Bewährtes Bluthochdruck-Medikament hilft schwachen Herzen

Publiziert am 27. Februar 2013 in internationalem Medizinjournal JAMA.

Etwa die Hälfte aller Menschen mit Herzschwäche leiden an der sogenannten „diastolischen Herzinsuffizienz“. Das Problem dabei: Die Herzkammern sind versteift und deshalb fließt nicht genug Blut in die linke Herzhälfte. Für diese Patienten gibt es bisher keine speziellen medikamentösen Behandlungsempfehlungen. Das könnte sich bald ändern.

Ein aussichtsreicher Kandidat für die Behandlung von diastolischer Herzinsuffizienz könnte das bereits lang bewährte Bluthochdruck-Medikament „Spironolacton“ sein. Das Medikament wird seit über 50 Jahren gegen Bluthochdruck eingesetzt. Der sogenannte Aldosteronrezeptorantagonist verbessert nachweislich die Füllungsphase des Herzens in der linken Hälfte (Diastole). Auf die Belastbarkeit und die Lebensqualität der Patienten hat die Gabe des Medikaments keinen Einfluss.

Zu diesem Ergebnis kommt eine internationale Studie unter der Federführung von Medizinern am Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen (Vorsitzender: Prof. Dr. Gerd Hasenfuß). Beteiligt an den Untersuchungen waren insgesamt zehn Herzzentren in Deutschland und Österreich. Unterstützt wurde die Studie durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), durchgeführt wurde sie im Kompetenznetz Herzinsuffizienz (KNHI). Die Ergebnisse der sogenannten Aldo-DHF-Studie wurden am 27. Februar 2013 im renommierten internationalen „Journal of theAmerican Medical Association“ (JAMA) veröffentlicht, der meistgelesenen medizinischen Fachzeitschrift der Welt.

Originalpublikation: Edelmann F, Wachter R, Schmidt AG, Kraigher-Krainer E, Colantonio C, Kamke W, Duvinage A, Stahrenberg R, Durstewitz K, Löffler M, Düngen H-D, Tschöpe C, Herrmann-Lingen C, Halle M, Hasenfuß G, Gelbrich G, Pieske B for the Aldo-DHF Investigators. Effect of Spironolactone on diastolic function and exercise capacity in patients with heart failure with preserved ejection fraction: The Aldo-DHF Randomized Controlled Trial. JAMA (2013) 309: 781-791.

422 Patienten wurden in den Jahren 2007 bis 2011 im Rahmen der Studie untersucht. Jeweils die Hälfte bekam das Medikament „Spironolacton“ oder eine Tablette ohne Wirkstoff (Plazebo). Weder die Ärzte noch die Patienten wussten, welcher Patient welcher Gruppe zugeordnet war.

ERGEBNISSE DER STUDIE IM DETAIL

„Nach einem Jahr Behandlung zeigte sich die Herzfüllungsphase in der Gruppe, die mit „Spironolacton“ behandelt wurde, deutlich gebessert. Im gleichen Zeitraum hatte sich dieser Wert in der Placebogruppe leicht verschlechtert“, sagt der Erst-Autor und Koordinator der Studie, Priv.-Doz. Dr. Frank Edelmann aus der Abteilung Kardiologie und Pneumologie der UMG. Der positive Effekt des Medikaments war dabei unabhängig von verschiedenen Patientenmerkmalen, wie z.B. Alter, Geschlecht, Nierenfunktion u.a., nachweisbar. Darüber hinaus sank bei den mit Spironolacton behandelten Patienten der Blutdruck. Der zuvor verdickte Herzmuskel wurde schlanker. Ein Blutwert, der das Ausmaß der Herzbelastung anzeigt (NT-proBNP), besserte sich ebenfalls.

Die Belastbarkeit der Patienten unterschied sich allerdings nach einem Jahr Behandlungsdauer nicht zwischen den beiden Gruppen. Als Kriterium galt hierbei die maximale Sauerstoffaufnahme während einer Fahrradergometrie. Darüber hinaus kam es bei einigen Patienten, die mit „Spironolacton“ behandelt wurden, zu einem Anstieg der Kalium- und Nierenwerte. „Dies sind bekannte Nebenwirkungen des Medikamentes, die sich aber durch eine Reduzierung oder Pausierung des Medikamentes gut beherrschen ließen“, sagt Prof. Dr. Burkert Pieske, Leiter der Studie (früher Universitätsmedizin Göttingen, jetzt Leiter der Klinischen Abteilung für Kardiologie der Medizinischen Universität Graz).

„Die Ergebnisse der Studie stimmen hoffnungsvoll, dass mit Spironolacton endlich ein Medikament gefunden worden ist, das bei der diastolischen Herzschwäche einen positiven Einfluss auf Umbauprozesse am Herzen hat“, sagt Priv.-Doz. Dr. Rolf Wachter, Abteilung Kardiologie und Pneumologie der UMG. „Auch wenn wir jetzt diese Daten vorliegen haben, ist es noch zu früh, unseren Patienten diese Therapie generell zu empfehlen.“ Für Ende 2013 werden die Ergebnisse der US-amerikanischen „TOPCAT-Studie“ erwartet. Diese Studie untersucht über 3.000 Patienten. „Danach wissen wir vermutlich besser, ob das Medikament „Spironolacton“ in Zukunft für alle Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz empfohlen werden kann“, so Priv.-Doz. Edelmann.

Herzforschung an der Universitätsmedizin Göttingen
Kardiovaskuläre Forschung ist einer der beiden Forschungsschwerpunkte der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). Neben der Aldo-DHF-Studie werden von Göttingen aus mehrere große multizentrische Interventionsstudien zu kardiovaskulären Fragestellungen geleitet (u.a .Ex-DHF, Find-AF randomised und SPIRR-CAD), überwiegend mit öffentlichen Förderern. Göttingen ist einer von sieben Standorten des „Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung“, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert den Schwerpunkt kardiovaskuläre Forschung der UMG mit einem Sonderforschungsbereich, darüber hinaus besteht seit 2012 ein deutsch-britisches Graduiertenkolleg.
WEITERE INFORMATIONEN
Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Abteilung Kardiologie und Pneumologie
Priv.-Doz. Dr. Frank Edelmann
Telefon 0551 / 39-9258
fedelmann@med.uni-goettingen.de

Media Contact

Stefan Weller Uni Göttingen

Weitere Informationen:

http://www.herzzentrum-goettingen.de

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