen, die Kälte, Trockenheit und Salzstress besser standhalten. Hier kommen die Experten vom MPI ins Spiel: während die Wissenschaftler aus Münster und Berlin den biologischen Prozess in den Pflanzen erforschen, wollen die MPI-Wissenschaftler die Gene übertragen – ein schwieriger und aufwändiger Prozess.

„Insgesamt gehen 40 bis 50 Prozent der möglichen Ernteerträge auf Grund von Stressfaktoren wie Kälte und Trockenheit verloren“, warnt Prof. Kudla. Stresstolerante Pflanzen sollen Verluste vermindern – möglicherweise wird dieser Ansatz künftig durch den Klimawandel und eine wachsende Weltbevölkerung noch bedeutsamer.

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