Antibiotika in der Nutztierhaltung: Verbrauchsmengen erstmals repräsentativ erfasst

In Deutschland sollen – wie auch in anderen europäischen Nachbarländern – die Verbrauchsmengen von Antibiotika in der Nutztierhaltung kontinuierlich erfasst werden. Die Anwendung von Antibiotika in der Nutztierhaltung ist umstritten, weil sie bei Bakterien zu Resistenzen führen kann.

In einer vom Bundesinstitut für Risikobewertung geförderten wissenschaftlichen Studie haben die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover und die Universität Leipzig Daten zum Verbrauch von Antibiotika bei Mastschweinen, Masthähnchen und Rindern erhoben und ausgewertet. An der Studie nahmen Landwirte und Tierärzte aus ganz Deutschland teil.

In dem Projekt „VetCAb“ (Veterinary Consumption of Antibiotics) haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für das Jahr 2011 Informationen aus über 2000 Nutztierhaltungen erfasst und dokumentiert, welche Antibiotika an welche Tierarten wie oft abgegeben bzw. verabreicht wurden. Untersucht haben sie den Arzneimitteleinsatz bei Masthähnchen, in der Schweine- sowie in der Rinderhaltung. Da die verbrauchten Arzneimittel bzw. Wirkstoffmengen separat für die Tierarten erfasst wurden, ist es möglich, den durchschnittlichen Antibiotikaeinsatz pro Tier abzuschätzen.

In der Studie haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ermittelt, dass ein Mastschwein in Deutschland innerhalb seiner ca. 115-tägigen Mast an durchschnittlich 4,2 Tagen (Medianwert) mit einem antibiotischen Wirkstoff behandelt wird. Ein Masthähnchen wird in Deutschland im Durchschnitt 39 Tage lang gemästet. In dieser Zeit wird den Tieren im Durchschnitt an 10,1 Tagen ein antibiotischer Wirkstoff verabreicht. Von den Kälbern erhält hingegen rechnerisch nur etwa jedes dritte Tier pro Jahr eine Behandlung von drei Tagen.

„Valide Daten zum Antibiotikaverbrauch und zur Verbreitung von Resistenzen sind für die Risikobewertung von besonderer Bedeutung“, sagt der Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung, Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Durch gezielte Maßnahmen muss dann der Einsatz von Antibiotika auf das therapeutisch unbedingt notwendige Maß beschränkt werden.“

„Die in VetCAb ermittelten Durchschnittswerte stellen erste Orientierungswerte für die antibiotische Behandlung von Nutztieren in Deutschland dar und müssen noch detailliert weiter bewertet werden“, so die Projektleiter Professor Dr. Lothar Kreienbrock vom Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover und Professor Dr. Walther Honscha vom Institut für Pharmakologie, Pharmazie und Toxikologie der Universität Leipzig. „Zukünftig müssen weitere Daten gesammelt werden, um abschätzen zu können, ob dieser Einsatz konstant ist oder ob sich Trends zu einem geringeren Einsatz entwickeln“, so die Autoren der Studie weiter.

Eine detaillierte Aufarbeitung der in der Studie erhobenen Daten sowie eine ausführliche Auswertung finden derzeit statt, die Ergebnisse werden in Kürze publiziert. Eine Folgeuntersuchung in Form einer kontinuierlichen Erfassung des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung über einen längeren Zeitraum hinweg ist bereits in Vorbereitung. Ziel ist es zu untersuchen, wie sich der Antibiotikaeinsatz zukünftig entwickelt.

Die Ergebnisse sollen unter anderem genutzt werden, um den Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung in Deutschland – auch im europäischen Vergleich – bewerten zu können. Zudem geben die Daten Hinweise, wie und an welchen Stellen der Antibiotikaeinsatz weiter reduziert werden kann.

Für weitere Informationen zum Projekt VetCAb stehen Ihnen gern zur Verfügung:

Prof. Dr. Lothar Kreienbrock
Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung
WHO Collaborating Centre Veterinary Public Health
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Tel.: +49 511 953-7950, Fax: +49 511 953-7974
Prof. Dr. Walther Honscha
Institut für Pharmakologie, Pharmazie und Toxikologie
Universität Leipzig
Tel.: +49 341 97-38132, FAX: +49 341 97-38149
Dr. Annemarie Käsbohrer
Kontakt über die Pressestelle des Bundesinstituts für Risikobewertung
Tel. +49 30 18412 4300 oder pressestelle@bfr.bund.de

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Sonja von Brethorst idw

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